Tablets an Schulen: Widerstand ist gebrochen

Dario Muffler | 
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2017 noch eine Ausnahme, heute Standard im Kanton Schaffhausen: Tablets in Schulzimmern. Bild: Melanie Duchene

Was 2017 mit einem umstrittenen Pilotprojekt an der Schule in Hallau begonnen hat, ist heute im ganzen Kanton etabliert: Schülerinnen und Schüler benützen schon in der Primarschule Tablets. Zu Beginn gab es Ängste – jetzt sei alles in Butter, sagen die Verantwortlichen.

Aus heutiger Sicht scheint die Zahl aus dem letzten Jahrhundert zu stammen: 50 Tablets schaffte sich die Schule Hallau im Februar 2018 an, um diese als erste Schule überhaupt im Kanton Schaffhausen im Unterricht einsetzen zu können. «Tablet School» war ein Pilotprojekt, um die Digitalisierung im Schulwesen voranzutreiben. Heute, gut vier Jahre und eine Pandemie später, besitzen im ganzen Kanton Schaffhausen sämtliche Schulen Tablets für ihre Schülerinnen und Schüler. Dass dieser Prozess so schnell vorangehen würde, war am Anfang nicht absehbar. Und am Ende ist er noch nicht.

Es begann mit dem Aufruf im «Wochenbrief» des Erziehungsdepartements, wie Christian Bach, Schulleiter in Hallau, an der Schlussveranstaltung des Pilotprojekts erzählt. In diesem Rundschreiben informieren die Behörden über Weiterbildungen, Angebote für Klassen und allgemeine Informationen – oder suchen Klassen für Pilotprojekte. «Ich war von Beginn weg begeistert», sagt Bach. Bei seinen Lehrerkolleginnen und Kollegen in Hallau stiess er jedoch nicht nur auf Begeisterung. Es standen Fragen im Raum wie: Wie gross ist der Ausbildungsbedarf? Wie schaffe ich das neben dem sonst schon vollen Alltag auch noch? Werden die Tablets missbraucht?

Von der kleinen Schule profitiert

Nun, am Ende der Pilotphase, gebe es keine derartigen Bedenken mehr in der Lehrerschaft in Hallau, sagt Bach. Und der Informatikverantwortliche der Schule, Johannes Eules, bilanziert: «Lehrpersonen mit geringer digitaler Affinität konnten rasch mitgenommen werden.» Auch in anderen Gemeinden und Schulhäusern habe die Skepsis stark abgenommen.

«Lehrpersonen mit geringer digitaler Affinität konnten rasch mitgenommen werden.»

Christian Bach, Schulleiter Hallau

So besitzen heute alle Schulhäuser im Kanton für Schülerinnen und Schüler zwischen der ersten und vierten Klasse mindestens ein Gerät pro vier Kinder und für Kinder in der fünften und sechsten Klasse ein Gerät pro zwei Kinder. «Die positiven Erfahrungen der ‹Tablet School› in Hallau sowie Corona haben dazu geführt, dass an den meisten Schulen bereits jetzt ab der fünften Klasse jedes Kind mit einem eigenen Gerät arbeiten kann», sagt ­Peter Pfeiffer, Leiter der Abteilung Schulentwicklung und Aufsicht beim kantonalen Erziehungsdepartement.

Bei der Einführung der Tablets und der dafür benötigten Infrastruktur hätten die Schulen im Kanton von Hallau profitieren können, sagt Fabian Graf vom Erziehungsdepartement, der mit der Leitung des Hallauer Tablet-Projekts betraut ist. «Die Technik war zu Beginn ein grosser Brocken.» Viele Stolpersteine hätten sich in Hallau erst im Laufe der Umsetzung gezeigt. Darauf konnten die nachfolgenden Schulen bereits im Vorhinein aufmerksam gemacht werden. Gelernt werden musste auch, dass der Lerninhalt und nicht das neue Gerät im Zentrum steht.

Der Hallauer Lehrer Patrick Rohner erklärt, wie das aussehen kann: «Die Schüler haben ein Video erstellt, um sich damit auseinanderzusetzen.» Das hätten sie auf diese Weise wohl stärker getan als durch reines Auswendiglernen. Aber: «Es gibt Phasen, in denen ich die Tablets nicht brauche, sondern meine gute, alte Wand­tafel nutze», so Rohner.

Bald haben alle ihr eigenes Gerät

Die Kritik, die in gewissen Schaffhauser Schulgemeinden, wenn auch leiser, zum Teil bis heute anhält, verstehen die Verantwortlichen beim Kanton vor allem als Grundsatzkritik an der Digitalisierung in der Schule und am Lehrplan 21. Dieser sieht vor, dass sich Schülerinnen und Schüler digitale Kompetenzen aneignen müssen. Mit der Rückendeckung des ­Erziehungsrats, dem höchsten kantonalen Exekutivorgan im Bildungsbereich, sowie der Unterstützung des Kantonsrats – er stimmte dem Konzept zur Umsetzung im November 2020 zu – lassen sich Peter Pfeiffer und sein Team jedoch nicht davon abhalten,den Ausbau voranzutreiben. Ab Sommer 2023 sollen auch Kindergartenklassen mobile Geräte einsetzen können, und in den Primarschulklassen sollen weniger Kinder Geräte teilen müssen oder sogar jedes eines haben. Spätestens ab Sommer 2024 müssen alle stationären PC durch mobile Geräte ersetzt sein, heisst es im Umsetzungsplan des Kantons.

Auch in Hallau stehen weitere Ausbauschritte an. Das «Leuchtturm-Schulhaus» ist zum Normalfall geworden. Der Stolz bei den Gemeindebehörden und den Lehrpersonen aber bleibt.

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Kommentare (1)

Beat Rüedi-Külling Do 07.07.2022 - 07:28

"Widerstand ist gebrochen"
(https://www.shn.ch/region/kanton/2022-07-07/tablets-an-schulen-widersta…)

"Was 2017 mit einem umstrittenen Pilotprojekt an der Schule in Hallau begonnen hat, ist heute im ganzen Kanton etabliert"

Umstritten wurde das Projekt insbesondere durch Juraj Hromkovič, Philippe Wampfler und mich. Dieses Digitale sei mehr als Oberflächengeklimper, meinte Hromkovič - die Zeit solcher Pilot-Projekt sei abgelaufen, meinte Wampfler - und Lernen unter digitalen Bedingungen sei ohne PLE (persönliche Lernumgebung) unmöglich, meine auch weiterhin ich.

Nun gönne ich den Schaffhauser Schulen den Erfolg.

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