Schaffhauser Schulen bereiten sich auf Kinder aus der Ukraine vor

Elena Stojkova | 
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Geflüchtete Kinder sollen direkt in die Klassen integriert werden. Wie viele das sein werden, ist derzeit nicht abschätzbar. Bild: Key

Unmittelbar nach der Einreise haben geflüchtete Kinder und Jugendliche das Recht, die hiesige Schule zu besuchen. Die Schaffhauser Schulen bereiten sich darauf vor. Das ist gar nicht so einfach – es gibt viele offene Fragen.

Es sind schon einige Familien, die vor dem Ukraine-Krieg nach Schaffhausen geflüchtet sind. Und es werden mehr. Unklar ist nur, wie viele mehr. Zahlreiche der Geflüchteten sind Kinder, die möglicherweise traumatisiert sind – und hier wieder in einen Alltag finden müssen, sprich, in Schaffhausen die Schule besuchen werden. Darauf bereiten sich die Schulen nun vor. Das ist nicht ganz einfach.

Jede Lehrperson gestalte die Vorbereitung der Klasse auf die neue Situation individuell, sagt Ruth Marxer, Dienststellen­leiterin der Primar- und Sekundarstufe I. Zusammen mit der Dienststelle Sport, Familie und Jugend wurde eine digitale Pinnwand erstellt, welche an die Schulen verschickt wurde. Dort sind Informationen zu verschiedenen Fragen zu finden wie: Wie kann man die Themen Krieg und Flucht im Unterricht einbauen? Wie begegnet man Unsicher­heiten und Ängsten im Klassenzimmer? Auch bestünden bereits Coachings, Weiterbildungen und Beratungen zu solchen Themen an der Pädagogischen Hochschule, so Marxer weiter. «Ausserdem sind Online-Veranstaltungen mit Inputs zum schulischen Umgang mit geflüchteten und allenfalls traumatisierten Kindern und Jugendlichen für Lehrpersonen und Schulen geplant.»

Für alle Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine bestehe nach Einreise in die Schweiz unmittelbar das Recht auf den Schulbesuch. Und zwar unabhängig davon, auf welchen Wegen sie in den Kanton Schaffhausen gekommen sind, ob sie direkt bei Bekannten untergekommen sind oder über Bundeszentren aufgenommen wurden. «Es gelten für sie dieselben etablierten Verfahrensweisen wie bei allen anderen neu einreisenden fremdsprachigen Kindern und Jugendlichen», sagt Marxer. Der Aufenthaltsstatus spiele dabei keine Rolle. «Die geflüchteten Kinder und Jugendlichen sollen möglichst schnell nach ihrer Ankunft vollständig in den Schulbetrieb integriert werden.» Wichtig sei, ihnen einen Bildungsanschluss, eine Tagesstruktur und neue Perspektiven zu ermöglichen.

Der Umgang mit Sprachbarrieren werde nicht erst jetzt zum Thema, sondern jedes Mal, wenn Kinder, die kein oder wenig Deutsch sprechen, neu in einer Klasse ­aufgenommen werden. DaZ-Lehrpersonen (Deutsch als Zweitsprache) würden Klassenlehrpersonen in solchen Situationen jeweils unterstützen. Bei Bedarf stünden auch Schulpsychologinnen und -psychologen zur Verfügung. Der finanzielle Aufwand für den Ausbau der DaZ-Lektionen oder für Beratungsangebote könne aktuell nicht beziffert werden, da noch überhaupt nicht klar sei, wie viele Geflüchtete zu erwarten seien.

Kein Wort Deutsch

Die direkte Integration der geflüchteten Kinder in die Klassen sei eine herausfordernde Aufgabe, sagt Stadtschulratspräsident Christian Ulmer. Diese stelle sich zwar immer wieder, sei zahlenmässig in letzter Zeit aber übersichtlich gewesen. Jetzt aber sei da diese grosse Unbekannte – wie viele geflüchtete Kinder aus der Ukraine demnächst in Schaffhausen zur Schule gehen werden, wisse man nicht. Deswegen heisse es nun zunächst einmal: abwarten.

Man kenne solche Situationen sehr gut von geflüchteten Kindern aus Syrien, Afghanistan oder anderen Ländern. Ein grosses Thema sei die Sprache. «Die Kinder verstehen am Anfang oft kein Wort Deutsch.» Die grösste Herausforderung sei der Umgang mit den Traumata. «Die Kinder haben zum Teil grauenhafte Dinge erlebt.» Da müsse man als Lehr- oder Betreuungsperson ganz genau hinsehen.

«Wir müssen Schritt für Schritt gehen und immer wieder neu nach Antworten suchen.»

Christian Ulmer, Stadtschulratspräsident

Dazu brauche es viel heilpädagogische Unterstützung. «Zum Teil haben wir diese Fachleute aber gar nicht.» Die Personalnot an den Schulen ist nichts Neues. Wie in den letzten zwei Jahren während der Coronakrise wisse man auch jetzt nicht, wie die Lage – der Krieg – sich entwickeln werde. «Wir müssen wohl wiederum Schritt für Schritt gehen und immer wieder neu nach Antworten suchen.» Was müssen die Kinder, die nach Schaffhausen flüchten, verarbeiten – und ab wann sind sie überhaupt bereit, hier zur Schule zu gehen? In welche Schulen werden sie gehen? Viele Fragen seien offen, sagt Ulmer. «Sich in der Theorie auf diese Situation vorzubereiten ist eine Sache. Die Realität eine ganz andere.»

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