Kritik an Gastro-Beleuchtung am Rheinufer

Unnötige Lichtemissionen würden die temporären Gastronomieangebote an der Schifflände verursachen, heisst es vonseiten des Arbeitskreises Fledermausschutz Schaffhausen. Das bedrohe die Fledermausbestände am Rheinufer. Der Arbeitskreis möchte Abhilfe schaffen.
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Sobald es eindunkelt, erspäht man am Lindli immer wieder kurz ein paar schnell flatternde Flügel. Mehrere Tausend Fledermäuse jagen über dem Rhein nach Insekten – auch das Schaffhauser Rheinufer ist für die Nahrungssuche bedeutend für sie. Nur schon bei der Feuerthaler Brücke existiere eine Wasserfledermaus-Wochenstube mit weit über Hundert erwachsenen Weibchen, die aktuell ihre Jungen zur Welt bringen und aufziehen, wie Hansueli Alder sagt. Er ist Präsident des Arbeitskreises Fledermausschutz Schaffhausen. Die Fledermäuse aber würden am Rheinufer massiv gestört: von zu viel Licht.
Schon als der Stadtrat seine Pläne für ein Restaurant am Rheinufer im letzen Jahr bekannt gegeben hatte, äusserten sich Umweltverbände kritisch: Unter anderem befürchteten sie Lichtemissionen, die den Naturlebensraum stören (die SN berichteten). Genau diese Befürchtung sei nun mit der Realisierung der temporären Angebote am Rhein eingetroffen, wie Alder sagt. Sowohl die «Rhykantine» beim Fischerhäusern-Areal als auch das «Lindli Kafi» hätten beispielsweise Lichterketten aufgehängt, die das Licht unspezifisch 360 Grad in die Umgebung strahlen. Das bedeutet, dass nur ein kleiner Teil des Lichts auch wirklich dort hingelange, wo es benötigt werde, sagt Alder. Da die Lichtquellen so nah am Wasser sind, strahlt ein grosser Teil des Lichts in den Rhein und den darüber befindlichen Nachthimmel.
Erschwerte Jagd
Es sind aber nicht nur die neuen Einrichtungen am Rheinufer, die Lichtverschmutzung verursachen. Auch beim «Güterhof» oder bei der Bushaltestelle Mühlentor gebe es Beispiele dafür. «Viele Fledermausarten haben eine Urangst vor Licht», sagt Alder. Wo Licht ist, fliegen sie nicht hin. Das Problem: Insekten dienen den Fledermäusen als Nahrung, und diese werden vom Licht angelockt. Je mehr durch künstliches Licht erhellte Umgebungen am Rhein, desto schwieriger ist es für Fledermäuse, an ihre Nahrung zu kommen. Wie Alder sagt, fliegen die Tiere momentan zwischen 22 Uhr und Mitternacht aus, um Futter zu suchen. Zu hell beleuchtet sei das Rheinufer jeden Abend bis weit nach 23 Uhr: wenig Zeit für die Fledermäuse, um weitflächig zu jagen.
«Lichtverschmutzung zu vermeiden muss cool werden.»
Hansueli Alder, Präsident Arbeitskreis Fledermausschutz Schaffhausen
Es gehe nicht darum, Schuldzuweisungen zu machen, sagt Alder. Vielmehr möchte er erreichen, dass Betriebe und Private sich informieren können, wie sie ih- re Beleuchtung optimieren können. Der Arbeitskreis Fledermausschutz hat das Beratungsangebot «Licht im nächtlichen Naturlebensraum» geschaffen. Alder beschäftigt sich seit über zehn Jahren mit den entsprechenden Umwelt- und auch technischen Aspekten. «Diejenigen, die gewillt sind, Rücksicht auf die Natur zu nehmen, müssen auch wissen, wie das geht», sagt Alder. Deswegen möchte er sein Wissen zur Verfügung stellen. «Wenn wir wollen, dass Lichtverschmutzung verhindert wird, müssen wir auch eine Anlaufstelle haben», sagt er. «Lichtverschmutzung zu vermeiden muss cool werden.»
Mehr Kerzen und Tischleuchten, weniger grelles Licht oder Leuchtmittel, die das Licht gezielt von oben nach unten abstrahlen und seitlich abgeschirmt sind: So sähe eine vorbildliche Beleuchtung aus, sagt Alder. Er nennt ein positives Beispiel: «Lunas Crêpes» am Lindli beleuchte die Tische nahe am Wasser mit Kerzenlicht. Als das mobile Bistro 2014 eröffnete, habe die Stadt Alder eingeladen, um sich Beleuchtungs-tipps bei ihm einzuholen. Möglichst wenig unnötige Lichtemissionen waren dann Teil der Bewilligungsvorgaben.
«Nicht einfach nur ungünstig»
Der Arbeitskreis Fledermausschutz sei grundsätzlich nicht gegen eine Attraktivierung und Nutzung des Rheinufers. Aber eben nur, wenn auch die Umwelt respektiert würde. «Es ist Aufgabe der Behörde, das zu kontrollieren», sagt Alder. «Meine Erwartung an die Politik: Bereits bei den Bewilligungen soll auf das Thema Lichtverschmutzung vermehrt aufmerksam und Vorgaben gemacht werden.» Regelmässig meldet Alder vermeidbare Lichtverschmutzungen den Behörden. Nur mit viel Ach und Krach werden Verbesserungen umgesetzt, sagt er. «Es bewegt sich nur auf heftigen Druck hin etwas.» Und dies, obwohl die Vermeidung von unnötigen Lichtemissionen in der Umweltschutzgesetzgebung verankert sei. «Lichtverschmutzung ist nicht einfach nur ungünstig. Es gibt Vorgaben dazu.»
Relativ knapp wurde am Wochenende die kantonale Lichtverschmutzungsinitiative abgelehnt. In vier Schaffhauser Gemeinden, unter anderem in der Stadt Schaffhausen, fand sie eine Mehrheit. Dass so viele Bürgerinnen und Bürger ein Ja in die Urne gelegt haben, freut Alder. «Es zeigt, dass das Thema Lichtverschmutzung der Bevölkerung wichtig ist.»
Dichte Clubs führen zu mehr Müll am Lindli und Salzstadel
Die Schweiz erwacht nach langen Coronaeinschränkungen allmählich wieder zum Leben: Am Lindli, in der Altstadt und am Salzstadel tummeln sich wieder die Menschen, trinken ihre Kaffees und geniessen ein Eis in der Sommerhitze. Gleichzeitig führt das neue «leichtere Leben» zu einem anderen Problem: Die Verschmutzung an öffentlichen Plätzen nimmt wieder massiv zu. So veröffentlichte am Wochenende Tiefbau Schaffhausen auf Facebook Bilder, die das Lindli und auch das Salzstadel zeigten. Flaschen, Dosen, Zigarettenschachteln – alles war achtlos weggeworfen. Grossstadtrat Hermann Schlatter (SVP) richtete daraufhin gestern Montag eine Kleine Anfrage an den Stadtrat. Unter dem Titel «Unhaltbare, schweinische Zustände durch Littering am Salzstadel nach durchzechten Nächten» schreibt er, dass er «mit Entsetzen» die Bilder zur Kenntnis genommen habe und will wissen, was der Stadtrat gegen das «Littering» zu tun gedenkt.

Zuständig für diese Flächen ist Grün Schaffhausen. Dort kennt man das Problem zur Genüge. So sagt Konrad Bruderhofer, Abteilungsleiter Stadtgrün, dass es dort bereits in der Vergangenheit immer wieder zu Verschmutzungen gekommen sei. Wirklich schlimm sei es allerdings erst im letzten Jahr geworden. «Seit da haben wir oft Hotspots, an denen es besonders dreckig ist.» Losgegangen sei das im letzten Frühjahr, als auf Anordnung des Bundesrates Clubs und Lokale dichtmachen mussten. «Die Leute sind dann immer mehr auf die Grünflächen ausgewichen – und haben dort ihren Müll hinterlassen», so Bruderhofer.
Das Wochenende, welches Hermann Schlatter zu seiner Kleinen Anfrage führte, sei für die Männer und Frauen von Grün Schaffhausen «eines von vielen» gewesen, wie Bruderhofer sagt. Dabei seien laut ihm nicht nur das Lindli und das Salzstadel «Hotspots» für Partys und dem damit einhergehenden Müll geworden: Auch auf dem Hohberg habe man regelmässig Probleme mit Müllsündern, die ihre Abfälle nicht entsorgten. «Ganz schlimm war es lange Zeit auch in Buchthalen an der Windeck», sagt Bruderhofer.
Das Problem dürfte laut ihm allerdings so schnell nicht verschwinden: Durch die Pop-up-Bar und die geplanten Konzerte dort erwartet Grün Schaffhausen noch mehr Arbeit über die nächsten Wochen. «Meistens ziehen die Leute in Cliquen los und treffen sich an irgendwelchen Plätzen, die sie mögen.» Dass sie dabei ihren Müll dort abladen, sei ein ärgerlicher Nebeneffekt. «Wir hoffen, dass die Clubs bald wieder aufgehen können und sich dann das ganze Party-Geschehen auch eher wieder dorthin verlagert», so Bruderhofer.
Aber nicht nur Grün Schaffhausen hat durch die Partys am Lindli und am Salzstadel mehr zu tun: Auf Anfrage bestätigte auch die Schaffhauser Polizei, dass diese mittlerweile öfter im Bereich Salzstadel und Lindli patrouillieren würden. Zu einer grossen Zunahme von Beschwerden vonseiten der Anwohner sei es hingegen noch nicht gekommen, sagt Mediensprecher Patrick Caprez. «Die Lärmbeschwerden sind mit dem schönen Wetter und den Corona-Lockerungen leicht angestiegen.»
Damit jemand zur Rechenschaft gezogen werden kann, müsste allerdings klar sein, wer dafür verantwortlich ist: «Das Problem ist, den vor Ort angetroffenen Personen nachzuweisen, dass der Lärm oder das Littering von ihnen stammt», sagt Patrick Caprez.
Immerhin: Laut Caprez wurden die Covid-Regeln vor Ort mehrheitlich eingehalten. Zumindest in diesem Bereich gebe es keine Probleme. (rd)