Welche grünen Frauen der FDP und Amsler gefährlich werden können

Zeno Geisseler | 
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GLP-Stadträtin Katrin Bernath passt ins Profil für eine Begrünung des Regierungsrats. BILD SELWYN HOFFMANN

Zwei Sitze für Links-Grün: Diesen Anspruch erheben SP, Grüne und GLP für den Schaffhauser Regierungsrat. Doch wer hätte das Zeug, in die Kantonsregierung einzuziehen?

Eigentlich gibt es so etwas wie eine falsche Zusammensetzung der Kantonsregierung gar nicht. Anders als beim Bundesrat, der nach einem mehr oder weniger fixen Schlüssel bestückt wird, werden die Schaffhauser Regierungsräte direkt vom Volk gewählt. Eine Regierung mit fünf jungen AL-Frauen wäre also genau so demokratisch legitimiert wie eine aus fünf alten EDU-Männern. Das Volk hat immer recht.

Dennoch stellen linke und grüne Parteien die Sitzverteilung im Schaffhauser Regierungsrat infrage. 2 SVP, 2 FDP, 1 SP, das sei nicht korrekt. Vor allem die FDP sei klar übervertreten, sagt SP-Präsident Daniel Meyer.

Nimmt man die Wähleranteile als Massstab, gibt es an dieser Argumentation tatsächlich wenig zu rütteln: Bei fünf Regierungsmitgliedern entspricht ein Sitz genau 20 Prozent Wähleranteil. Bei den Kantonsratswahlen 2016 kam die FDP inklusive Untergruppen auf 15,5 Prozent, was rechnerisch knapp einen Sitz rechtfertigt. Trotzdem stellt sie gleich zwei Regierungsräte. SP und Grüne erhielten zusammen rund 27 Prozent der Stimmen, aber nur ein einziges Regierungsmandat.

Nach dem grünen Aufschwung bei den nationalen Wahlen vom Wochenende sind die Rufe nach einer Umverteilung der Regierungssitze nun wieder lauter geworden. So wie es heute aussieht, dürfte Links-Grün, eventuell sekundiert von der weiter in der Mitte stehenden GLP, bei den Regierungsratswahlen 2020 mit einer Doppelkandidatur antreten.

Frauenflaute bei SP und Juso

Untervertreten in der Regierung sind allerdings nicht nur die Grünen, sondern auch die Frauen. Aktuell gibt es eine einzige Frau und vier Männer im Regierungsrat. Auch die Städter sehen sich nicht adäquat repräsentiert: Nur gerade ein Mitglied des Regierungsrats stammt aus der Agglomeration Schaffhausen-Neuhausen. Dort lebt aber mehr als die Hälf- te der Schaffhauser Bevölkerung. Erst recht draussen sind die Jungen: Das jüngste Mitglied des Regierungsrats ist 51 Jahre alt.

Idealerweise würde also eine erfahrene jüngere, linke und/oder grüne Frau aus der Stadt Schaffhausen für den Regierungsrat kandidieren. Doch wo findet man die?

Das grösste Problem hat die SP. Die Schaffhauser Sozialdemokraten haben es in den letzten Jahren verpasst, weiblichen Nachwuchs aufzubauen. Der Parteipräsident, der Fraktionspräsident, der Schaffhauser Stadtpräsident und der einzige SP-Regierungsrat sind alles Männer. Die einzige SP-Frau in einem höheren Amt ist Martina Munz (63), doch sie wird ihre politische Karriere als Nationalrätin in Bern beschliessen.

Die SP hat ein Problem: Sie hat es verpasst, Frauen politisch zu fördern.

Auch bei der Juso herrscht Frauenflaute: Bei den Nationalratswahlen trat die sonst so auf Geschlechterparität bedachte Jungpartei gnadenlos mit zwei Männern an. Auch im städtischen und kantonalen Parlament ist die Juso rein männlich unterwegs.

Als SP-Kandidatin denkbar ist allenfalls Christine Thommen. Als frühere Grossstadträtin und heutige KESB-Präsidentin ist sie politisch erfahren und weiss, wie kantonale Behörden funktionieren. Mit Jahrgang 1977 ist sie auch noch relativ jung. Ihr grösstes Manko: Sie war viele Jahre FDP-Mitglied und ist erst seit Anfang 2018 in der SP. Und: Die KESB ist als Behörde sehr umstritten, das würde wohl auf sie abfärben.

Generell dürfte eine zweite SP-Kandidatur für den Regierungsrat aber gar nicht im Vordergrund stehen, denn nicht die SP hat bei den letzten Wahlen zugelegt, sondern die Grünen. Diese sind jedoch nicht nur politisch Zwillinge der SP, sondern auch beim Frauenanteil. Im Vorstand und in den Parlamenten dominieren auch bei ihnen die Männer. Bei den Nationalratswahlen traten die Grünen zwar mit einer Frau an, doch Regula Sauter (54) ist unbekannt und politisch unerfahren. Für eine Regierungsratskandidatur fehlt ihr zu viel.

Bei der GLP wiederum gäbe es eine geeigne- te Person, die Schaffhauser Stadträtin Katrin Bernath (47). Ihre Partei gehört ebenfalls zu den Wahlgewinnern, und Bernaths politische Erfahrung und Ausbildung sind unbestritten. «Das Amt als Baureferentin gefällt mir sehr gut», sagt sie. «Die Diskussionen zur Strategie für die Wahlen nächstes Jahr auf kantonaler und städtischer Ebene starten jetzt erst.»

Allerdings versteht sich die GLP eben gerade nicht als links, sondern als Mittepartei. So willkommen ihre Mithilfe wäre, um das links-grüne Spektrum zu erweitern, so umstritten wäre wohl ihr eigener Anspruch auf einen Sitz in der Regierung. Die FDP durch eine FDP light zu ersetzen, das kann jedenfalls kaum der Plan von SP und Grünen sein.

Was macht Stocker?

Und die Alternative Liste? Gestern gab ihr Stadtrat Simon Stocker (39) an, auf eine weitere Amtszeit in der Stadtregierung zu verzichten. Mit seiner Erfahrung, seinem Alter und seiner städtischen Herkunft hat er vieles, was ihn für die kantonale Exekutive empfiehlt. Sein Manko, sofern der Regierungsrat für ihn überhaupt infrage kommt, ist aber sein Geschlecht. Und: Die AL dürfte argumentativ Mühe haben, für sich einen Regierungsratssitz zu beanspruchen. Wenn die Linke der FDP vorwirft, mit ihrem Wähleranteil in der Regierung übervertreten zu sein, dann träfe dies für die AL erst recht zu. Sie erreicht im Kantonsrat nicht einmal Fraktionsstärke.

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