«Wiffen sind nicht mehr zeitgemäss»

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Viele sind der Meinung, dass dringend eine Alternative zu den Wiffen her muss: Am besten eine, die flexibel ist. Bild: Selwyn Hoffmann

Sie alle sind häufig auf dem Rhein unterwegs: Sechs Schaffhauser Wassersportbegeisterte äussern sich zu den Wiffen.

Elena Stojkova und Louise Ann Roos

Eine nicht zeitgemässe Signalisation für den Schiffsverkehr seien die Wiffen, sagen die einen, unabdingbar seien solche ­Zeichen, welche die Schifffahrtsrinne ­anzeigen, sagen die anderen: Die in den Flussboden gerammten Holzpfosten sorgen in der Region immer wieder für Diskussionen. Zurecht: Diesen Sommer kam es zu mehreren Unfällen an Wiffen, am letzten Sonntag endete einer sogar tödlich.

Bisher gebe es für die Wiffen keine ­praxistaugliche Alternative, sagt Kantonsingenieur Dino Giuliani. Diese Meinung teilen nicht alle. Sechs Schaffhauserinnen und Schaffhauser – Präsidenten von Wassersport- und Bootsvereinen sowie passionierte Wassersportler – erklären, wie sie zu den Wiffen stehen.

«Flexible Signale»

Koch

Peter Koch, Präsident des Ruderclubs Schaffhausen, ist oft und auf vielen verschiedenen internationalen Gewässern unterwegs. Er ist überzeugt: Die Wiffen, wie es sie auf dem Rhein zwischen Eschenz und Schaffhausen gibt, brauche es nicht. «Einzig die Kursschiffe profitieren von diesen genauen Punkten, die die Wiffen markieren», sagt er. «Aber diese sind heutzutage technisch doch so ausgestattet, dass sie auch mit flexiblen, schwimmenden Signalen auskommen würden.»

Die Kapitäne seien viele Jahre auf dem Rhein unterwegs, bevor sie ein Kursschiff lenken dürften. «Es kann mir niemand weismachen, dass sie nicht auch ohne diese starren Wiffen um heikle Stellen ­herumkommen.» Es sei keine Lösung, ­wegen einzelner Gefahrenstellen das ganze System zu erhalten, das auch zu tödlichen Unfällen führe. «Wir leben im 21. Jahrhundert – künstliche Hindernisse im Wasser sind nicht mehr zeitgemäss.»

Als Alternative sieht er bewegliche ­Bojen – wenn Signale denn überhaupt ­nötig seien. «Ich mag Traditionen sonst gern, aber von den Wiffen müsste man sich trennen.»

«Wie im Strassenverkehr»

Feurer2Solange keine bewährte, sicherere ­Alternative vorhanden sei, plädiert Wassersportler und ehemaliger Stadtpräsident Thomas Feurer für Wiffen: «Sonst gäbe es noch viel mehr Unfälle zwischen Kursschiffen und anderen Böötlern.»

Natürlich sei jeder ­Unfall einer zu viel. Deshalb: Alle, die sich auf ein fliessendes ­Gewässer wagen, sollten sich über dessen Gefahren informieren. Dazu würde auch das Verständnis der Markierungen gehören. «Im Strassenverkehr lernt man es doch auch, die Signale zu lesen.» Feurer habe erlebt, wie zwei Frauen in Diessenhofen ein neues Gummiboot ausgepackt hätten. Die dazugehörigen Ruder aber nicht. Das hätte ihn rasend gemacht. Diese, wie Feurer sie nennt, zu Unfällen prädestinierte Verhaltensweise sei kein Grund, um die Regelung des Wasserverkehrs zu ändern. Es sei nicht Aufgabe der All­gemeinheit, jegliche Gefahren zu eliminieren.

«Verantwortungslos»

Uhlmann «Es braucht keine Wiffen», sagt René Uhlmann, Präsident der Aktion Rhy Schaffhausen. Eine andere Art der Signalisation für die Schifffahrt auf dem Rhein wäre für ihn durchaus denkbar. «Wenn es zu diesen starren Pfosten keine Alternative gibt, dann müsste man zumindest die Menge reduzieren», so Uhlmann. Denn es gebe Stellen, an denen die Strömung stärker sei oder die Boote direkt vor die Wiffen treibe. «Diese Wiffen sind extrem ­gefährlich, denn sie geben nicht nach.» Er kenne keine anderen Flüsse in der Schweiz, auf denen diese nicht zeitgemässe Methode der Schiffverkehrsregelung genutzt würde. «Ich bin überzeugt, dass es heutzutage andere Möglichkeiten gibt – mit GPS beispielsweise.»

Trotzdem: Sei man auf dem Wasser hundertprozentig aufmerksam, könne praktisch nichts passieren, wenn die Bedingungen gut sind. «Die Situation verschärft sich aber, wenn, wie diesen Sommer, die Strömung stärker ist.»

Die heutige Situation mit den Wiffen auf dem Rhein sei verantwortungslos. «Im Strassenverkehr sieht man zu, dass alle Gefahren eliminiert werden, aber auf dem Wasser, da macht man nichts gegen die Gefahren.»

«Für Kursschiffe zwingend»

maendli Für Kursschiffe seien die Schifffahrtszeichen zwingend nötig, sagt Pascal Mändli, Präsident des Bootsclubs Schaffhausen. Solange es keine ­Alternative gebe, sollten die Wiffen deshalb ­bestehen bleiben. Eine ernsthafte Alternative dürfe nicht von ­digitaler Technik abhängen. «Denn wenn die Technik versagen würde, könnten Schiffe nicht mehr fahren, weil sie keine Anhaltspunkte mehr hätten», sagt Mändli. GPS sieht er deswegen nicht als eine gute Lösung an.

Auch er ist der Meinung, dass Signale, die flexibel sind, besser wären als die ­bestehenden. An anderen Orten würden Bojen erfolgreich eingesetzt. «Es gäbe auch die Möglichkeit, Drahtseile über den Rhein zu spannen und Schifffahrtszeichen ins Wasser hineinhängen zu lassen.»

«Nicht zu spassen»

liberato «Ortskundige Kanufahrer brauchen keine Wiffen», sagt Ursula Liberato, Präsidentin des Kanuclubs Schaffhausen. Seien diese aber nicht ortskundig, bräuchte es Zeichen im Wasser, die ihnen zeigen, wo sie fahren dürfen.

«Ein ausgebildeter Kanufahrer weiss, dass er nicht in die Nähe einer Wiffe kommen darf», sagt sie. «Aber es gibt Kanuvermieter, in deren Kanus und Kajaks sich ­jeder setzen darf.» Für diese Personen können die Wiffen durchaus ein Problem darstellen.

«Ich finde zwar, dass die Wiffen zu unserem Rheinbild dazugehören, aber für die vielen Gummiböötler stellen sie schon ein grosses Sicherheitsrisiko dar.» Jeder könne sich ein Gummiboot kaufen, das könne man nicht regulieren. «Betrachtet man es von dieser Seite, müsste man die Wiffen eigentlich ausreissen.»

Es gebe aber auch andere Gefahren, die man beseitigen müsste. «Unterhalb der Laag lässt man die Bäume, wenn sie ins Wasser fallen, liegen», sagt Liberato. Vor einiger Zeit habe sie gesehen, wie Gummiboote sich in solch einem Baum verheddert hätten. «Die Frage ist, wie viel in der Eigenverantwortung liegt», sagt sie. «Klar ist, dass mit fliessenden Gewässern nicht zu spassen ist.»

«Bojen sind Schwachsinn» 

geuggis «Es ist eine leidige Diskussion mit diesen Wiffen», sagt Dominik Geuggis, Präsident der Pontoniere Schaffhausen. Seiner Meinung nach sei diese Art der Signalisation äusserst wichtig für die Schifffahrt auf dem Rhein. «Vor allem bei Niedrigwasser würden sonst viele Schiffe auflaufen», sagt Geuggis.

Ihm ist bewusst, dass Wiffen eine ­Gefahr für Gummiboote sind. Aber: «Schlecht manövrierbare Boote waren noch nie etwas Grandioses», sagt er. Die Leidtragenden seien seiner Meinung nach also nicht nur die Böötler, sondern auch diejenigen, die die unvorsichtigen Fahrer aus dem Rhein holen müssen. Eine Alternative, um den Wasserverkehr zu regeln, sieht er nicht. «Bojen zum Beispiel sind Schwachsinn», so Geuggis. Stattdessen läge die Lösung bei den Fahrern selbst. «Beide Seiten – Schifffahrer, aber auch ­Böötler – müssen wach und vernünftig sein.»

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