FDP-SVP-Verbindung akut gefährdet

Zeno Geisseler | 
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Hier schien die Welt noch in Ordnung: SVP-Präsident Walter Hotz (links) und FDP-Präsident Marcel Sonderegger im April bei einem gemeinsamen Spaziergang. Archivbild: Zeno Geisseler

Scheidung statt Schulterschluss? Nach dem verunglimpfenden SVP-Plakat mit dem faulen Apfel ist die Bereitschaft der Freisinnigen, mit der Volkspartei eine Listenverbindung einzugehen, gesunken.

Die Schaffhauser FDP hatte immer wieder Mühe mit Listenverbindungen. Als die Parteichefs bei den Nationalratswahlen 1995 nicht nur mit der SVP, sondern gleich auch noch mit der Freiheitspartei (der früheren Autopartei) eine Listenverbindung eingingen, war das Murren an der Basis gross. «Die Listenverbindung», beschwichtigten die Parteioberen, sei «eine rein rechnerische Angelegenheit.» Damals ging es darum, den FDP-Sitz von Gerold Bührer zu sichern. Doch einigen Urliberalen war der Schulterschluss mit Rechtsaussen zu viel des Guten. Es kam zu Austritten.

«Die wollen doch nur den Kopf retten»

Jetzt steht die FDP wieder vor der Frage, ob sie für die Nationalratswahlen eine Listenverbindung eingehen soll. Die umstrittene Partnerin ist dieses Mal aber nicht die schon lange von der Bildfläche verschwundene Freiheitspartei, sondern die SVP.

Nächste Woche werden die Freisinnigen diesen Punkt an ihrer Parteiversammlung beraten, und dabei wird ein Apfel eine zentrale Rolle spielen. Nicht der biblische Apfel der Versuchung, sondern der faule Apfel auf den SVP-Plakaten. Dort wird die FDP zusammen mit anderen Parteien und der EU als Wurm dargestellt, welcher die Schweiz zerfrisst.

Was halten Schaffhauserinnen und Schaffhauser vom SVP-Wahlkampfsujet? Wir haben mit der Kamera nachgefragt.

Führende Schaffhauser SVPler haben sich von diesem Sujet, das an die Verunglimpfung der Juden durch die Nazis erinnert, distanziert. Doch wird dies reichen, um die Listenverbindung zu retten? Der Schaffhauser FDP-Präsident Marcel Sonderegger jedenfalls mag die Beteuerungen der SVP nicht so recht glauben. «Die wollen doch nur den Kopf retten und haben Angst, Stimmen zu verlieren», sagt er. «Die SVPler haben sich jahrzehntelang identifiziert mit ihrer Partei und haben alles mitgemacht. Sie haben alle früheren Kampagnen mitgetragen, die teilweise schlimm waren.» Jetzt, zwei Monate vor der Wahl, würden die Exponenten plötzlich finden, sie seien gemässigt. «Wenn sie hätten nett sein wollen, hätten sie ja schon vor Jahren der FDP beitreten können», spottet Sonderegger. Er schätzt die Chance auf eine Listenverbindung mit der SVP noch auf «fifty-fifty» ein.

SVP: «Nicht matchentscheidend»

SVP-Präsident Walter Hotz sagt, er hoffe nach wie vor, dass die Listenverbindung zustande komme. «Wir würden es sehr begrüssen, aber an uns liegt es nicht. Das muss die FDP schon selbst wissen. Wenn sie nicht mit uns in den Wahlkampf ziehen will, dann bedaure ich es, aber matchentscheidend ist es nicht.» Die Listenverbindung sei zwar ein Vorteil, aber deswegen werde die SVP sicher nicht ihre Politik ändern.

Dass es überhaupt noch Listenverbindungen bei Nationalratswahlen gibt, ist übrigens keine Selbstverständlichkeit. In Bern gab es schon mehrere Vorstösse, auch Nationalratswahlen nach dem Doppelten Pukelsheim durchzuführen, also dem gleichen System, das zum Beispiel auch bei Kantonsratswahlen in Schaffhausen angewendet wird. Bei diesem gibt es keine Listenverbindungen.

Auch der Schaffhauser Ständerat Thomas Minder (parteilos) reichte 2012 einen entsprechenden Vorstoss ein. Er argumentierte, dass kleinere Parteien, aber auch eine FDP, mit Pukelsheim grössere Chancen hätten, Sitze zu holen. Minders Vorstoss wurde abgelehnt.

Ebenfalls 2012 beantragte die FDP-Fraktion im Bundeshaus, Listenverbindungen seien nur noch innerhalb der gleichen Partei zuzulassen. Listenverbindungen würden «vermehrt aus wahltaktischen Überlegungen und nicht wegen programmatischer Gemeinsamkeiten» eingegangen. Gruppen würden sich «trotz absolut gegensätzlicher Werthaltungen in inhaltlichen Grundsatzfragen» zu «Rouletteverbindungen» zusammenschliessen. Der Nationalrat lehnte den Vorstoss ab. Aber vielleicht wird sich der eine oder andere Schaffhauser Freisinnige nächste Woche an diese Worte erinnern?

Kein Thema ist übrigens eine Verbindung FDP-GLP. Entsprechende Gespräche, sagt Sonderegger, «sind eingeschlafen».

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