Salafistische Werbeaktionen in Schaffhausen?

Dario Muffler | 
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«Lies!»-Verteilaktionen fanden in den vergangenen Jahren auch in Schaffhausen statt. 2019 hat die Polizei zwei ähnliche Aktionen registriert, bei denen man noch nicht weiss, wer dahintersteht. Im Bild zu sehen ist eine Aktion in Hannover. Bild: Key

Bereits zweimal in diesem Jahr wurde in Schaffhausen unerlaubt zweifelhafte Werbung verteilt. Die Hinweise deuten auf salafistische Kreise hin.

Auf ihrem grossen Werbebanner am Rücken steht: «Islam, einfach und kurz erklärt – moderne Wissenschaft, Glaubenskonzept, die Frau im Islam, Jesus im Islam». Mitten auf dem Fronwagplatz in Schaffhausen verteilen zwei Männer, einer mit langem Bart und Glatze, am vergangenen Freitag Broschüren. Das erinnert an die umstrittene Koran-Verteilaktion «Lies!», die in den vergangenen Jahren auch in Schaffhausen stattfand. Es dauerte nicht lange, und zwei Mitarbeiter der Stadtpolizei baten die beiden Männer mit ihren Plakaten, auf den Posten in die Stadthausgasse mitzukommen. Der Chef der Stadtpolizei, Romeo Bettini, erklärt: «Wir haben sie mit auf den Posten genommen, weil wir ihre Personalien überprüfen wollten.» Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes werden diese Kontrollen abseits der Öffentlichkeit durchgeführt.

Doch was war der ursprüngliche Grund dafür, dass die Männer überhaupt kontrolliert wurden? «Die Männer konnten keine Bewilligung für ihre Reklametafeln vorweisen», so Bettini. Die beiden Männer seien bereits zuvor einmal in Schaffhausen unterwegs gewesen. «Damals hat man ihnen offensichtlich nicht ausreichend erklärt, dass sie für das Tragen ihrer Banner auf dem Rücken eine Bewilligung benötigen.» Diese braucht es gemäss der Verordnung über das Reklamewesen in der Stadt Schaffhausen. Eine entsprechende Bewilligung konnten sie auch am vergangenen Freitag nicht vorweisen. Nach der Kontrolle und der Ermahnung verliessen sie den Posten der Stadtpolizei ohne ausgerollte Banner.

Auf dem Radar der Polizei

Zum Vorfall zugezogen wurden auch zwei Mitarbeiter der Schaffhauser Polizei. Deren Mediensprecher Patrick Caprez sagt, dass die Polizei in diesem Jahr bereits zwei solche Verteilaktionen registriert habe. Und Caprez sagt auch: Die Polizei behandle die Verteilaktion gleich wie «Lies!».

Heuer steht aber nicht «Lies!» auf dem Banner, sondern «Tauhid». Das ist arabisch und bedeutet Einheit. Gemeint ist damit die Einheit des Gottes, also dass es nur einen gibt. Laut Experten wird der Begriff typischerweise von salafistischen Kreisen verwendet. Informiert man sich über den Begriff, stösst man im Internet auch schnell auf Webseiten, auf denen salafistisches, also erzkonservatives Gedankengut gepredigt wird. Auf der Webseite www.tauhid.ch sind Videos zu sehen, in denen Personen wie Pierre Vogel, Marcel Krass und Amen Dali auftreten und ihre Botschaften verbreiten. Alle drei gehören gemäss verschiedener Medienberichten zu gefragten salafistischen Predigern im deutschsprachigen Raum. Gegen Amen Dali verhängte der Bund 2017 ein Einreiseverbot, nachdem der Islamische Zentralrat Schweiz mit ihm ein Seminar hatte veranstalten wollen.

Auf Nachfrage bei der Bundesanwaltschaft heisst es, dass aktuell keine Verfahren gegen juristische Personen wie Vereine oder Stiftungen laufen, die im Zusammenhang mit dem Dschihad, also dem Kampf zur Verteidigung und Verbreitung des Islams, stehen.

«Lies!»-Aktionen in Schaffhausen

Im November 2016 hatte die Bundesanwaltschaft den SN mitgeteilt, dass gegen mehrere Personen, die im Zusammenhang mit der Koran-Verteilaktion «Lies!» gestanden hätten, ein Verfahren geführt werde. Ob es sich bei den Verteilaktionen in diesem Jahr um eine Fortführung von «Lies!» handle, könne man nicht klar sagen, sagt ein ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet den SN.

Als Folge der damaligen Verteilaktionen verschickte die Kantonsregierung im Oktober 2017 eine Information mit Empfehlungen an die Gemeinden. Grundsätzlich bedarf es nämlich keiner Bewilligung, wenn man im öffentlichen Raum etwa den Koran verteilen will. Man spricht dabei vom schlichten Gemeingebrauch. Das sei bei Aktionen von «Lies!» gegeben, wenn nur wenige Personen beteiligt seien oder wenn es sich um keine wiederholte Aktion handle. Weiter heisst es aber: «Um die Verbreitung des extremistischen Gedankengutes durch zirkulierende Einzelpersonen dennoch zu unterbinden, können diese von Fussgängerzonen oder generell vom Stadtzentrum weggewiesen werden.» Sobald Mobiliar wie Tische oder Plakatständer verwendet werden, handelt es sich um sogenannten gesteigerten Gemeingebrauch. Hierfür müssen die Behörden eine Bewilligung ausstellen. Für diesen Fall empfiehlt der Kanton, Bewilligungen abzulehnen. Auch im aktuellen Fall hätte die Stadtpolizei keine Bewilligung gesprochen, so Bettini.

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