Leid des Täters ist nicht Strafe genug: 27-Jähriger zu Haft verurteilt

Schaffhauser Nachrichten | 
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Bei dem Unfall in Beringen wurden beide Insassen schwer verletzt. Bild: SHPol

2014 verlor ein Autofahrer die Kontrolle über seinen Wagen, rast in den Sport Shop Enge in Beringen. Der Beifahrer ist seither querschnittsgelähmt. Gestern fällte das Obergericht ein Urteil.

Das Obergericht Schaffhausen hat die vom Kantonsgericht verhängte Strafe von 22 Monaten Haft gegen einen heute 27-jährigen Mann bestätigt. Die Berufung, die der Angeklagte gegen das Urteil der vorigen Instanz eingereicht hatte, wurde abgewiesen. Laut Urteil ist er der «fahrlässigen schweren Körperverletzung, des Führens eines Motorfahrzeuges in fahrunfähigem Zustand sowie des Führens eines Motorfahrzeuges ohne Führerausweises» schuldig.

Am 4. Oktober 2014 hatte der Angeklagte bekifft, betrunken, ohne Führerausweis einen schweren Unfall gebaut. Auf dem Beifahrersitz sass sein Kollege. Der Mann fuhr zu schnell, geriet ins Schleudern und raste in das Schaufenster des Sport Shops Enge in Beringen. Beide Männer wurden schwer verletzt. Der Beifahrer ist seither querschnittsgelähmt.

Neben der Haftstrafe hatte das Kantonsgericht 2018 zudem verfügt, dass der Angeklagte seinem damaligen Beifahrer, der als Privatkläger auftrat, eine Genugtuung von 10'000 Franken zahlen müsse. 

Die Anklagepunkte zum Führen eines Motorfahrzeuges in fahrunfähigem Zustand und das Führen eines Motorfahrzeuges ohne Führerschein wurden von der Verteidigung nicht angefochten. Dies hatte der Mann zugegeben. Rechtsanwalt Jürg Krumm forderte jedoch, seinen Mandanten vom schwersten Anklagepunkt, der fahrlässigen schweren Körperverletzung, freizusprechen und den Zivilanspruch abzuweisen.

Der Angeklagte solle aufgrund seiner eigenen Betroffenheit von der Strafe befreit werden. Krumm berief sich auf Paragraf 54 des Schweizerischen Strafgesetzbuches. Dort heisst es: «Ist der Täter durch die unmittelbaren Folgen seiner Tat so schwer betroffen, dass eine Strafe unangemessen wäre, so sieht die zuständige Behörde von einer Strafverfolgung, einer Überweisung an das Gericht oder einer Bestrafung ab.»

Der Angeklagte schilderte vor Gericht, dass er noch immer Schmerzen im Bereich eines Wirbels und im Kiefer habe. Zudem habe er psychische Probleme. Er habe jede Nacht Albträume, denke oft an seinen früheren Freund. «Mir geht es immer wieder schlecht wegen seiner Situation.» Der Verteidiger sagte gestern, dass die Folgen des Unfalls für den Privatkläger zweifelsfrei schlimmer seien als für den Angeklagten. Aber auch sein Mandant wäre beim Unfall beinahe verblutet, und es sei unklar, ob dieser je wieder gesund werde. Er beantragte eine Freiheitsstrafe von acht Monaten.

Vorstrafe wegen ähnlicher Delikte

Staatsanwältin Carol Ritter sagte, dass bei der beantragten Strafbefreiung die Schwere der Schuld der Schwere der Betroffenheit gegenübergestellt werden müsse. Ritters Fazit war dabei ein anderes wie das des Verteidigers. Sie hielt die Beweise für die Beeinträchtigung des Angeklagten für ungenügend. Der letzte Arztbericht zum körperlichen Zustand stamme vom Dezember 2016. «Schuldgefühle allein rechtfertigen den Verzicht auf strafrechtliche Verfolgung nicht», so Ritter. Auch hinterfragte sie, wie nahe der Angeklagte dem Privatkläger überhaupt stand. Der Angeklagte hatte in der Verhandlung gesagt, dass die beiden wie Brüder gewesen seien. Seit dem Unfall haben sie aber keinen Kontakt mehr. Der Privatkläger blieb aufgrund seines gesundheitlichen Zustands gestern von der Verhandlung fern.

Staatsanwältin Ritter hielt an ihren Forderungen aus dem erstinstanzlichen Verfahren fest: 22 Monate Freiheitsstrafe. Die Staatsanwältin erinnerte daran, dass der Angeklagte einschlägig vorbestraft sei. Von Anfang 2017 bis Ende 2018 verbüsste er eine Haftstrafe wegen eines ähnlichen Vergehens: 2010 war der Mann unter Drogeneinfluss und ohne Führerausweis Auto gefahren. Auf der Flucht vor der Polizei hatte er Kinder gefährdet.

Kurt Balmer, Verteidiger des Privatklägers, beantragte ebenfalls die Abweisung der Berufung. Er kritisierte das Aussageverhalten des Angeklagten, dieser habe sich oft widersprochen. Sein Mandant habe sich zudem nicht freiwillig ins Auto gesetzt, sondern sei vom Angeklagten dorthin gezerrt worden. Der Privatkläger stand unter dem Einfluss von Amphetamin und Alkohol und habe sich daher nicht wehren können. (sab/rd)

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