Wer hier nicht genau hinhört und -sieht, verliert

Die Rock- und Videokunst der Schweizer Band Nova lässt in ihrer Eigenheit und Botschaft aufhorchen.
von Indrani Das Schmid
Da dachte man, mit sphärischer Musik sei die Rosa-Wattebausch-Musik mancher Wellnessoasen gemeint. Welch ein Irrtum! Sphärischer Rock oder Space Rock ist duster, hart, suchend und zart. Space Rock ist die unprätentiöse Verbindung von Musik und Video, mehr als Fusion von Rock-und Jazz. Space Rock wirkt wie ein Gleichnis. Jedenfalls bei Nova, einer neuen Schweizer Rock-Jazzband, die bereits in kurzer Zeit so viele Anhänger gefunden hat, dass am Samstagabend die Haberhaus-Bühne sehr gut gefüllt war. «The Intergalactic Traveler» heisst das neue multimediale Projekt der Musiker Christian Zatta (Gitarre), Florian Bolliger (Bass und Video-Artist) und Marc Halbheer (Drums).
Nach der Zerstörung auf der Suche
Die Botschaft der Geschichte ist die Tragödie des intergalaktischen Travelers, des Reisenden durch Raum und Zeit, der mitansehen muss, wie sein Zuhause – die Erde – von einem einst grün-blauen fruchtbaren Planeten systematisch in eine unfruchtbare zerstörte Wüste verwandelt wird. Auf der Suche nach neuem Lebensraum durchquert er die Galaxis und findet alles Mögliche vor. Nur keine zweite Erde. Es bleibt ihm nichts übrig, als zurückzukehren und zu versuchen, diese unfruchtbare Wüste wieder in den grün-blauen Planeten zu verwandeln. Das Setzen eines einzelnen Samenkorns ist der Anfang. Klingt bekannt? Mag sein. Die Botschaft ist nicht das entscheidende Neue. Es ist die Art der Kommunikation. Bilder, mal als Höllenschlundfahrt rasant und schnell geschnitten, mal als psychedelischer Cartoon der 70er-Jahre, mal kunstvoll animiert, mal collagiert verbunden, sind der narrative Rahmen, die Kompositionen der Gruppe die innere Stimme und der auktoriale Erzähler zugleich. Beide zusammen ergeben das Gefühl, mehr wissen, sehen und hören zu wollen.
So, wie der Reisende auf seiner Fahrt durch die Galaxie vieles sieht und erlebt, so erscheint auch die Musik von Nova aus vielen funkelnden Mosaiksteinen des unendlichen musikalischen Kosmos zu bestehen. Seien es die anfänglichen sanften Sphärenklänge der Gitarre in «Ouverture», hart unterbrochen vom Drum, der so zu Hardrock-Elementen wechselt. Oder die anfänglichen Raga-Anklänge der Gitarre in «Wrap9», die zu Indie-Rock-Elementen überleiten, unterlegt mit der anspruchsvollen und schnellen Rhythmik eines Marc Halbheer, bei dem man das Gefühl hat, er habe mindestens vier Hände und drei Füsse. Oder die Band scheint Bepop-Fetzen auf Ecstasy zu spielen. Egal, wie schnell die Läufe sind, Christian Zatta spielt sie mit solcher Transparenz und Wärme, dass es Spass macht, jedem einzelnen Lauf nachzuhorchen. Das gilt auch für den Bass – den Ruhepol der Gruppe Nova.
Meister ihres Fachs
Alle drei Musiker sind Meister ihres Fachs und komplett unvoreingenommen gegenüber Musikstilen und -richtungen. Wie ihr Reisender sammeln sie die musikalischen Mosaiksteinchen auf und setzen sie zu etwas zusammen, was bislang ungehört war. Zu Space Rock. Hart und duster. Dabei gleichzeitig sanft und zart. Wie ihre Geschichte. Die wie ein Gleichnis zur Botschaft ihrer Generation wirkt. Es gibt nur eine Erde! Mit vielen bunten Mosaiksteinen, die es wert sind, bewahrt und neu zusammengesetzt zu werden. Wer das nicht erkennt, verliert!