Als die Altstadt unter Wasser stand

Kay Uehlinger | 
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1876 überschwemmte der Gerberbach die Altstadt. Bild: Schaffhausen Foto Archiv

Über Jahrhunderte hat die Region Schaffhausen immer wieder mit Hochwasser und starken Niederschlägen zu kämpfen gehabt. Einige Unwetter stellten die Bevölkerung vor grössere Probleme.

Die Region Schaffhausen wurde schon von mehreren tobenden Unwettern heimgesucht. Verwüstung, Zerstörung und Tod kann ein solches mit sich bringen. Ein Blick zurück auf Tage, an welchen schwere Unwetter in der Region ihr Unwesen trieben.

Regen überflutete das Tierheim und den Werkhof

Am 2. Mai 2013 zog ein Jahrhundertunwetter über Schaffhausen und die umliegenden Gebiete.

Wie MeteoSchweiz gegenüber den SN bestätigte, seien in der Stadt Schaffhausen beim Unwetter vom Donnerstagabend innerhalb von nur 10 Minuten über 32 Liter Regen gemessen worden - der zweithöchste Wert in der Schweiz. (Aus den SN vom 4. Mai 2013)

Durch die starken Niederschläge konnte die Kanalisation nicht mehr genügend Wasser aufnehmen und überlief. Das Wasser suchte sich seine eigenen Wege und überschwemmte Dutzende Keller und Strassen, vor allem die Gemeinde Stetten wurde von den Wassermassen stark getroffen.

Die J15 von Herblingen nach Thayngen stand komplett unter Wasser. Bild: zvg

Teilweise wandelte sich der fallende Regen auch in Hagelkörner um, was zusätzlichen Schaden anrichtete. Nicht nur auf der A4 bei Herblingen standen Autos tief im Wasser, auch die alte Thayngerstrasse war komplett überflutet. Im Freudental riss das überspülte Wasser gar Bäume mit und floss ungebremst auf das Tierheim Buchbrunnen zu.

Die Brücke über der A4 glich einem Wasserfall. Bild: zvg

Im Tierheim trug sich dann auch eine der grössten Tragödien an diesem Tag zu. Während der Überflutung des Tierheims versuchten zwei Personen den herrenlosen Tieren zu helfen und brachten sich damit selbst in Gefahr. Die Helfer, wie auch knapp 20 Tiere, konnten durch die Feuerwehr gerettet werden - die Bergung von fast 40 toten Tieren in den Tagen danach überschattete allerdings die Rettungsaktion.

Aufräumarbeiten beim Tierheim Buchbrunnen. Bild: zvg

Auch der kantonale Werkhof im Schweizersbild wurde von den Wasser- und Schlammmassen überflutet.

Schwere Schäden an Geräten und an der Infrastruktur wurden auch vom kantonalen Werkhof gemeldet, wo weitläufige Kellerräumlichkeiten mitsamt darin abgestellten Fahrzeugen vollständig überflutet wurden. (Aus den SN vom 4. Mai 2013)

Allein die Schadenssumme im Werkhof belief sich auf knapp drei Millionen Franken. An diesem Tag standen rund 280 Einsatzkräfte der Feuerwehr im Einsatz.

Mit Sandsäcken konnte Schlimmeres verhindert werden

Auch Stein am Rhein blieb nicht von Unwettern und Überschwemmungen verschont. Im Jahr 1999 etwa stand das Städtchen über das Pfingst-
wochenende weitgehend unter Wasser. 

Die Strassen vom Rheinquai bis zur Badeanstalt sind zum grossen Teil knietief überflutet. (Aus den SN vom 27. Mai 1999)

Auch ein grosser Teil der Rhybadi stand unter Wasser und diente während der Pfingsttage als Tummelplatz für Schwäne.

Aus der SN vom 25. Mai 1999.

Um die Altstadt zu schützen, wurden Tausende Sandsäcke an- und aufeinandergereiht. Dies schütze nicht nur die Altstadt vor dem Wasser, es prägte das Stadtbild auch so sehr, dass ein ortsansässiger Bäcker ein Plunderstück mit dem Namen «Sandsack» kreierte, um mit Süssem an die schwierigen Tage der Überschwemmung zu erinnern. Die Einsatzkräfte der Feuerwehr waren das ganze Pfingstwochenende damit beschäftigt, vollgelaufene Keller abzupumpen. Während des Hochwassers wurde zudem der private Motorbootverkehr auf dem Rhein untersagt und diverse Geschäfte mussten ihren Betrieb einstellen.

Die Unterstadt unter Wasser

Mit den heutigen Massnahmen könnte die idyllische Unterstadt der Stadt Schaffhausen nicht mehr unter Wasser gesetzt werden. Doch vor 142 Jahren standen der malerische Stadtteil und die Fischerhäuser bis zu eineinhalb Meter unter Wasser. Auch hier war ein ungewöhnlich heftiger Niederschlag der Grund dafür.

Die Unterstadt war nur noch über Bretterwege zugänglich. Bild: Schaffhausen Foto Archiv

Als Folge dieser tagelangen, ununterbrochenen Regengüsse stiegen die trüben Fluten des Rheins in immer erschreckenderem Masse an und hinderten - was sich besonders gravierend auswirkte - den Unmengen von Geschiebe daherwälzenden Gerberbach am freien Abfluss, so dass dieser am 14. Juni über die Ufer trat und die Unterstadt zu überschwemmen begann. (Aus den SN vom 10. Juni 1976)

Schnell wurde versucht, gegen die über das Ufer tretenden Wassermengen vorzugehen. Die starken und reissenden Fluten des Rheins spülten aber innert kürzester Zeit ganze 60 Meter der Rheinmauer an der Mühlenstrasse weg.

In der Altstadt wurden vorübergehend Boote als Transportmittel benutzt. Bild: Schaffhausen Foto Archiv

Aus Schutzmassnahmen wurden deshalb circa 30 Familien aus dem Fischergässli ausquartiert. Um allfälligen Seuchenherden zu entgehen, wurde das stehende tote Wasser sogleich aus den überschwemmten Häusern geschöpft. Zusätzlich versuchten Angehörige der Feuerwehr und Freiwillige des Rettungskorps den Gerberbach, einen Unterlauf der Durach, von Geröll und Ästen zu befreien, um die Überflutung eindämmen zu können. Auch die Rheinbrücke musste mit grossen Steinen stabilisiert werden. Die nächsten Tage kam man nur mit Mühe über provisorische Bretterwege durch die Unterstadt, der Verkehr musste gänzlich aufgelöst werden.

Rund zehn Tage nach der Überflutung sank der Pegel des Rheins und es kehrte wieder vermehrt Ruhe ein. Eine endgültige Lösung, die Unterstadt vor Überschwemmungen zu bewahren, wurde erst in den Jahren 1936 bis 1939 mit der vollständigen Kanalisation und der Eindeckung des Durachs gefunden.

Im Vergleich mit anderen Orten in der Schweiz und vor allem auf der Welt, wird die Region Schaffhausen nicht mit gravierenden Katastrophen bedeckt. Dennoch wurden aus den vergangen Unwettern Lehren gezogen.

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