Gewitter und Freibäder: Eine wachsende und tödliche Gefahr
In der Region kommt es immer öfter zu heftigen Gewittern – vor allem in Freibädern kann dies schnell lebensgefährlich werden.
Wie entstehen Blitze und Donner?
Blitze entstehen beim Ablauf mehrerer komplexer Prozesse: Strömungen in der Wolke bewirken Kollisionen von Graupel-, Hagel-, Eis- und Wasserteilchen untereinander. Dabei werden auf kleinster Ebene elektrische Teilchen voneinander getrennt. Den exakten Vorgang verstehen Wissenschaftler bis heute nicht genau. Nach der Trennung werden die unterschiedlich schweren, geladenen Teilchen in verschiedene Bereiche der Wolke verfrachtet, wo sich die positiven und negativen Ladungsträger bevorzugt anreichern. Die gesamte Wolke wird so zu einem Gebilde mit zwei oder mehreren Polen, die elektrische Spannung bilden. Wird diese zu gross, entlädt sie sich in Form eines Blitzes.
Der Donner entsteht durch die plötzliche Erhitzung der Luft auf tausende bis zehntausende Grade Celsius im sogenannten «Blitzkanal». Die dabei entstehende Druckwelle äussert sich in unmittelbarer Gewitternähe als lauter Knall. Mit Schallgeschwindigkeit (340 Meter pro Sekunde) breitet sie sich dann aus, schwächt sich aber mit fortlaufender Ausbreitung immer mehr ab – bis es ein grummelndes, mahlendes Geräusch ist das, was wir als Donner kennen.
Bademeister schauen mit einem Auge aufs Becken und mit dem anderen zum Himmel. Denn das Wetter ist einer der Hauptfaktoren, die entscheiden, ob die Saison am Ende ein Erfolg ist, oder ob rote Zahlen geschrieben werden. Scheint die Sonne, können sich die Gäste im Freibad nach Herzenslust amüsieren – ziehen jedoch Wolken auf und es droht ein Gewitter, muss es schnell gehen, denn dann droht in Freibädern Lebensgefahr. Grund für die immer häufiger vorkommenden Gewitter ist der Klimawandel und die immer zahlreicher werdenden Hitzetage.
Wenn der Himmel schwarz wird
So erklärt Nikola Ihn von Meteonews: «Bei nördlichen Anströmungen ziehen die Gewitter aufgrund der Nähe zum Schwarzwald gerne mal in Richtung des Kantons Schaffhausen. Deshalb hat der Kanton eine etwas erhöhte Gewitterhäufigkeit.» Er schränkt allerdings ein: «Im Vergleich zu den Voralpen und Alpen jedoch gibt es in Schaffhausen deutlich weniger Gewitter.»
Was im ersten Moment wenig bedrohlich klingt, sollte jedoch nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Das Problem bei diesen Wetterphänomen: Sie werden nicht nur häufiger, sondern fallen oft auch heftiger aus. Nokola Ihn: «Die Anzahl Hitzetage im Kanton Schaffhausen hat sich von durchschnittlich 4.5 in der Zeitperiode zwischen 1961-1990 auf 8.2 in der Zeitperiode von 1981-2010 quasi verdoppelt.» Das hat Folgen: So gibt es nicht nur öfter die Möglichkeit eines Hitzegewitters, sondern es ist auch «mehr Energie vorhanden, was die Gewitter zusätzlich verstärken kann.»
Diese Erfahrung hat auch Patrick Spiekel, Bademeister in der Aquarina in Rheinau, gemacht. Er ist seit 11 Jahren im Bäderbereich tätig und sagt: «In den letzten Jahren haben wir öfter heftige Gewitter erleben müssen.» Vor allem der letzte Sommer ist dem Bademeister dabei in Erinnerung geblieben: «Dieser war besonders schwül und drückend – da hat es öfter gekracht. Vor allem gegen Ende der Saison.»
In Erinnerung geblieben ist dabei wohl auch der August: So kam es im letzten Jahr, als das Thermometer oft die 30 Grad Marke übersprang, immer wieder zu teils heftigen Unwettern. Besonders im Stammertal dürfte dabei das Gewitter vom 1. auf den 2. August im Kopf geblieben sein: Die «Schaffhauser Nachrichten» schreiben damals: «Die Fahrt durchs Tal erinnert an Endzeitfilme.» Im Video finden Sie Eindrücke von diesem Ereignis.
Diese Wetterextreme sorgen auch bei Bädern für erhöhte Aufmerksamkeit, denn während einem Gewitter ist der Aufenthalt im Wasser lebensgefährlich.
Im Zweifel muss es schnell gehen
Wenn sich der Himmel verfärbt und ein Gewitter droht, lautet aber in den Schwimmbädern in der Region das Gebot: Alle raus aus dem Wasser. Axel Stock, Bademeister in Neuhauser Schwimmbad Otterstall: «Wenn es donnert, holen wir die Leute aus dem Wasser – da warten wir gar nicht erst».
Auch in Rheinau macht man keine Experimente, wenn es sich der Himmel zuzieht. «Es ist lebensgefährlich während eines Gewitters draussen zu sein.» Daher sei man lieber auf der sicheren Seite, wenn es zu einem Unwetter kommt und hole die Badegäste ins Hallenbad, bis das Unwetter vorbei ist.
«Die Gefahr, dass ein Blitz in ein Schwimmbecken einschlägt, ist grundsätzlich gleich hoch wie überall sonst», beruhigt Nikola Ihn von Meteonews. Aber: «Ein Kopf auf dem ruhigen Wasser ist wie ein einzelner Baum im Feld - etwas erhöht und dadurch attraktiver für einen Blitzeinschlag.»
Dabei muss es nicht einmal ein «direkter Treffer» sein, wie Nikola Ihn weiss: «Auch wenn der Blitz neben der Person im Wasser einschlägt, ist es lebensgefährlich.» Durch die Leitfähigkeit des Wasser kann es sogar reichen, wenn man nur am Becken steht um einen tödlichen Stromschlag abzubekommen.
Weitere Folgen können «Muskelverkrampfungen und Bewusstlosigkeit» sein. Vor allem im Wasser ein Todesurteil, denn dann droht die Gefahr zu ertrinken.
Vorwarnungen schwierig
Ein weiteres Problem an Gewittern: «Gewitter bilden sich oft innert einer halben Stunde», so Ihn. Manchmal können sie aber noch schneller entstehen. Daher ist «eine genaue ortsgebundene Vorhersage und Warnung sehr schwierig.» Das ist auch der Grund, warum sich manche Bademeister in der Region eher auf eigene Gewittersichtungen als auf Wetterapps verlassen. Axel Speck vom Freibad Neuhausen zum Beispiel. «Ich gehe da eher auf Sicht. Man sieht und hört ein Gewitter, wenn es anzieht.» So könne er neben dem Wetter auch den Badebetrieb überwachen. Auch in der Auquarina geht man oft über Sicht, nutzt allerdings auch Wetterapps: «Wir schauen regelmässig, ob irgendwelche Gewitterwarnungen vorhanden sind», so Patrick Spiekel. Hauptsächlich wird aber auch dort auf den Himmel reagiert. «Gewitter können ganz schnell in die eine oder andere Richtung ziehen. Man weiss nie, wo es letztlich hingehen wird.»
Es gibt allerdings Anzeichen, dass sich Gewitter bilden können. Diese nutzt Meteonews um bereits im Vorfeld auf die Möglichkeit von Gewittern hinzuweisen - und das so früh wie möglich. «Vorwarnungen für mögliche Gewitter erstellen wir in der Regel ein bis zwei Tage im Voraus.» Die Entwicklungen werden dann «laufend beobachtet und die Warnung angepasst.»