Der Kindergarten mit seinen Zahlen und Stimmen drum herum

Jasmin Stihl | 
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2016 besuchten 1556 Schüler den Kindergarten in Schaffhausen. Bild: Selwyn Hoffmann

Für Kinder ist der Kindergarten eine wichtige Etappe. Die SN haben sich für die Gemeindeseite mit Zahlen und Themen rund um den Kindergarten beschäftigt.

 

Bald sind Sommerferien, die Schüler freut’s: fünf Wochen lang das warme Wetter geniessen und mit Freunden spielen. Danach beginnt der gewohnte Schulalltag wieder. Doch für viele Kleinkinder beginnt nach den Ferien ein komplett neuer Alltag. Dann heisst es für sie zum ersten Mal: «Chindsgitäschli» über die Schulter werfen, Leuchtweste über die Jacke streifen und ab in den Kindergarten. Für die Kinder beginnt ein neuer Lebensabschnitt, in dem sie sich stark entwickeln und selbständiger werden.

Doch wie viele Kindergartenschüler in den SN-Lesergebieten sind es überhaupt? Wo sind die Schülerzahlen besonders hoch, wo besonders tief? Wie sieht es mit den Klassengrössen in den Gemeinden der Kantone Thurgau, Zürich und Schaffhausen aus? Diesen Fragen gehen wir auf dieser Gemeindeseite nach.

Schülerzahlen steigen enorm

Stefan Wolter, oberster Bildungsforscher des Bundes, prognostiziert bis 2025 schweizweit eine Zunahme der Schülerzahlen von 13 Prozent. In den Kantonen Zürich und Thurgau wird sogar eine Zunahme um fast 20 Prozent erwartet. Das berichtete das Schweizer Fernsehen im Jahr 2017.

Betrachtet man die Entwicklung im Kanton Zürich der letzten Jahre, fällt auf: Die Anzahl Kindergartenschüler ist stark gestiegen, von 2003 bis 2016 um 26 Prozent. Die Anzahl Primarschüler erhöhte sich hingegen nur um 5,5 Prozent. Im Thurgau und in Schaffhausen hat sich die Anzahl Kindergartenschüler im selben Zeitraum jedoch kaum verändert.

Im Jahr 2000 waren in Schaffhausen 1632 Schüler in den Kindergarten gegangen. Bis 2011 nahm die Schülerzahl kontinuierlich ab, nämlich auf 1229 Kindergartenkinder. 2012 kam dann die Wende: Die Zahl der Kindergartenschüler erhöhte sich von Jahr zu Jahr. Zum ersten Mal wieder verringerte sich 2016 die Schülerzahl. Im Jahr 2016 besuchten 1556 Kinder den Kindergarten.

Haben diese Schwankungen nur mit der Entwicklung der Einwohnerzahlen zu tun? «Nein, nicht nur», sagt Thomas Schwarb Méroz, Dienststellenleiter von Primar- und Sekundarstufe I, Kanton Schaffhausen. «Nebst der Geburtenrate muss man natürlich auch Zu- und Abwanderung in einer Gemeinde beachten», sagt Schwarb Méroz. In den nächsten Jahren wird ein leichter Anstieg der Schülerzahlen auch in Schaffhausen erwartet.

Eine ungleiche Verteilung

Das Balkendiagramm auf der linken Seite zeigt auf, wie viele Kindergartenschüler es pro hundert Einwohner 2016 im SN-Lesergebiet gab. Die Kantone Schaffhausen, Thurgau und Zürich bewegten sich alle um den Bereich von zwei Schülern pro hundert Einwohner.

Im Kanton Schaffhausen fällt die ungleiche Verteilung der Schüler auf. Bargen, Beggingen und Oberhallau hatten die meisten Schüler pro hundert Einwohner, nämlich vier. Im Gegenzug hatte Hemishofen mit 1,6 Schülern pro hundert Einwohner den tiefsten Wert.

Jedoch sind prozentuale Werte mit Vorsicht zu interpretieren, da beispielsweise Hemishofen eine kleine Gemeinde mit wenigen Einwohnern ist. Dort kann nur schon ein Schüler für den Prozentwert stark ausschlaggebend sein.

Rheinau hat die grösste Klasse

Zum Schluss noch ein Blick auf die Klassengrössen. Die Klassengrösse ist oft auch eine Kostenfrage. Je mehr Schüler eine Klasse bilden, desto weniger Lehrpersonen werden benötigt. Somit können Personalkosten eingespart werden. Die Richtgrösse im Kanton Thurgau sind 20 Kinder, in ­Zürich sind es 21 Kinder, und in Schaffhausen beträgt der Durchschnitt 18 Kinder.

Gemäss der Bildungsstatistik Zürich hatte Rheinau die grösste Klasse mit 28 Kindern. Flurlingen, ebenfalls im Kanton Zürich, folgt mit einem Mittelwert von 25 Kindern pro Klasse. In Hemishofen wurden gemäss dem Verwaltungsbericht Schaff­hausen nur sechs Schüler unterrichtet. Zwar ist im Schaffhauser Schuldekret festgehalten, dass die Klasse minimal neun Schüler haben muss. «Jedoch kann das ­Erziehungsdepartement Ausnahmen bewilligen, wenn besondere Gründe vorliegen, meist sind sie geografisch bedingt», sagt Schwarb Méroz. (jst)

 

Tobias Huber, 28, kommt aus Schaffhausen. Er hat Bauingenieurswesen studiert.

Tobias Huber will Kindergärtner werden. In seinem Studiengang Kindergarten und Unterstufe (KGU) an der Pädagogischen Hochschule in Schaffhausen sticht er – als einziger Mann – damit heraus.

«In diesem Beruf habe ich als Mann mit vielen Vorurteilen zu kämpfen», sagt Huber und zupft am Ärmel seines grauen Pullovers. Fragen wie: «Was, du willst einen Frauenberuf ausüben? Ist der Beruf nicht total langweilig?», kennt er nur zu gut. Eine Weisung in einem Kindergarten im Kanton Zürich hat ihn zum Nachdenken gebracht: Männliche Lehrpersonen dürfen nicht mit den Schülern in einer Umkleidekabine sein. Er sei stets vorsichtiger im Umgang mit Kindern, als es beispielsweise seine Kommilitoninnen seien. Trotzdem zeige er immer Nähe, denn das sei für Kinder sehr wichtig. Jedoch nehme er die Schülerin oder den Schüler nicht auf den Schoss, und wenn sie weinten, dann stehe er neben ihnen hin. «Das ist auch ein gewisser Selbstschutz», sagt der gebürtige Schaffhauser.

Von Konfrontationen lässt sich der 28-Jährige jedoch nicht beirren. Er habe sich sorgfältig für die Wendung in seinem Berufsleben entschieden, denn es ist nicht sein ­erstes Studium.

Die 180-Grad-Wende

Huber hat eine vierjährige Ausbildung als Bauzeichner absolviert. Danach studierte er an der Zürcher Fachhochschule drei Jahre Bauingenieurwesen. «Als Bauingenieur zu arbeiten, war sehr spannend, jedoch war die Arbeitsbelastung extrem hoch», sagt Huber. Viele seiner Kollegen hätten ein Burn-out erlitten. So weit wollte er es nicht kommen lassen. Der Wunsch, in einem sozialen Beruf zu arbeiten, wurde in ihm immer grösser.

Nun studiert er an der Pädagogischen Hochschule in Schaffhausen. Studiengang: Kindergarten und Unterstufe. Er befindet sich im zweiten Jahr seiner dreijährigen Ausbildung. In einem Kindergarten im Kanton Zürich hat er kürzlich ein siebenwöchiges Praktikum absolviert. Sein akademischer Abschluss: Bachelor of Arts in Pre-Primary and Primary Education.

«Es braucht Männer-Power»

Im Kanton Schaffhausen lag die Frauenquote 2016 bei 99,4 Prozent, in Zürich bei 98,5 Prozent und im Kanton Thurgau bei 99,6 Prozent. Auf die Frage, ob ihn die hohe Frauenquote im Beruf nicht verunsichert habe, zuckt er mit den Schulter und lacht schüchtern. Klar sei es zu Beginn ungewohnt gewesen, der einzige Mann in der Klasse zu sein. Besonders, da er von einem männer- in ein frauendominiertes Berufsfeld gewechselt habe. Inzwischen komme er damit aber sehr gut klar. Vorteile als einziger Mann habe er nicht. Jedoch werde er oft in den Vordergrund gestellt, wie zum Beispiel bei Präsentationen. Seine Dozenten fänden es toll, dass Männer-Power in den Kindergarten einfliesst. Zudem komme er bei den Kindergartenkindern sowie bei deren Eltern gut an. Aus Neugierde würde er gerne ein Praktikum bei einer männlichen Praxislehrperson absolvieren. «Es ist schade, dass fast keine Männer im Kindergarten vertreten sind», sagt er. Manche Kinder brauchten männliche Bezugspersonen.

Bevor sich Huber für seinen Studiengang entschied, machte er in jeder Schulstufe ein Praktikum. «Die Tätigkeit im Kindergarten hat mir besonders zugesagt», sagt er. Als Leiter der Jungschar konnte er viele Eindrücke in der Kinderbetreuung sammeln und zudem bereitet ihm die Arbeit mit Kindern Freude. «Sie sind ehrlich und begeisterungsfähig.»

Tobias Huber entspricht mit seinem Berufswunsch nicht dem klassischen Rollenbild. Aber das ist ihm egal. «Ich bin dafür so etwas wie ein Pionier», sagt er. (jst)

 

Für Lehrerinnen oder Lehrer am Kindergarten ist die Kompetenzliste lang: Man sollte über eine hohe Belastbarkeit verfügen, strukturiert denken und sich gut ausdrücken können. Doch wer diese Bedingungen erfüllt, wird nicht automatisch an einer der 14 Pädagogischen Hochschulen in der Schweiz angenommen. Nur Schüler, die über eine gymnasiale Maturität oder ein Fachmittelschuldiplom verfügen, können direkt ins Studium einsteigen. Wer über eine eidgenössisch anerkannte Berufsmaturität oder über eine anerkannte Berufsausbildung und mindestens drei Jahre Berufserfahrung verfügt, muss zuerst die Zulassungsprüfung auf Niveau der Fachmittelschulabschlüsse bestehen.

Sing mir ein Lied vor

Es wird gebastelt, gezeichnet und gesungen. Im Aufnahmeverfahren wird nicht nur das Wissen in Mathematik, Sprachen und Naturwissenschaften getestet, sondern es werden auch die gestalterischen Fähigkeiten geprüft. «Uns ist es wichtig, dass zukünftige Studenten das Händchen und das nötige Wissen fürs Unterrichten haben», sagt Lizzi Wirz, Prorektorin der Pädagogischen Hochschule Schaffhausen. Im Verlaufe der Studienzeit werden die didaktischen Fähigkeiten spezifisch weiterentwickelt. Also die Dis­ziplin des Lehrens und Lernens. ­«Zudem absolvieren die Studierenden Praktika in den Kindergärten und werden beim Unterrichten von Praxislehrpersonen unterstützt», sagt Wirz. Dort stelle sich auch oft heraus, ob der Beruf wirklich das Richtige für den Studierenden ist.

Weniger Lohn am Kindergarten

Nebst der Ausbildung trägt auch die Besoldung der Lehrkräfte zur ­Berufswahl bei. Oft wurde über das Gehalt am Kindergarten dis­kutiert. Der Grund: Es sei un­gerecht, dass Lehrpersonen am Kindergarten weniger verdienten als Primar- lehr­personen, obwohl beide die ­gleiche ­Ausbildung hätten. Gemäss der Deutschschweizer Erziehungs­direktoren-Konferenz liegt der An­fangslohn in Schaffhausen bei 72 241 Franken, der Maximallohn bei 115 570 Franken. Der Minimallohn der Primarlehrpersonen beträgt fast 6000 Franken im Jahr mehr. Der Maximallohn beläuft sich auf 124 683 Franken. (jst)

 

Chiara Ferrara: Die Fünfjährige geht in Stetten in die erste Kindergartenklasse. Besonders mag Chiara das Zeichnen, und sie spielt gerne mit ihren Gschpänli. Ihre Lehrerin sei sehr nett.

Tim Steinemann: «Ich kam oft zu spät, da ich mich auf dem Schulweg gerne ablenken liess», sagt Steinemann. Die Zeit im Kindergarten sei lustig und schön gewesen.

Michelle Schlick: Michelle Schlick ging auf dem Emmersberg in den Kindergarten. «Meine Lehrerin Frau Ärni war meine Heldin», sagt sie. Sie habe immer so tolle Apfelschnitze gemacht. 

Trudi Bührer: «Ich bin mit zwei Jahren bereits in den Kindergarten gekommen», erinnert sich Trudi Bührer. Damals sei sogar noch ein Erziehungsdirektor in die Schule gekommen. 

Walter Cattarinetti: Im Kindergarten in Thayngen mussten die Schüler zuerst ein Mittagsschläfchen machen, bevor sie spielen durften. «Das war das Beste daran», sagt Cattarinetti.

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