Tödliche Lungenkrankheit auf dem Vormarsch

Alexa Scherrer | 
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Die Dunkelziffer der nicht gemeldeten Fälle der Legionärskrankheit ist hoch. Bild: Pixabay

Der Bund warnt vor der schweizweiten Ausbreitung der tödlichen Legionärskrankheit. In einigen Kantonen sind die Fälle der Lungenkrankheit sprunghaft angestiegen. Und in Schaffhausen?

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) schlägt Alarm: Seit einigen Jahren breitet sich die Legionärskrankheit in der Schweiz aus. Legionellen sind Bakterien, die schwere Lungenentzündungen auslösen können, die - im schlimmsten Fall - zum Tod führen. Im vergangenen Jahr wurden fast 500 Fälle registriert. Das entspricht einem Plus von 35 Prozent im Vergleich zum Jahr 2017. «Wir haben die Lage nicht mehr im Griff», sagt Daniel Koch, Leiter der Abteilung für übertragbare Krankheiten beim BAG, im «SonntagsBlick».

Entkommen kann man den Bakterien kaum. Sie kommen natürlicherweise in fast allen wässerigen und feuchten Umgebungen vor. Besonders gut können sie sich in stehendem Wasser vermehren, wenn sich die Temperatur zwischen 25 und 45 Grad bewegt. Davon betroffen sind verschiedenste Wassersysteme wie Leitungen, Duschköpfe, Whirlpools oder Klimaanlagen.

Eine Ansteckung droht beim Einatmen der kontaminierten, zerstäubten Wassertröpfchen. «Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist grundsätzlich möglich, kommt aber äusserst selten vor», schreibt das BAG.

Situation in Schaffhausen

Koch zeigt sich «beunruhigt» über den landesweiten Anstieg. In einigen Kantonen ist dieser augenscheinlich: Waren es im Aargau 2016 noch 18 Fallmeldungen, ist die Zahl 2017 sprunghaft auf 38 angestiegen. Basel-Landschaft registrierte im vergangenen Jahr 26 Meldungen (Vorjahr: 13), Basel-Stadt 29 (Vorjahr: 9). Noch deutlicher ist es im Kanton Genf: 18 Fälle im 2016 stehen 42 im 2017 gegenüber.

Im Kanton Schaffhausen hingegen sieht die Lage weniger bedrohlich aus. Von sechs Fällen im Jahr 2016 - die höchste Anzahl in den vergangenen zehn Jahren - ist die Zahl 2017 sogar auf drei gesunken. «In Schaffhausen sind Legionellen kein direktes Problem», sagt Kantonsärztin Maha Züger den «Schaffhauser Nachrichten». Es sei noch nicht einmal klar, ob sich die jeweils gemeldeten Fälle in Schaffhausen angesteckt hätten. «Dass die Meldung in Schaffhausen gemacht wird, bedeutet nicht, dass auch die Infektionsquelle hier zu finden ist», sagt sie.

Die Gründe, warum Schaffhausen grösstenteils von der Legionellose verschont bleibt, kann sie nicht nennen. «Es hat sicher auch mit der Grösse des Kantons zu tun.» Zum Vergleich: In Appenzell Innerrhoden wurde in den vergangenen zehn Jahren nur 2014 und 2017 jeweils ein Fall gemeldet, in den Kantonen Uri und Glarus spricht man ebenfalls nur von Einzelfällen. Allerdings ist die Dunkelziffer hoch.

Der Bund aber will bei der Verbreitung der Krankheit nicht tatenlos zusehen. «Wir arbeiten ämterübergreifend daran, die Ausbreitung zu stoppen», sagt Koch. Das Bundesamt für ­Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen muss Richtlinien und gesetzliche Grenzwerte für die Legionellenkonzentration im Wasser ausarbeiten. Dass führt laut «SonntagsBlick» dazu, dass Kantonschemiker künftig Sanierungen oder Duschverbote in Hotels und öffentlichen Bädern durchsetzen können.

«Fast eine Lungenembolie»

In den zehn Jahren, in denen Rainer Bombardi  bereits beim Interkantonalen Labor Schaffhausen im Bereich der Wasserqualität tätig ist, ist etwas Derartiges noch nie vorgekommen. Generell kann er sich an keinen Fall von Legionellen im Badewasser erinnern. Das bestätigt auch der Präsident von Gastro Schaffhausen Renato Pedroncelli auf Anfrage. Er habe von den lokalen Gastronomien nie etwas von Problemen mit Legionellen gehört. Allerdings habe sich sein Bruder vor wenigen Jahr in der Innerschweiz mit der gefährlichen Krankheit angesteckt. «Das war schlimm. Es kam fast zu einer Lungenembolie», so Pedroncelli.

In Schweizern Hallenbäder haben Legionellen aufgrund regelmässiger Desinfektion praktisch keine Chance. Auch im KSS Freizeitpark auf der Breite überlässt man nichts dem Zufall. Vier mal jährlich wir das Bad vom kantonalen Labor inspiziert, einmal pro Jahr wird zudem spezifisch auf Legionellen geprüft. Auch die Boiler werden regelmässig auf über 70 Grad aufgeheizt. «Bisher haben wir noch nie Probleme gehabt. Würde sich das ändern, würden wir natürlich sofort entsprechende Massnahmen einleiten», sagt Geschäftsführer Ueli Jäger.

Auch wenn die Zahlen im Kanton Schaffhausen nicht beunruhigend sind - kann man sich aktiv vor den aggressiven Bakterien schützen? «Da ist man chancenlos, man ist den Bakterien ausgeliefert», sagt Kantonsärztin Maha Züger. Man sehe oder rieche die Erreger nicht, «wenn es beim Duschen solche Bakterien im Wasser hat - dann hat man zwangsweise mit ihnen geduscht», so Züger. Dass die Krankheit ausbricht, ist aber selbst dann nicht zwingend unausweichlich, ein gesundes Immunsystem könnte damit fertig werden. 

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