«Gewisse Kinder haben zum ersten Mal im Leben Muskelkater»

Daniel Zinser | 
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Skilager erfreuen sich in Schaffhausen auch heute noch grosser Beliebtheit. Bild: Pixabay

Seit vielen Jahren erfreuen sich Skilager an den Schaffhauser Schulen grosser Beliebtheit. Während man früher noch auf die Bequemlichkeit einer Gondel verzichten musste, haben die heutigen Kinder immer mehr Probleme mit Muskelkater.

Mit dem Beginn der Sportferien an den Schaffhauser Schulen sind in diesen Tagen wieder Dutzende Kinder und Jugendliche ins Skilager abgereist. Seit vielen Jahrzehnten ist diese Woche im Schnee für unzählige Schüler der Höhepunkt im Schulkalender. In den ganzen Jahren hat sich viel verändert, was auch in den Schaffhauser Nachrichten aus dem Jahr 1975 zu lesen ist:

«Nach einer kurzen Mittagspause stiegen wir auf unsere Bretter. Wir stiegen auf die Hügel hinter der Jugendherberge… …Das mühsame Aufsteigen brachte uns bald zum Schwitzen. Kein Wunder bei diesem schönen Wetter! Endlich, nach vielen Aufstiegen, Abfahrten und Stürzen durften wir heimkehren… Jedes Kind richtete nach dem Nachtessen seine Schlafstatte. Zur Beruhigung las uns Herr Gasser noch etwas vor. Um neun Uhr war Lichterlöschen».

Während heute sogar die kleinsten Hügel der Skigebiete ohne sich gross anzustrengen schnell und bequem per Lift zu erreichen sind, mussten sich die Wintersportler vor 40 bis 50 Jahren vor dem Geniessen der rasanten Abfahrt noch ziemlich anstrengen. Zuerst galt es nämlich den Hügel zu besteigen, den man hinunterfahren wollte. Daran mag sich auch Rainer Woschitz gut erinnern. «Das war damals ganz schön anstrengend.» Woschitz fährt seit circa 40 Jahren als begleitende Lehrperson ins Skilager mit. Seine ersten Skilagererinnerungen reichen aber noch weiter zurück. «Schon mein Vater hat Skilager geleitet, da war ich natürlich auch stets dabei als Kind.» Ein Skilagertag begann damals jeweils mit schweisstreibender Arbeit. «Zuerst mussten wir zwei bis drei Stunden den Berg hochlaufen, dann konnten wir die erste Abfahrt geniessen. Das gleiche wiederholte sich pro Tag zwei bis drei Mal.» Mit dem Lift oder der Gondel bergwärts fahren war damals noch Luxus. «Wenn wir dann einmal mit der Gondel fahren konnten, war das für uns etwas ganz Besonderes», schmunzelt Woschitz.

«Gewisse Kinder haben Mühe, sechs Tage durchzustehen»

Auch sonst hat sich über die Jahre viel verändert. Mit dem heutigen Material an den Füssen ist Skifahren und Snowboarden einfacher geworden. Die Unterhaltungsmöglichkeiten im Skigebiet sind deutlich gewachsen. Aufgetaucht sei aber ein ganz anderes Problem, wie Rainer Woschitz weiss. Im Vergleich zu früher hätten heutige Skilagerteilnehmer vermehrt körperliche Defizite. «Wir haben Kinder in diesen Lagern, die zu Hause wenig bis gar keinen Sport machen und sich kaum bewegen». Diese Schüler hätten dann nach drei bis vier Tagen starken Muskelkater, oftmals zum ersten Mal in ihrem Leben. «In solchen Fällen braucht es dann längere Pausen oder ein Alternativprogramm, damit die Kinder die sechs Tage überstehen», erklärt Woschitz.

Unverändert ist seit vielen Jahren aber die Freude der Teilnehmer am Schneesport. Dies kann neben Rainer Woschitz auch Fabian Hauser, Verantwortlicher Schulsport beim Kanton Schaffhausen, so bestätigen. «Die Begeisterung bei den Kindern ist weiterhin gross, wir erhalten durchwegs positive Reaktionen», erklärt Hauser, der die Lager von Seiten des Kantons koordiniert. Die Anforderungen an die Lehrpersonen seien aber trotzdem gestiegen, meint Hauser: «es sind viele verschiedene Schüler dabei, verschiedene Niveaugruppen, Ski- und Snowboard-Fahrer, Kinder mit Migrationshintergrund und mit speziellen Anforderungen. Die Zusammenstellung des Leiterteams ist schwieriger geworden. Man muss die Bedürfnisse der Schüler abdecken und kurzfristig reagieren können.»

Unverträglichkeiten: Eine Herausforderung für die Küchenteams 

Die Bedürfnisse der Schüler abdecken muss heutzutage auch das Küchenteam. Während vor 50 Jahren einfach «Ghacktes mit Hörnli» auf den Tisch kam, ist das in den vergangenen Jahren schwieriger geworden. «Schon bei der Anmeldung müssen die Kinder Allergien und spezielle Wünsche ankreuzen und die Küche muss dies dann berücksichtigen», erklärt Fabian Hauser. Immer häufiger treten bei den Kindern Lebensmittelunverträglichkeiten auf. «In den vergangenen Jahren litt jedes zehnte Kind in unseren Lagern an einer Unverträglichkeit, das ist eine Herausforderung für die Küche», ergänzt Rainer Woschitz. Abgesehen von all den Sonderwünschen wird in den Skilagern heutzutage sehr gesund gekocht, auch wenn zwischendurch auch der klassische Hamburger auf dem Menüplan nicht fehlen darf. «Was mich immer wieder überrascht ist, wie viel Salat die Kinder alle essen», schmunzelt der Seklehrer.

Während viele Lehrer heutzutage über Eltern klagen, welche sich zu stark in den Schulbetrieb einmischen, kennen die Verantwortlichen dieses Problem bei den Skilagern weniger. «Für die Eltern ist das Skilager ebenfalls eine gute Sache. Sie geben die Kinder nicht in fremde Hände, sondern in die der Lehrpersonen, die sie kennen und denen sie vertrauen. Es gibt also wenig bis gar keine besorgten Telefonanrufe», sagt Fabian Hauser. Rainer Woschitz weiss Ähnliches zu berichten – ergänzt aber: «Leider habe ich das Gefühl, dass die Dankbarkeit der Eltern abnimmt. Die Eltern deponieren ihr Kind und holen es eine Woche später wieder ab.»

Trotz allen Veränderungen erfreuen sich die Skilager an den Schaffhauser Schulen weiterhin grosser Beliebtheit. Jeden Winter werden 40 bis 45 solcher Lager in den Bergregionen organisiert. Auch diese Woche sind 1500 Schaffhauser Kinder in den Bergen unterwegs.

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