Wie viel kostet das Sterben?

Serena Schelling (ssc) | 
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Der Tod ist ein schwieriges Thema, das jeden betrifft. Die Hinterbliebenen erhalten Hilfe, wie sie nach dem Ableben eines geliebten Menschen vorgehen sollen. Allerdings hat diese Hilfe ihren Preis. Vor allem diejenigen, die keine Standardbeisetzung wünschen, merken dies.

Föderalismus bis ins Grab – kaum eine andere Branche regelt sich derart autonom wie die des Bestattungs­wesens. Im Kanton Schaffhausen handeln das Bestattungsamt, die Friedhofsverwaltungen und die Kirchen selbständig. Sie bestimmen eigene Gebühren und erlassen verschiedene Bedingungen und Vorschriften. In den meisten Schaffhauser Gemeinden zahlen die Hinterbliebenen für den Dienst des Bestattungsamtes und der Friedhofsverwaltung, den Sarg und die Leichenbekleidung sowie die Grabplatzmiete zwischen 180 und 500 Franken – den grössten Kostenanteil decken die Gemeinden selbst. Einzig Hallau und Schleitheim liegen mit einem Grundtarif von rund 600 Franken darüber. Die Stadt Schaffhausen bewegt sich im Mittelfeld mit einem Pauschalpreis von 300 Franken pro Erdbestattung. Die Gemeinden Bargen und Merishausen haben in ihrem Bestattungs- und Friedhofsreglement einen Fixpreis von 180 Franken für Gemeindeeinwohner angegeben und sind somit am günstigsten. Am teuersten ist es in der Gemeinde Trasadingen – mit 1200 Franken liegt der Preis deutlich über dem Durchschnitt von rund 210 Franken. Trasadingen ist die einzige Gemeinde im Kanton Schaffhausen, die alle anfallenden Bestattungskosten den Hinterbliebenen in Rechnung stellt. Eine Bestattung kostet also für Einheimische und für Auswärtige gleich viel.

Wo heute der Munotsportplatz ist, war lange Zeit ein Friedhof. Foto: 1910 Stadtarchiv

Unter die Erde in auswärtiger Gemeinde lohnt sich nicht

Trasadingen ist für Auswärtige ein Sonderfall. In allen anderen Schaffhauser Gemeinden zahlen Nichtgemeindeeinwohner doppelt bis siebenmal so viel wie Gemeindeeinwohner. In der Stadt Schaffhausen und der Gemeinde Neuhausen beträgt die Differenz bezüglich Dienst des Bestattungsamtes und der Friedhofsverwaltung, des Sargs und der Leichenbekleidung sowie der Grabplatzmiete 1625 Franken. Den grössten Unterschied gibt es in der Gemeinde Thayngen zu beobachten. Die Gemeinde übernimmt die Kosten für die Einwohner, und Auswärtige zahlen für Verwaltung, Sarg und Grabplatzgebühr rund 2400 Franken. In der ohnehin schon günstigen Gemeinde Ramsen (200 Franken für Einheimische) ist die Differenz mit 300 Franken Unterschied (500 Franken für Nichteinwohner) am kleinsten.

Kostenlose Bestattungen in den Nachbarkantonen

Anders geregelt ist es in Zürich und im Thurgau. Die Kantone richten sich nach den kantonalen Bestattungsverordnungen; sie alle besitzen einheitliche Regelungen und führen Standardbestattungen für Gemeindeeinwohner kostenlos durch. Einzig Familiengrabplatz-Mieten (zwischen 4000 und 11 000 Franken) und alternative Bestattungsmethoden (siehe Kasten unten rechts) müssen bezahlt werden. Aus ausländischer Sicht ist das einzigartig, wie die «Neue Zürcher Zeitung» im Januar 2010 berichtete: An kaum einem anderen Ort der Welt wird den Verstorbenen gebührenfrei die letzte Ehre erwiesen. Doch wer jetzt denkt, er könne sich als Schaffhauser beispielsweise in der Zürcher Gemeinde Rafz gratis begraben lassen, der irrt. Angehörige von Auswärtigen müssen auch in den Kantonen Zürich und Thurgau tief in die Taschen greifen. Rund 1500 Franken zahlen sie für anfallende Kosten der Verwaltung, für den Sarg, die Leichenbekleidung und die Grabplatzmiete. Eine weitere Besonderheit sind die sogenannten «Beerdigungswunschlisten». Jede und jeder hat ein Anrecht auf persönliche Bestattungswünsche, wie etwa die Bestattungsform (Erde oder Feuer) und den Verlauf der Abdankungszeremonie. Die Listen können jeweils auf den Homepages der zuständigen Gemeinden heruntergeladen werden.

Heute mehr Feuer- als Erdbestattungen

Sofern sich der Verstorbene nichts anderes gewünscht hat, erfolgt meistens eine Erdbestattung. Allerdings ist gerade diese Bestattungsform rückläufig. Hans Schneckenburger, Friedhofsgärtner vom Waldfriedhof Schaffhausen, sieht einen deutlichen Trend in Richtung Gemeinschafts- und Urnengräber. «Besonders beliebt sind momentan die Urnengrabstätten auf unserem Friedhof», sagt er. Die Urne wird gemeinsam mit vielen weiteren vergraben, und einzig eine Namenstafel erinnert an den Verstorbenen. «Den Hinterbliebenen ist es meistens wichtiger, dass sie einen Ort statt einen Grabstein zum Trauern haben», sagt Schneckenburger weiter. Laut ihm ist der Hauptgrund für diese Entwicklung, dass es einfach nicht mehr zeitgemäss sei, während 25 Jahren Pietätsfrist ein Grab zu pflegen.

Grundsätzlich lässt sich laut Schneckenburger sagen, dass vor allem Katholiken das traditionsgemässe Erdbestattungsgrab vorziehen, während Protestanten eine Feuerbestattung bevorzugen. «Dass Schaffhausen eher protestantisch ausgerichtet ist, ist aus der Anzahl Urnengräber ersichtlich», sagt der Gärtner. Dennoch sind Buchberg und Rüdlingen die einzigen Gemeinden, welche eine Kremation vorziehen, sofern eine Erdbestattung nicht explizit gewünscht wird.

Trotz rückläufigen Erdgräbern und somit weniger Grabdekorationen muss sich der täglich geöffnete Waldfriedhof einem Problem stellen: «Es kommt vor, dass die Leute Grabpflanzen stehlen», sagt Schneckenburger. Ein aktuelles Phänomen sei zudem, dass die Leute aus der Umgebung ihren privaten Müll in den Friedhofscontainern entsorgten.

Im Bestattungswesen zu arbeiten, ist nicht ganz einfach. Um festzustellen, wer dieser schweren Aufgabe gewachsen ist, beobachten die Bestattungsbeamten während eines obligaten Probearbeitstages die Bewerber. Unter anderem finden sie heraus, ob diese stark genug sind, eine Leiche zu heben, und vor allem – um sie zu sehen.

Leo Müller ist der Leiter des fünfköpfigen Teams der Bestattungsbeamten in Schaffhausen. Er ist ein hilfsbereiter Mensch und möchte eigentlich nur eines: den Angehörigen den schmerzvollen Abschied erleichtern, indem er ihnen zuhört und versucht, so weit wie möglich auf ihre Bestattungswünsche einzugehen.

Welchen Tätigkeiten gehen Sie als Bestattungsbeamter nach?

Leo Müller: Grundsätzlich sind wir 24 Stunden am Tag und 7 Tage die ­Woche erreichbar. Sobald ein Verstorbener gefunden wurde, erhalten wir einen Anruf und müssen innert 45 Minuten am Sterbeort sein. Wir sargen immer zu zweit die Leiche ein und bringen sie zum Kühlraum. Vor dem Kontakt mit den Hinterbliebenen benachrichtigen wir das Zivilstandes- und Erbschaftsamt vom Todesfall. Anschliessend findet ein Gespräch mit den Angehörigen statt. Zuerst klären wir die Frage, ob eine Feuer- oder Erdbestattung durchgeführt werden soll. Dann wird der Leichnam frühestens 36 Stunden nach dem Todeszeitpunkt und spätestens sieben Tage danach kremiert oder erdbestattet. Im Anschluss daran organisieren wir in Zusammenarbeit mit den Angehörigen die Abdankung. Wir bieten den Pfarrer und den Organisten auf und begleiten die Trauergesellschaft in unsere Kapelle auf dem Waldfriedhof. Man könnte sagen, dass wir den Verstorbenen vom Einsargen bis zum Grab begleiten.

Was fällt Ihnen am schwersten an Ihrem Beruf?

Müller: Im Allgemeinen bereitet es mir Freude, den Menschen zu helfen, vor allem in einer derart dunklen Stunde des Lebens. Jeder reagiert anders auf den Verlust eines geliebten Menschen, und das fasziniert mich. Allerdings finde ich es furchtbar, Kinder- oder Jugendleichen einsargen zu müssen. Insbesondere bei Suiziden fällt es mir schwer, den Entschluss des Jugendlichen nachzuvollziehen, vor allem wenn am Ende die Leiche entstellt ist und die Eltern so nicht einmal mehr richtig Abschied nehmen können. Dennoch können auf Wunsch auch nur Leichenteile bestattet werden. Schliesslich sind die Angehörigen unsere Kunden und deren Wünsche gilt es möglichst zu erfüllen.

Welche ist die am häufigsten gewählte Bestattungsform?

Müller: Etwa 80 bis 85 Prozent sind Feuerbestattungen. Die Urne wird in einem Gemeinschaftsgrab oder in einer Urnengrabstätte beigesetzt – unterhalten werden die Gräber von der Friedhofsverwaltung, was sicher ein Grund dafür ist, weshalb diese Bestattungsform am häufigsten gewählt wird. Man erkennt auch deutliche Tendenzen in den Religionen. Moslems führen nur Erdbestattungen durch, und Hindus wünschen nur Kremationen. Auch bei den Trauergemeinschaften lässt sich feststellen, dass die Anteilnahme an der Abdankung in einer muslimischen Kirchgemeinde viel grösser ist als beispielsweise in einer reformierten. Bei beiden Bestattungsformen geben die Angehörigen dem Verstorbenen meist Grabzugaben wie Rosen, Plüschtiere und Fotos mit. Es kam aber auch schon einmal bei einer Feuerbestattung vor, dass dem Verstorbenen ein Handy mit ins Jenseits gegeben wurde.

Welche Beerdigung war die speziellste, der Sie beiwohnten?

Müller: Die bislang speziellste Beerdigung war eine hinduistische Bestattung, die in unserer religionsneutralen Kapelle stattfand. Die Angehörigen stellten ihre Religionsreliquien auf den Altar und überhäuften den aufgebahrten Sarg mit bunten Blumengestecken und Verzierungen. Anschliessend halfen sie uns sogar beim Aufräumen der Kapelle, was überhaupt nicht selbstverständlich ist.

Interview Serena Schelling

Das Teuerste an Beerdigungen sind nicht die Bestattungen per se, sondern die Abdankung. Sofern möglich, werden immer die Wünsche des Verstorbenen berücksichtigt. Die folgenden Beispiele sind fakultative Angebote.

Todesanzeigen und Trauerzirkulare

Die Preise der Todesanzeigen richten sich bei den «Schaffhauser Nachrichten» nach der Grösse, der Anzahl Zeichen und der Farbigkeit. Die günstigen gibt es ab 500 Franken. Ebenfalls in Auftrag gegeben werden können Trauerzirkulare und Danksagungskarten. Die Zirkulare gibt es ab 220 Franken. Danksagungskarten hingegen gibt es ab einem Preis von 185 Franken.

Der Blumenschmuck

Die Trauerfloristik kann direkt bei der Schaffhauser Stadtgärtnerei online bestellt werden. Blumensträusse gibt es ab 40 Franken, Kränze für den Sarg ab 350 Franken und Blumenschalen ab 50 bis 120 Franken. Schleifen mit Beschriftung kosten zwischen 40 und 60 Franken. Die Preise richten sich nach der Blumenart und der Grösse des Gestecks.

Die kirchliche Abdankungszeremonie

Jede Kirchgemeinde regelt die Kosten autonom. Ein Teil der kirchlichen Abdankungszeremonie wird Auswärtigen in Rechnung gestellt. So kosten Mesmer und Organist beispielsweise in der Gemeinde Siblingen 140 Franken. In Beringen zahlen Nichtein-wohner 200 Franken für das Orgel-spiel, 100 Franken für die Kirche und 400 Franken für den Pfarrer. Gemeindeeinwohner zahlen meist nichts.

Das Leidmahl

Grundsätzlich kann jedes Restaurant mit der Ausführung des Leidmahls beauftragt werden. Je nach Lokalität unterbreiten die Gastgeber Menüvorschläge, oder die Angehörigen können selbst ein Menü zusammenstellen. Der Preis variiert sehr stark nach Restaurant, Zeitaufwand, geladenen Gästen und Menüs. Die privaten Bestattungsunternehmen rechnen mit mindestens 1000 Franken.

Grabstein

Über unzählige Formen, Verzierungen und Materialien muss entschieden werden. Die Hinterbliebenen können einen Unikatsgrabstein anfertigen lassen oder aus einer Musterkartei auswählen. Schaffhausen verfügt über mehrere Steinmetze, darunter in der Stadt und in Siblingen. Die anfallenden Kosten für die Grabsteine variieren sehr stark. Je nach Aufwand betragen die Kosten für günstigere Modelle rund 2000 Fran-ken. Individuelle Grabsteine kosten hingegen schnell einmal 5000 Fran-ken.(ssc)

In der gesamten Schweiz besteht kein Friedhofszwang. Anders als beispielsweise in Deutschland gibt es hierzulande verschiedene Formen der Naturbestattung. Es besteht die Möglichkeit, die Urne zu kaufen und die Asche des Verstorbenen in einem pietätvollen Rahmen selbst zu verstreuen. Die Beisetzungen können aber auch von privaten Bestattungsunternehmen organisiert und begleitet werden, wobei den Angehörigen die vollen Kosten in Rechnung gestellt werden.

Anonyme Bestattung Die wohl günstigste, aber auch unpersönlichste Art der Bestattung. Die Asche des Toten wird an einem unbekannten Ort verstreut, und die Angehörigen sind an der Abdankung nicht dabei. Auch im Nachhinein verrät man ihnen den Bestattungsort nicht. Kostenpunkt: 200 bis 300 Franken.

Baumbestattung Die Asche des Verstorbenen wird unter einem ausgewählten Baum verstreut. Die Kosten richten sich nach der Anzahl der Beigesetzten. Es ist nämlich möglich, Partner- oder Familienbäume zu bestimmen.

Windbestattung Die passende Bestattungsart für Menschen, die zu Lebzeiten Freigeister waren. Die Totenasche wird von den Angehörigen in den Wind gestreut. Kostenpunkt: 500 bis 700 Franken.

Flugbestattung Hierbei wird die Asche aus einem Flugzeug, Helikopter oder Heissluftballon über einem Naturschutzgebiet oder Gletscher verstreut. Die teuerste Variante mit einem Helikopter und fünf Angehörigen kostet rund 3500 Franken.

Berg- oder Talwiesenbestattung Die perfekte Bestattungsart für Alpenliebhaber. Die Asche des Verstorbenen wird umgeben vom Alpenpanorama in eine Grasnarbe des Tals geschüttet. Kostenpunkt: 500 bis 700 Franken.

Bergbach- oder Wasserfallbestattung Hier wird die Asche wieder in den Kreislauf des Lebens eingeführt. Während der Abdankung wird die Asche einem Bergbach oder Wasserfall beigegeben. Kostenpunkt: 500 bis 700 Franken.

Urnenübergabe Den geliebten Verstorbenen bei sich zu Hause auf den Sims stellen oder die Asche selbst verstreuen? Die Urnenübergabe macht es möglich. Kostenpunkt: ab 400 Franken.

Diamantbestattung Am teuersten wird es, wenn man den Verstorbenen immer bei sich tragen möchte. Ein Teil der Asche wird zu einem Diamanten gepresst. Die einkarätige Version gibt es ab 13 000 Franken.(ssc)

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