Contempo: Traumberuf Schauspielerin?

Mark Liebenberg | 
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Stehen im Rennen um den mit 5000 Franken dotierten Contempo-Förderpreis 2017, der am kommenden Samstag in der Kammgarn verliehen wird: Schauspielerinnen Shannon Staller, Laura Lienhard, Mirjam Sina Schlatter (v. l. n. r.) Bild: zvg/PD Payback Media Group

Drei junge Schauspielerinnen sind für den Contempo-Förderpreis nominiert. Ist die Schauspielerei Beruf oder Berufung? Die drei Frauen geben überraschende Antworten.

Drei Frauen – eine Leidenschaft: in der Sparte Schauspielerei sind die Nominierten des jedes Jahr in einem anderen Kulturbereich vergebenen Förderpreises des Contempo-Vereins zu Hause. Alle drei aus Schaffhausen stammend, decken fast alle Facetten ab, die der Beruf haben kann: klassische Theater Performance, Sprechstimme, Film, Videospots, Moderation, Improvisation, Pantomime.

Also dann, Klappe, die erste, für Shannon Staller (*1995), die in New York Schauspielunterricht nahm, in internationalen Filmproduktionen mitspielt und mit ihrem Partner eine eigene Filmagentur in Neuhausen hat. Vorhang auf für Laura Lienhard (*1983), die ihr Schauspielstudium in Paris abgeschlossen hat und als freischaffende Bühnenschauspielerin, mehrsprachige Sprecherin und Performerin arbeitet, und die zusammen mit Debbie Neininger die eigene Theatergruppe «We Eat Lobster» hat. Und Bühne frei für Mirjam Sina Schlatter (*1992), die sich schon als Jugendliche vom Momoll-Theater bis zum Schaffhauser Sommertheater ihre Bühnensporen abverdient und vor zwei Jahren eine eigene Theatergruppe in Schaffhausen gegründet hat.

«Alles auf eine Karte setzen»

Schauspielerin, ein Traumberuf? Ein Mädchentraum der wahr wird – oder aber ein knochenharter Job, der viel Talent und viel Leidenschaft erfordert, aber ein Leben als Bohemienne auf der steten Suche nach Engagements bedeutet? Laura Lienhard winkt ab: «Es ist ein Job als Selbständigerwerbende, wie ihn viele andere auch haben.» Sie selber habe nach ihrer Rückkehr in die Schweiz auch Glück gehabt, sofort als Schauspielerin Fuss zu fassen. Seither kann sie sich über Engagements nicht beklagen. «Aber es bedingt schon, dass man die Sache selber in die Hand nimmt.» Ein gutes Netzwerk, Freunde an den richtigen Orten, ein Gespür für gute Produktionen, die einen selber als Schauspielerin weiterbringen.

Schwieriger sei der Anfang gewesen, sagt Lienhard, die bereits ein Universitätsstudium angefangen hatte, als sie sich für die Schauspielerei entschied. «Es brauchte Mut alles auf eine Karte zu setzen und das zu tun, von dem man weiss, dass es das einzig Richtige ist», sagt sie, die als Nichte der Schaffhauser Aktrice Graziella Rossi die Begeisterung fürs Theater von Kindesbeinen an eingeatmet hat. «Das Schöne, das ist die Vielfalt in diesem Beruf, dass immer etwas Neues kommt und bisher konnte ich auch in jenen Produktionen mitwirken, die mich selber auch interessiert haben.» Eine Mitgliedschaft in einem festen Ensemble, etwa in einem Stadttheater, käme für sie nicht infrage. «Obwohl das finanziell sicher angenehmer ist», sagt Lienhard lachend.

Auch eine Familienleben ist möglich. mit ihrem Partner und den zwei kleinen Kindern zieht Lienhard im Herbst für neun Monate nach Rom. «Am Istituto Svizzero werden ich und mein Mann eine gemeinsame Performance mit Musik erarbeiten», sagt sie.

Ein Hauch von Hollywood

Vier Jahre alt war sie, als Shannon Staller in einem Werbefilm für Sprachreisen sagte: «I’m going to England to learn English.» Ab frühem Kindesalter war somit vorgezeichnet, dass sie schauspielern wollte. «Mit zwölf ging ich an eine Schauspielschule in New York, mit 16 Jahren war ich fertig ausgebildete Schauspielerin.» Anschliessend spielte sie etwa im US-Drama «Shiner» (2017) mit. «Die Konkurrenz ist gross – das Geschäft ist hart», sagt die englisch-deutsch zweisprachig Aufgewachsene.

 

«Du stehst nackt da, ohne Pinsel, ohne Instrument. Das reizt jedes Mal wieder aufs Neue.»

Mirjam Sina Schlatter, Schauspielerin

 

Was es braucht? «Netzwerken netzwerken, netzwerken, Leute kennenlernen, an die richtigen Events gehen, sonst läuft gar nichts.» Eine Homebase hat sie mit dem Studio «Payback Films» in Neuhausen gegründet, gemeinsam mit ihrem Partner. Auditions für Filmrollen in den USA und Deutschland laufen heute vorwiegend via Video und E-Dossiers. Daneben ist Staller ein begehrtes Gesicht für Werbespots (etwa für «Salto Natale» oder die Swisscom). Bald feiert die deutsche Filmproduktion «Der Hauptmann» von Robert Schwendtke, in der Staller eine Rolle spielt, Premiere. Die Essenz des Schauspielens sei vor der Kamera und auf der Bühne die gleiche, sagt Staller: «Man muss sich zum Volldeppen machen können, die Hemmungen fallen lassen, jemand ganz anderes sein.»

Ein Doppelleben für die Bühne

Fast das genaue Gegenteil von ihren beiden Kolleginnen hat Mirjam Sina Schlatter gemacht: Sie hat sich entschieden, die Schauspielerei nicht zum Beruf zu machen. «Das war ein sehr bewusster Entscheid», sagt sie. «Ich weiss, dass ich mit dieser Unsicherheit und dem finanziellen Risiko nicht leben möchte. Ich möchte völlig frei sein für die Arbeit, für das Schauspielen.» Also arbeitet sie tagsüber als Heilpädagogin – abends aber gehört sie ganz der Bühne. Eine eigene Theatergruppe («Szenario») in Schaffhausen hat sie vergangenes Jahr mit Gleichgesinnten ins Leben gerufen, anspruchsvolles Theater von und mit über 20-Jährigen – eine Nische: «Es gibt Seniorentheater, Jugend- und Kindertheatergruppen, aber in unserer Altersgruppe gab es nichts. Das wollen wir ändern!». Eine Adaption der «Schatzinsel» feiert im September Premiere. «Ich spiele da drei verschiedene Männerrollen – wo sonst könnte ich so viel Spass haben?», fragt Schlatter lachend. Schauspielen, egal ob als Hobby oder als Beruf, das heisse, an seine Grenzen stossen. «Du stehst nackt da, ohne Pinsel oder ein Instrument, das reizt einen jedes Mal wieder aufs Neue.»

Kommentare (1)

Luise Rehme Do 31.08.2017 - 23:31

Ist ja klar wer gewinnt!!! Ich finde es frech, dass Laura Lienhart überhaupt nominiert werden kann, wenn ihr Bruder, Carlos Lienhart, Teil vom Entscheidungskomitee ist.

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