Neophyten – bis hierhin und nicht weiter!
Invasive Neophyten verdrängen die heimische Flora und können mitunter sogar gefährlich für die Gesundheit sein. Privatgärten sind eine mögliche Keimzelle.
Als Zierpflanze eingeführt
Der Japanische Staudenknöterich ist eigentlich in China, Korea und Japan heimisch. Diese Pflanzenart wurde um 1825 von Naturforscher Philipp Franz von Siebold als Zier- und Viehfutterpflanze nach Europa gebracht. Die unterirdischen Ausläufer des Japanischen Staudenknöterichs können Mauerwerk und Asphalt durchdringen und zum Beispiel Schäden an Uferverbauungen verursachen.
Die rote Färbung gefällt vielen
Der Essigbaum stammt aus dem östlichen Nordamerika. Er wurde um 1620 in Europa eingeführt und ist wegen seiner herbstlichen Rotfärbung beliebt. Der Baum kann bis zu acht Metern hoch werden. Die Jungpflanzen müssen mehrmals von Mai bis November vorsichtig ausgerissen werden. Für dauerhaften Erfolg muss das Ausreissen konsequent über mehrere Jahre verfolgt werden.
Nach einem Jahr auch noch da
Das Einjährige Berufkraut ist in Nord-Amerika beheimatet und wurde bei uns als Gartenpflanze eingeführt. Einzelpflanzen sollten mehrmals von Mai bis Oktober vorsichtig ausgerissen werden, sodass der Wurzelspross nicht abreisst. Dies ist insbesondere wichtig, weil die Pflanze entgegen ihrem Namen auch zwei oder gar mehrjährig sein kann und somit im folgenden Jahr wieder auskeimt.
Der Saft kann zu Verätzungen führen
Der Saft des Riesenbärenklaus kann auf der Haut in Kombination mit Sonnenlicht zu Verätzungen führen, darum sollten bei der Beseitigung immer lange Kleidung und Handschuhe getragen werden. Die Pflanzen sollten rund 20 bis 30 Zentimeter über dem Boden abgeschnitten werden. Der Wurzelstock muss für eine nachhaltige Bekämpfung 20 Zentimeter unter dem Boden mit einem Spaten durchtrennt werden.
«Neue Pflanzen» Es gibt rund 550 Arten
Neophyten ist die Bezeichnung für Pflanzen, die erst seit der Entdeckung Amerikas im Jahr 1492 bei uns absichtlich eingeführt oder versehentlich eingeschleppt wurden und sich in der Folge etabliert haben. Wörtlich übersetzt bedeutet Neophyten «neue Pflanzen». In der Schweiz haben sich rund 550 Arten angesiedelt.
Invasive Neophyten breiten sich unkontrolliert aus und verdrängen die einheimische Flora. Bestimmte Pflanzen sind gefährlich für unsere Gesundheit, andere können Bachufer destabilisieren oder Strassen schädigen. Zurzeit gelten in der Schweiz rund 40 Arten als nachweislich schädliche invasive Neophyten und etwa 20 Arten als potenziell schädliche invasive Neophyten. Nur etwa zehn Prozent in der Schweiz wild vorkommenden Neophyten sind demnach Problempflanzen.
Im Rahmen der «Strategie der Schweiz zu invasiven gebietsfremden Arten» vom Mai 2016 wurde definiert, wann und wie die einzelnen Arten zu bekämpfen sind.
Da hat sich Roman Fendt, zuständig für die Biosicherheit im Kanton, ganz schön ins Zeug gelegt: Um Vertreter der Presse für das Thema «Invasive Neophyten» zu sensibilisieren, hat er kurzerhand seinen eigen Garten in Neuhausen zum Anschauungsobjekt umfunktioniert. Zwischen blühendem Lavendel und Vogeltränke pflanzte er kurzerhand mit Unterstützung von Grün Schaffhausen temporär ein paar Neophyten ein (vier wichtige Arten siehe unten), um zu zeigen, wie es aussehen könnte. Tatsächlich fallen sie zwischen den anderen Pflanzen gar nicht so auf, teilweise sind die Fremdlinge bei genauerem Hinschauen sogar noch anschaulich: Da wäre zum Beispiel das Einjährige Berufkraut, das aus Nordamerika kommt. Mit seinen feinen weissen Blütenblättern, die fächerartig aneinandergereiht sind, und den gelben Blütenständen erinnert es etwas an Kamille. «Wunderschön, das denkt man manchmal und lässt es einfach stehen», sagt Fendt und steckt zwecks Markierung ein rotes Stoppschild in die Erde, gleich neben die Pflanze.
Noch blüht die Goldrute nicht
Anders als bei Tomaten oder Kartoffeln, die ja auch Neophyten sind, aber an ihrem Kulturstandort bleiben, breiten sich invasive Neophyten unkontrolliert aus und gefährden die heimische Artenvielfalt. So kann es also vorkommen, dass man sich darüber freut, wenn plötzlich im Garten eine Goldrute erblüht. Mit den gelben Blüten sieht die Pflanze sehr ansprechend aus. Breitet sie sich jedoch weiter aus, wird sie schnell zur Plage. In der freien Natur kann sie gar zum Problem werden. «Es gibt bei uns Weiher, da verdrängt die Goldrute den Schilfgürtel», erklärt Fendt und rät, die Pflanzen rechtzeitig zu entfernen. «Derzeit stehen sie noch nicht in der Blüte», sagt er. Der Zeitpunkt ist also perfekt. Christian Knobel von Grün Schaffhausen, die die invasiven Neophyten auf öffentlichen Grundstücken beseitigen, ergänzt: «Die Goldrute kann man auch sehr gut durch einheimische Arten ersetzen.» Er schlägt Gilbweiderich oder Johanniskraut vor. Auch andere invasive Neophyten könne man durchaus «sinnvoll ersetzen». Statt einem Essigbaum könne man zum Beispiel wunderbar eine Eberesche oder Vogelbeere pflanzen. Den Riesenbärenklau könne man durch ein sehr ähnliches Gewächs, das allerdings nicht ganz so hoch wird – den Waldengelwuchs – ersetzen.
Verbrennungen am Rücken
Der Riesenbärenklau ist ein Beispiel, an dem man auch sehen kann, dass invasive Neophyten auch zu gesundheitlichen Problemen führen können. Unter Sonnenlichteinwirkung löst der Saft des Bärenklaus eine phototoxische Reaktion aus. «Wer in Berührung damit kommt, kann Verbrennungen bis zweiten Grades davontragen», sagt Fendt. Ein Kollege habe die Pflanze einmal ausgerupft und sich danach am Rücken abgewischt. «Zwei Wochen lang hat man die Abdrücke gesehen», sagt er. Vor allem für Kinder sei die Pflanze, die zwischen zwei und dreieinhalb Meter hoch wird, gefährlich. «Die Stängel eignen sich nämlich wunderbar als Schwert», sagt Fendt. Im Kanton würde sie rigoros bekämpft. Wer ein solches Exemplar entdeckt, soll sich umgehend beim Interkantonalen Labor melden.
Grosser Internethandel
Ansonsten sind die Probleme mit invasiven Neophyten zum Teil auch hausgemacht. So wird unter anderem der Internethandel immer mehr zum Problem. «Es nimmt tatsächlich zu», sagt Fendt. Teils würden die Leute aber auch über die Grenze fahren und von dort die Pflanzen in die Schweiz bringen. Die Kontrollen würden an den Grenzposten nicht so streng ausfallen. «Vor allem, weil das Bewusstsein für dieses Thema noch fehlt», sagt Fendt. Gleichzeitig hätten die Pflanzen oft irgendwelche Kunstnamen. «Es ist dann sehr schwer nachzuvollziehen, welche Pflanzen da gekreuzt wurden.» Im Kanton Schaffhausen soll jedoch nun öfters auch der hiesige Markt überwacht werden. Fendt: «Das heisst, wir gehen Vor Ort in die Gartencenter und schauen, welche Pflanzen dort angeboten werden.» Dazu wird derzeit noch ein Konzept erstellt.
Zunächst aber muss Roman Fendt die Neophyten in seinem Garten wieder entfernen. Nach fachgerechter Entsorgung kommen sie in die Kehrichtabfuhr, nicht in den Kompost.