24-Stunden-Regelung: Schweizer dürfen weiter über deutsche Grenze

Ralph Denzel | 
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Neben anderen Kantonen wird auch der Kanton Zürich ab Samstag durch das deutsche Robert-Koch-Institut zum Risikogebiet erklärt. Für Einkaufstouristen ändert sich vorerst aber nicht viel.

Ist denn heute schon Samstag? Das dürfte sich der eine oder andere Jestetter gefragt haben, als er heute im Dorf unterwegs war. Ein solches Verkehrschaos sieht man in der Einkaufs-Gemeinde selten. Der Grund: Am Donnerstag wurde der Kanton Zürich durch das Robert Koch Institut zum Risikogebiet erklärt. Die Folge: Schweizer unter anderem aus diesem Kanton dürfen gemäss der Bestimmung vom Donnerstag nur noch mit einem negativen Coronatest nach Deutschland einreisen, oder 14 Tage in Quarantäne gehen.

Das führte zu chaotischen Szenen in der 5000-Seelen Gemeinde: Die Hauptstrasse war verstopft, überall bildeten sich lange Schlangen und ein durchkommen war praktisch nicht mehr möglich. Das Aufkommen war am Freitagmorgen sogar so stark, dass der örtliche Lebensmitteldiscounter Aldi mehrmals seine Tore schliessen musste, da sonst die vorgeschriebenen Abstandsregeln nicht mehr hätten eingehalten werden können. Die Entscheidung aus Berlin kommt praktisch einer Grenzschliessung gleich und rief teils heftige Kritik von verschiedenen Politikern hervor.

Jetzt die Kehrtwende: Trotz der erneuten Einstufung der Grenzregion als Risikogebiet haben sich die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans und der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann klar gegen Einschränkungen im Grenzverkehr im Kampf gegen das Coronavirus ausgesprochen. Stattdessen setze man weiterhin auf eine 24-Stunden-Regelung. «Diese Regelung erlaubt es den Bürgerinnen und Bürgern, sich diesseits und jenseits der Grenzen unbeschränkt innerhalb von 24 Stunden im Grenzgebiet zu bewegen und ihrem Alltag grenzüberschreitend und ohne Behinderungen nachzugehen», heisst es in einer Medienmitteilung der drei deutschen Ministerpräsidenten. 

Ein Ministeriumssprecher des baden-württembergischen Sozialministeriums bestätigte gegenüber «Blick», dass auch die Schweiz von dieser Regelung eingeschlossen sei. Es braucht also auch zukünftig keinen negativen Corona-Test, wenn Schweizer innerhalb von 24 Stunden Baden-Württemberg wieder verlassen. Das gelte für alle, auch für Einkaufstouristen. Ob die Schweizer Touristen aus einem Risikokanton kommen oder nicht, spielt auch keine Rolle.

Zuvor heftige Kritik an Verordnung

Die Entscheidung, Zürich zu Risikogebiet zu erklären hatte zuvor heftige Kritik ausgelöst: Die deutsche Bundestagsabgeordnete Rita Schwarzlührer-Sutter zeigte sich empört über die Bestimmungen und erhob schwere Vorwürfe gegen die baden-württembergische Landesregierung: «Unser Einzelhandel, die Restaurants und Grenzgänger in der Grenzregion müssen jetzt wissen, was Sache ist», schrieb die SPD-Politikerin in einer Medienmitteilung. Sie habe kein Verständnis, dass noch keine praxistaugliche Regelung auf dem Tisch liegen würden. «Die Grenzregion wird wieder mal sich selbst überlassen», so Schwarzlührer-Sutter. Das sei nicht nur ein Armutszeugnis für die Landesregierung, sondern auch unverantwortlich.

Die Jestetter Bürgermeistern Ira Sattler sagte gegenüber Radio Munot, man sei von den plötzlichen Bestimmungen überrascht worden. «Schweizer wollten wissen, ob sie nach Jestetten einreisen dürfen, um Einkaufen zu gehen, zum Arzt oder zur Post. Deutsche wollen wissen, ob sie noch über die Grenze dürfen», sagte Sattler gegenüber Radio Munot. Die Jestetter Bürgermeisterin sprach von einem «Ausnahmezustand».

Auch der deutsche Bundestagsabgeordnete Felix Schreiner von der CDU forderte auf Facebook, dass die Lebenswirklichkeit der Grenzregion im Blick behalten werden müsse. Dazu seien die deutschen und die Schweizer Regierungen aufgefordert. Zudem forderte er, dass die Quarantäne-Verordnung des Landes Baden-Württemberg schnellstens überarbeitet werden müsse und die Landesregierung schnell für Rechtsklarheit sorgen sollte.

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