Eine Weichenstellung für regionale Tageszeitungen

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Mit dem Medienpaket soll die Zustellung von Zeitungen vergünstigt werden. Bild: Michael Kessler

Für die «Schaffhauser Nachrichten» geht es bei der Abstimmung über das Medienpaket um viel. Eine Bestandesaufnahme in einer Zeit des rasanten Wandels.

von Beat Lauber, Verwaltungsratspräsident, und Beat Rechsteiner, Geschäftsführer der Meier + Cie AG Schaffhausen

Und plötzlich ist man als Unternehmen mittendrin im Abstimmungskampf. Denn die Frage, was eine Annahme oder eine Ablehnung des Medienpakets am 13. Februar für die «Schaffhauser Nachrichten» bedeutet, ist für uns seit Wochen allgegenwärtig. Bisher haben sie andere für uns beantwortet – Experten für die Medienbranche und Kenner unserer geschäftlichen Verhältnisse schiessen in diesen Tagen wie Pilze aus dem Boden. Die Frage ist wichtig für die Zeitung und für das Schaffhauser Medienhaus Meier + Cie AG. Wir glauben, sie ist darüber hinaus bedeutend für den gesellschaftlichen und politischen Diskurs in der Region. Und sie ist uns Anlass zu diesen Zeilen.

Zunächst gilt es festzuhalten, dass es der «Meierei», wie das Unternehmen häufig genannt wird, Stand heute gut geht. Sie ist eines der letzten eigenständigen Regionalmedienhäuser der Schweiz, hat noch immer eine gut dotierte Regionalredaktion, weist eine solide Bilanz auf. Im Gegensatz zu vielen anderen, vergleichbaren Unternehmen in der Schweiz konnten bisher alle «Angriffe» von Kaufinte­ressenten abgewehrt und die Unabhängigkeit gewahrt werden.

Konstruktion mit Haken

Das liegt zum einen an der Eigentümer­konstellation: Mehrheitsaktionärin ist die Carl-Oechslin-Stiftung, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Eigenständigkeit der «Schaffhauser Nachrichten» zu erhalten. Der Haken an dieser Konstruktion ist, dass die Stiftung von den Dividenden des Unternehmens «lebt», selbst kaum über Kapital verfügt. Und somit sind schwarze Betriebszahlen die zweite, wichtigere Grundvoraussetzung für die Eigenständigkeit. Diesbezüglich ist die Meier + Cie AG – der Stiftungskonstruktion zum Trotz – ein Unternehmen wie jedes andere.

«Dass eine Region wie Schaffhausen eine von Grossunternehmen und Mäzenen unab­hängige Tageszeitung hat, ist schweizweit die Ausnahme, nicht die Regel.»

Trotz schwierigem Umfeld wurde diese zweite Vorgabe in den vergangenen Jahren stets erfüllt. Zwar waren es nicht Millionengewinne, wie man sie dem Unternehmen zuweilen andichtet, aber immerhin. Der Schlüssel dazu lag zuletzt vor allem in einschneidenden Kostensenkungsprogrammen und im Erfolg von Unternehmenszweigen, die mit Medien nichts oder nur am Rande etwas zu tun haben. Denn Zeitungen kostendeckend zu verlegen, wird immer schwieriger – das Kerngeschäft darbt. Insofern steht mit der Abstimmung über das Medienpaket eine Weichenstellung bevor.

Ein teures Unterfangen

Wichtigste Triebfeder der Zeitungskrise ist der Einbruch des Anzeigenumsatzes, der seit Jahren anhält und sich in der Coronapandemie noch einmal massiv beschleunigt hat. Hier geht es auch für ein vergleichsweise kleines Medienhaus um Millionen von Franken, die zu amerikanischen Tech-Konzernen und Inhabern von grossen Handelsplattformen fliessen, deren Geschäftsmodell mit Publizistik nichts oder nicht viel zu tun hat. Darunter sind, zugegeben, auch grosse Verlagskonzerne, die ebenfalls vom Medienpaket profitieren würden. Für uns bedeutet diese Entwicklung, dass je länger je mehr das Geld für den Journalismus auf der Strecke bleibt.

Und das, obwohl die Inhalte sehr gut nachgefragt werden: Die «Schaffhauser Nachrichten» weisen gute, recht stabile Leserzahlen auf, die von der Nutzung der digitalen Kanäle noch einmal weit übertroffen werden. Damit allein allerdings bezahlt man keine Löhne: Der Wechsel hin zu erfolgreichen digitalen Geschäftsmodellen mit journalistischen Inhalten ist noch nicht geglückt – nicht in Schaffhausen und nur bei Vereinzelten in der Schweiz. Gleichzeitig ist das Verlegen einer ­gedruckten Tageszeitung sehr teuer: Trotz steigenden Preisen deckt ein Abonnent heute noch immer nicht seine für das Unternehmen anfallenden Kosten. Lange konnten die Preise dank der Werbeeinnahmen tief gehalten werden, nun ist das nicht mehr möglich.

Wichtig oder nicht?

Das, so kann man mit Recht einwenden, ist nun einmal der Lauf der Dinge in der Wirtschaft: Erfolg ist vergänglich, tiefgreifende Veränderungen haben viele andere Branchen auch schon durchgemacht oder sie stecken mittendrin. Dieser nüchternen, rein ökono­mischen Betrachtungsweise steht die gesellschaftspolitische Bedeutung einer Zeitung wie den «Schaffhauser Nachrichten» gegenüber. Obwohl privat finanziert, leistet das ­Medium einen grossen Beitrag zur Meinungsbildung, zur Debatte in der Region und bringt viele ­Inhalte, die andernorts als «Service Pu­blic» betitelt und staatlich gefördert werden.

Letztlich geht es am 13. Februar aus regionaler Perspektive also um die Frage, ob einem eine eigenständige Schaffhauser Tageszeitung wichtig ist oder nicht. Ob man Wert legt auf eine breite und tiefe Berichterstattung über alle Lebensbereiche oder nicht. Jedes Medium, das zur Information der Bevölkerung in der Region beiträgt, ist wichtig und trägt auf seine Art zu einem belebten Medienplatz bei, von der «Schaffhauser AZ» bis zum «Bock» mit seiner digitalen Verlängerung schaffhausen24.ch. Doch in diesem Umfang und in dieser Aktualität berichten Tag für Tag nur die Medien der Meier + Cie AG.

Die «Schaffhauser Nachrichten» sind dabei das wichtigste Standbein, von der Medienförderung profitieren würden zudem der «Klettgauer Bote» und Radio Munot.

Leistungsabbau droht

Mit Blick auf den Abstimmungssonntag und auf die Zukunft darüber hinaus gilt es aus unserer Sicht, darum Folgendes festzuhalten: Dass eine Region wie Schaffhausen eine von Grossunternehmen und Mäzenen unabhängige Tageszeitung mit entsprechendem, umfangreichen Digitalangebot hat, ist schweizweit die Ausnahme, nicht die Regel. Und dieser Zustand, dass sich eine vergleichsweise grosse Regionalredaktion um Politik, Kultur, Wirtschaft, Vereine und vieles mehr kümmert, dass sie genügend Zeit und Know-how aufbringt, kritisch und genau hinzuschauen, ist nicht gottgegeben, sondern aufgrund der wirtschaftlichen Gegebenheiten in Gefahr. Klar ist: Wenn die Tageszeitung – ob gedruckt oder digital – nicht mehr kostendeckend betrieben werden kann, wird es zwingend und rasch zu einem Leistungsabbau kommen. Und diesen werden mit Sicherheit dann auch viele von jenen spüren, die sich nun nonchalant gegen die Medienförderung stellen.

Insofern ist das Medienpaket mit all seinen Vorzügen und Makeln aus Sicht der Meier + Cie AG vor allem eines: ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung der unternehmerischen Eigenständigkeit. Und damit zu einer Fortsetzung jenes unabhängigen Journalismus, von dem die Region seit Jahrzehnten profitiert.

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