Liegt bei Stein am Rhein ein unvorstellbarer Goldschatz begraben?

Ralph Denzel | 
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Wurde 1916 bei Eschenz entdeckt: Der «Goldbecher von Eschenz». Liegen vielleicht noch mehr Schätze in der Erde? Bild: Wikimedia

Eine Sage erzählt, dass bei der Ruine «Auf Burg» bei Stein am Rhein ein unvorstellbarer Goldschatz in der Erde liegt. Kann da was dran sein?

Was würden Sie machen, wenn Sie morgen einen Goldschatz finden würden? Wäre der nächste Tag Ihr letzter Arbeitstag? Ging es für Sie erst einmal auf eine ausgedehnte Weltreise? Würden Sie sich eine Villa, mit direktem Rheinzugang gönnen? Das Kleingeld für die entsprechenden Grundstücke hätten Sie jetzt ja. Wie wäre es mit einem schicken Lamborghini? Als Zweitwagen, mit Ihrem Geldpolster, vielleicht ganz ok, oder?

Die Frage die sich jetzt jedoch stellt: Wie kommen Sie denn an all die Reichtümer, um sich solchen Luxus leisten zu können? Glaubt man einer Schaffhauser Sage, müssten Sie sich dafür mal ein bisschen genauer bei der Ruine «Auf Burg» bei Stein am Rhein umschauen. Denn dort soll sich in einem unterirdischen Gewölbe ein riesiger Schatz befinden, der noch aus der Römerzeit stammt.

Bevor Sie jetzt aber schon in Gedanken Ihre Kündigung schreiben und mit einem Spaten dorhin pilgern wollen: Stimmt das überhaupt?

Als die Römer die Region besiedelten

Zuerst ein kleiner geschichtlicher Abriss: Die Region rund um Stein am Rhein und Eschenz war früher besiedelt von Römern. Das auch, weil der Ort einerseits einen direkten Zugang zu Wasser bot und daher auch exzellente Fischereigewässer. Gleichzeitig war es auch eine Art Aussengrenze zu dem Germanen, die eine Bedrohung für das Imperium darstellten. «In der Region Stein am Rhein gibt es verschiedene römische Siedlungsspuren», erklärt der Steiner Stadtarchivar Roman Sigg. «Die römische Besiedlung fällt in zwei Phasen, einerseits in die früh- und mittelkaiserliche, also etwa 50 bis ca. 200 n. Chr.» Dabei entstanden einmal das sogenannte «Vicus», was einer grösseren Siedlung entspricht, später ein sogenanntes «Tasgetium», welches man als Grenzkastell bezeichnen kann und ab Ende des 3. Jahrhunderts gab es dann das Kastell auf Burg mit einer zugehörigen zivilen Siedlung.

Die Mauern des ehemaligen «Tasgetiums» sind noch erkennbar. Bild: Wikimedia

Diese Ortschaften waren dabei nicht gerade arm: Mehrere archäologische Ausgrabungen förderten immer wieder interessante Gegenstände aus dem Boden. Den Wohlstand verdankte diese Siedlung wohl der Tatsache, dass man einen Brückenkopf hatte und so enorm wichtig für den Handel war. Einen berühmten Fund, der den Wohlstand auch zeigt, gab es am Ende des 1. Weltkrieges: So fand man dort beim Ausbau der Teigwaren und Paniermehlfabrik Lieb 50 Silbermünzen. «Es handelt sich in der Hauptsache um Denare», erklärt Sigg.

Diese Art von Münzen wurden gefunden. Bild: Wikimedia

Würde man diesen Fund heute machen: Reich würde man damit nicht werden. So ist der Preis für eine Feinunze Silber aktuell bei knapp 22 Franken. Das entspricht einem Wert von 0.74 Rappen pro Gramm, wohlgemerkt bei reinem Silber. «Um hier allfälligen Schatzsuchern etwas Wind aus den Segeln zu nehmen, sei darauf verwiesen, dass die meisten Fundmünzen häufig stark zirkuliert, abgegriffen und korrodiert sind, sodass neben dem wissenschaftlichen Wert, der sicher höher ist, nur der Materialwert angesetzt werden darf. Bei einer Silberlegierung um 850/1000 Silbergehalt darf man mit einem Ankaufspreis von etwa 50 Rappen pro Gramm rechnen, das bedeutet, der Schatz von 50 Münzen wäre dann etwa 70 Franken wert.» Auch sonst scheint es, dass «materiell» wertvolle Funde dort eher selten sind, wie Kathrin Schäppi, Kantonsarchäologien, erklärt: «Die ‹wertvollsten› Funde wurden im Gräberfeld Hofwiesen gemacht, welches 1969 entdeckt wurde. Dies ist der Bestattungsplatz zum Kastell ‹Auf Burg›.»

Der bekannteste Fund ist dabei eine 1969 gefundene Glasschale mit Inschrift und einer Jagddarstellung. Diese kann man im «Museum zu Allerheiligen» in der Dauerausstellung regionale Archäologie bewundern. «Der Wert bemisst sich hier vor allem nach wissenschaftlichen Kriterien, also der Häufigkeit des Vorkommens, künstlerische und handwerkliche Qualität, Materialqualität», erklärt Schäppi. So wurden bisher dort auf dem Feld auch hauptsächlich weitere Glasobjekte wie Becher oder Krüge gefunden, die ebenfalls von hoher Qualität sind. «Gold aber ist in der Archäologie ein seltenes Gut. Ein solcher Fund war uns nicht vergönnt», so Schäppi.

Die Jagdschale, die 1969 gefunden wurde. Die Inschrift lautet: «Trink, mögest du leben.» Na dann Prost! Bild: Wikimedia

So sind die Ausgrabungen für Wissenschaftler sehr kostbar, aber für den Laien, der vielleicht schnelles Geld will, eher nicht.

Dabei ist es nicht ausgeschlossen, dass man dort noch «kleinere Schätze» finden kann, wie etwa Roman Sigg sagt. «Münzen in Hortfunden, wie etwa die bei der Teigwaren und Paniermehlfabrik Lieb, wurden meist von ihren Besitzern mit Absicht versteckt, vermutlich dann, wenn besondere Gefahr drohte. Da sie ihren Besitz nicht mehr bergen konnten, kann man davon ausgehen, dass ihre Einschätzung wohl richtig war, also Gefahr real drohte.»

Speziell für die Region ging diese Gefahr von den Germanen aus, die immer wieder gegen die römischen Aussengrenzen drängten.

Ob aber ein reicher, römischer Kaufmann seinen Goldschatz in geheimen Katakomben versteckt hat, ist nicht klar. Sicher sind zwei Dinge: Erstens, dass dort bisher noch kein epischer Goldschatz gefunden wurde und zweitens, dass aktuell keine Grabungen mehr dort stattfinden. Die letzte Untersuchung war im Jahr 2020. «Die Kantonsarchäologie wird immer aktiv, wenn in archäologischen Schutzzonen Bauarbeiten stattfinden, oder wenn uns Funde gemeldet werden», so Schäppi.

Ausgeschlossen werden können Goldfunde aber nicht gänzlich: So wurde etwa 1916 bei Eschenz ein Kelch aus purem Gold gefunden. Allerdings stammt dieser nicht von den Römern, sondern ist viel älter. Archäologen datierten die Herstellung auf die frühe Bronzezeit um 2400 bis 1600 vor Christus.

Andere «Kostbarkeiten»

Daher bleibt die Frage, Woher diese Sage eigentlich stammt? Roman Sigg hat eine Antwort darauf: «Die Sage von mystischen Schätzen ist häufig mit alten Ruinen verbunden, daher auch die Geschichte zum Gewölbe in den Kastellruinen.» Er vermutet, dass die bis heute sichtbaren Überreste des römischen Kastells wohl schon früher die Menschen animierte, dort nach wertvollen oder nützlichen Überbleibseln zu suchen. «So wurden die Mauern ganz sicher teilweise abgetragen.» Teils waren die «Schätze» demnach auch ganz profaner Natur: So waren bereits die Steine «kostbar», denn sie waren gutes Baumaterial.

Gutes Baumaterial: Die Steine des «Tasgetium». Bild: Wikimedia

Wenn Sie jetzt aber immer noch überzeugt sind, dass dort ein Schatz liegen könnte: Graben dürfen Sie dort nicht. «Das Graben nach Schätzen und die Detektorgängerei ist verboten», sagt Sigg. Und selbst wenn Sie, per Zufall, auf den sagenumwobenen Goldschatz stossen sollten: «Gefundene Münzen und Altertümer gehören dem Kanton», so Sigg.

Da fährt er davon, der Lamborghini.

Wer die Augen offenhält, kann vielleicht trotzdem auch einen kleinen «Schatz» dort entdecken, wenngleich man nicht reich damit wird. Etwa im Rhein. Wie Sigg sagt, war es früher Brauch, beim Überqueren der Brücke Geldmünzen in den Rhein zu werfen, als Tribut für den Flussgott Rhenus. «Aber auch hier gilt, wertvoll sind diese Münzen nur für die Wissenschaft, da Münzprägungen recht gut datierbar sind, wenn der Zustand gut genug ist», so Sigg.

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