«Es war alles in allem eine schöne Zeit»

Ursula Junker | 
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Hansjörg Lang kennt Mammern wie seine Westentasche. Das war für ihn ein Vorteil als Gemeindeammann – brauchte aber auch Fingerspitzengefühl. Bild: Ursula Junker

Acht Jahre lang hat Hansjörg Lang die Gemeinde Mammern geführt. Sein Rückblick fällt positiv aus – obwohl sich die politische Arbeit aus seiner Sicht auch zum Negativen verändert hat.

«Eigentlich bin ich mit 63 Jahren zu alt», hat er damals vor acht Jahren gedacht, als er angefragt wurde, als Gemeindeammann von Mammern zu kandidieren. So beginnt Hansjörg Lang seinen Rückblick auf die Zeit, in der er der Gemeinde am Untersee vorstand. Auch wenn er bis dahin wegen Verwandtschaftsausschluss nie im Gemeinderat vertreten war, verfügte er doch über eine reiche politische Erfahrung, denn er sass 26 Jahre für die FDP im Grossen Rat des Kantons Thurgau. Damals arbeitete er auch in den entscheidenden Kommissionen mit, die die Neuordnung der Gemeinden vorbereiteten, hin vom dualen System zu den politischen Gemeinden. Davon betroffen waren speziell kleine Gemeinden wie Mammern, deren Selbständigkeit angezweifelt wurde. «Für sie etwas tun, das war das Ziel», berichtet Lang über die damaligen Verhandlungen.

Und tatsächlich gelang es ihm, dass der Grosse Rat 1993 der Selbständigkeit Mammerns zustimmte – äusserst knapp mit 55 zu 53 Stimmen. Jetzt nach 25 Jahren – man feierte das Jubiläum 2018 mit verschiedenen Anlässen – gibt die Entwicklung dem damaligen Befürworter recht. In Mammern ist man rundum zufrieden mit der politischen Eigenständigkeit, die eine Zusammenarbeit auf verschiedenen Gebieten mit andern Gemeinden indes nicht ausschliesst.

Auszonen als einzige TG-Gemeinde

«Es war eine schöne Zeit», so blickt Lang auf die letzten acht Jahre zurück. Und ja, die Gemeinde habe sich verändert. Die ­Gemeindeverwaltung bezog zwei eigens dafür eingerichtete Wohnungen an der ­Liebenfelsstrasse. Das ehemalige Domizil baute man in einen Kulturpavillon um, der rege benutzt wird. Der Werkhof wurde ausgebaut, das von einem Sturm beschädigte Badehaus ersetzt. Die Bevölkerungsentwicklung verlangte nach mehr Schulraum. So entstand ein viertes «Türmli» bei der ­bestehenden Anlage.

Die wohl schwierigste Aufgabe für den Gemeinderat war die Auszonung von Bauland, die Mammern als einzige Gemeinde im Kanton Thurgau vornehmen musste. «Es sind zwölf Grundbesitzer davon betroffen», berichtet Lang. Da sei es wichtig ­gewesen, gerecht vorzugehen und nicht «einen praktisch zu enteignen». Nach intensiven Gesprächen und Informationen für die Öffentlichkeit scheint nun alles auf gutem Wege zu sein, wie der ruhig verlaufene Infoanlass von Mitte Januar zeigt.

«Gerede hinter meinem Rücken hat mich nie interessiert.»

Hansjörg Lang, Gemeindepräsident , Mammern

Den Schlaf geraubt hat Lang seine Tätigkeit als Gemeindeammann nicht. «Ich bin am besten gefahren, wenn ich das direkte Gespräch suchte und meine Meinung sachlich klar äusserte», fasst er seine Erfahrungen zusammen. «Gerede hinter meinem Rücken hat mich nie interessiert.» Dass er in der Gemeinde alle kennt, wertet Lang als Vorteil für die Arbeit, sagt aber, dass es manchmal schon auch Fingerspitzengefühl gebraucht habe, um Entscheide herbeizuführen. Ihm half, dass er über einen Kreis von guten Personen verfügte, in dem man politische Diskussionen führen konnte.

Die politische Arbeit hat sich aus Langs Sicht aber auch negativ verändert. Immer mehr Vorschriften und Qualitätskontrollen führen dazu, dass man Formulare ausfüllen muss, anstatt zu arbeiten. «Daraus resultiert eine Scheinsicherheit und eine Unselbständigkeit», folgert er. Als ganz ­besonderes Jahr wird Lang 2018 in Erinnerung bleiben, mit den verschiedenen Feiern zum 25-jährigen Bestehen als politische Gemeinde. An einer solchen Veranstaltung war es denn auch, als sich zwei junge Mitbürger, eine Frau und ein Mann, spontan für die Wahl in den Gemeinderat bereit erklärten. Damit ist der Fortbestand gesichert, das politische Feld bestellt, und Lang kann sich darauf freuen, nach dem Rückzug aus dem Beruf nun auch die politische Verantwortung abzugeben. Er kann sich beruhigt seinen Hobbys zuwenden, seinen Wald bewirtschaften, jagen und schiessen und in den Chören singen. Vorerst aber hat ihm der Ruhestand Ungewohntes beschert. Er lerne kochen und den Geschirrspüler sowie die Waschmaschine zu befüllen, wie er lachend berichtet und greift so seiner verunfallten Frau unter die Arme.

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