So kam es zum Knatsch um die GPK-Wahl

Mark Liebenberg | 
Noch keine Kommentare
Die Ersatzwahl sorgte vor, während und nach der eigentlichen Wahl für Diskussionen.

Die Fraktionen von SP und FDP haben sich schon vor der GPK-Ersatzwahl abgesprochen, dass sie Virginia Stoll statt des offiziellen SVP-Kandidaten Walter Hotz wählen wollen. Die Hintergründe.

Um ein Haar ist es den anderen Fraktionen im Schaffhauser Kantonsrat am Montagmorgen gelungen, den Einzug des offiziellen SVP-Kandidaten Walter Hotz (Schaffhausen) in die Geschäftsprüfungskommission (GPK) zu verhindern. Mit nur drei Stimmen Vorsprung auf die unwissentliche Sprengkandidatin Virginia Stoll (SVP, Wilchingen) schaffte Hotz nach rund einstündiger, explosiver Diskussion die Wahl in das wichtige Gremium – in einer geheimen Abstimmung. In aller Regel werden die von der Fraktion vorgeschlagenen Kandidaten in stiller Wahl bestätigt. Die Mitglieder der SVP schäumten vor Wut.

Matthias Freivogel (SP, Schaffhausen), der im Rat den Anfang gemacht hatte und die Vorbehalte seiner Fraktion gegen Hotz begründete, sagt, die SP sei keineswegs die Antreiberin gewesen. Er erklärt: «Es hat Kontakte zwischen uns und der FDP/CVP/JF-Fraktion in der letzten Woche gegeben, da sich in beiden Fraktionen unabhängig voneinander Bedenken ergaben. Wir haben uns dann darauf verständigt, von der SVP eine alternative Kandidatur zu fordern.» Das bestätigt der freisinnige Fraktions­chef Beat Hedinger (FDP, Wilchingen): «Ja, wir haben uns abgesprochen. Und ich habe am letzten Donnerstag den SVP-Fraktionspräsidenten Peter Scheck darüber informiert, dass es grossen Unmut gegen die Kandidatur Hotz gibt und man eine andere Person wählen wolle.» Als Hotz vorletztes Jahr wegen seines Ratsvorsitzes aus der GPK zurückgetreten sei, habe niemand gewusst, dass Thomas Stamm offenbar nur ein Platzhalter für ein Jahr gewesen sei und dass Hotz einfach so in stiller Wahl sein Comeback plane. «Das ist zwar zulässig, aber wenig sensibel, und wir wollten das nicht einfach so hinnehmen», sagt Hedinger. Der Entscheid gegen Hotz sei in der Fraktion sehr klar gefallen.

Freivogel und Hedinger begründeten ihre Opposition gegen Hotz im Rat ausführlich: zu viel Machtkonzentration bei nur wenigen SVP-Exponenten, ein Ungleichgewicht zwischen Stadt und Land in der GPK sowie der «konfrontative Stil», den Walter Hotz nicht selten pflege. Freivogel: «Diese Machtballung bei den drei SVP-Führungspersonen Walter Hotz, Parteipräsident, Mariano Fioretti, Parteisekretär, welche beide auch Mitglied der GPK des Stadtparlamentes sind, sowie Daniel Preisig, SVP-Stadtrat, ist einzigartig und ergibt eine Vernetzung, welche diese beiden wichtigen Gremien einengen kann.» Als mit Abstand einflussreichste politische Kommission im Kantonsrat benötige die GPK eine ausgewogene Zusammensetzung. Beat Hedinger ergänzt: «Wir waren überzeugt, dass es in der SVP-Fraktion mit 23 Mitgliedern andere fähige Personen gibt.» In Absprache mit der SP sei die Wahl dann auf Virginia Stoll gefallen. Offiziell benachrichtigt habe man sie aber nicht.

Die Stadt-Land-Frage sei kein Vorwand, wie es die SVP behauptet habe, sagt Freivogel: «In der neunköpfigen GPK überwiegen mit drei führenden Stadt-SVPlern sowie vier weiteren Kantonsräten, die in der Stadt wohnen, darunter ein weiterer Stadtrat, die städtischen Interessenvertreter deutlich.» Die SP/Juso-Fraktion sei mit gutem Beispiel vorangegangen und habe den frei werdenden SP-Sitz von Richard Bührer aus Thayngen mit einer Frau vom Land ersetzt, mit Eva Neumann aus Beringen. Hotz’ politischen Stil empfindet Freivogel nicht selten als wenig konstruktiv, sondern eher als konfrontativ, was natürlich zulässig sei. «Wenn man aber als Politiker, der ja in der Öffentlichkeit steht, für ein Amt kandidiert, muss man immer auch damit rechnen, dass man kritisiert wird. Das habe ich selbst einige Male erlebt und verdaut. Wer das nicht hinnehmen will oder kann, hat in der Politik nichts verloren.» Es waren in der Debatte vor allem die FDP-Kantonsräte Nihat Tektas und Christian Heydecker, die scharf gegen den offiziellen SVP-Kandidaten und die Ämterkumulation bei wenigen Parteigrössen der Volkspartei schossen. Die Frage der Machtkonzentration sei in seiner Fraktion mit­entscheidend gewesen, sagt Hedinger. «Wie würde sich wohl die SVP verhalten, wenn andere Parteien ihr nicht genehme Kandidaten durchdrücken wollten?»

Die Verärgerung bei der SVP ist nach wie vor gross. Fraktionssprecher Thomas Stamm sagt auf Anfrage: «Wir wurden gewählt, um den Kanton Schaffhausen weiterzubringen, und nicht, um Vorschulstufenspiele auf persönlicher Ebene zu spielen.» Unverständnis herrscht vor allem gegenüber der FDP. Ist der bürgerliche Schulterschluss damit infrage gestellt – im Wahljahr? «Es herrscht sicher Diskussionsbedarf, und wir benötigen eine saubere Analyse auf die kommenden Wahlen hin», sagt Stamm. Ein Problem bei der Machtballung sieht er nicht. «SP und FDP haben am Montag versucht, unsere Geschlossenheit zu unterwandern. Wenn man unser Abstimmungsverhalten analysiert, dann ist der Zusammenhalt in der Fraktion unsere grosse Stärke.» Das passe natürlich den anderen Parteien überhaupt nicht.

Kommentar

Berechtigte Bedenken, aber Schluss jetzt mit Muskelspielen

Mark Liebenberg von den Schaffhauser Nachrichten

Normalerweise sind Ersatzwahlen in die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Kantonsparlaments eine Formsache: Die Fraktionen bestimmen selber, wer sie in dieser wichtigen Kommission vertreten soll. Die Freisinnigen und die SP haben am Montag aber versucht, die Wahl von Walter Hotz (SVP) auf einen frei werdenden SVP-Sitz in der GPK des Schaffhauser Kantonsrates zu vereiteln. Das Vorhaben scheiterte zwar. In der nach einer langen, bisweilen gehässigen Debatte durchgeführten, für einmal geheimen Wahl schaffte der umstrittene Kandidat den Einzug in die GPK knapp. Dennoch sollte der SVP der Schuss vor ihren Bug zu denken geben.

Als wichtigsten Grund für ihre Bedenken brachten die Hotz-Gegner hervor, dass die wählerstärkste Partei im Kanton ihre Macht – und einflussreiche Positionen, die ihr kraft ihrer Wählerstärke zustehen – zusehends in den Händen einer kleinen Gruppe von Exponenten konzentriere. Ein «Triumvirat» habe das Sagen, dem neben Kantonalpräsident Hotz Parteisekretär und Stadtschulrat Mariano Fioretti sowie Stadtrat Daniel Preisig angehören. Dies und der Umstand, dass diese Exponenten alle der städtischen SVP angehören, hat bei den anderen Parteien für Unmut gesorgt, der sich jetzt Luft verschafft hat. Zu Recht? Ja und nein. Es ist vorab das Bier jeder Partei, unter sich auszumachen, wer in ihr und für sie Verantwortung übernimmt. Dass nun alle drei Genannten der GPK des Kantonsrats angehören, Hotz und Fioretti zudem noch der GPK des Grossen Stadtrats, ist zwar zulässig, aber schon ein wenig unschön. Es ging am Montag nicht nur um politische Ränkespiele, ein Körnchen Wahrheit steckt schon in den erhobenen Vorwürfen: Es stünde gerade der grössten Partei nicht schlecht zu Gesicht, wenn sie die Verantwortung auf mehr Schultern verteilte. Hat die SVP-Parteispitze hier vielleicht schon ein gewisses Fingerspitzengefühl vermissen lassen, so hätte sie angesichts der am Montag dann doch erfolgreichen Wahl ihres Kandidaten in die Kommission aber auch ein wenig mehr Contenance wahren können. Stattdessen verschickte sie flugs eine wütende und auch etwas wehleidige Stellungnahme. Dass selbst die grösste Partei ihren Kandidaten nicht einfach im Schlafwagen durchbringt, zeugt gewiss von vitalen Reflexen im Kantonsrat. Was aber wiederum nichts über die persönliche Eignung von Walter Hotz für die GPK-Arbeit aussagt. SP und FDP haben den markigen Politiker wegen seiner «konfrontativen Art» kritisiert. Nun ist aber grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, wenn eine Fraktion ihre hartgesottensten und erfahrensten Leute in ein solches Gremium schickt. Da mögen wohl beim einen oder bei der anderen ganz normale persönliche Animositäten und der Wunsch mitgespielt haben, einem hartnäckigen politischen Rivalen eins auszuwischen. Aber so funktioniert Politik. Und es beschleicht einen die Ahnung, dass vom ganzen Schacher um Personen, Parteien und Positionen bei den Bürgerinnen und Bürgern ein schaler Nachgeschmack haften bleibt. Haben die im Kantonsparlament nichts Besseres zu tun, als, eben, stundenlang um Personen, Parteien, Positionen zu streiten? Letztlich ist die Legislative dazu da, die Geschicke des Gemeinwesens politisch auszuhandeln und neu zu justieren und den Kanton voranzubringen. Vor diesem Hintergrund erscheinen die Macht- und Muskelspiele im Kantonsrat bisweilen vor allem als eines: als Nebenschauplätze.

[email protected]

Kommentare (0)

Neuen Kommentar schreiben

Diese Funktion steht nur Abonnenten und registrierten Benutzern zur Verfügung.

Registrieren