Osamah M. darf wieder in die Schaffhauser Altstadt

Das Schaffhauser Stadtzentrum war für Osamah M. tabu. Das Schaffhauser Obergericht hat nun entschieden: Das Verbot des Migrationsamts ist nicht rechtens.
Wegen Beteiligung an der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) war der Iraker Osamah M. ins Gefängnis gekommen. Ihm war unter anderem vorgeworfen worden, einen Anschlag in Europa geplant zu haben. Inzwischen hat er seine Strafe verbüsst, doch in völliger Freiheit konnte er sich auch nach der Entlassung aus dem Gefängnis nicht bewegen: Das Schaffhauser Migrationsamt hatte gegen den Mann, der im Rollstuhl sitzt, eine unbefristete Eingrenzung auf drei Quartiere der Stadt Schaffhausen erlassen. Nur in diesen Quartieren durfte er sich aufhalten, insbesondere das Stadtzentrum war für ihn aber tabu, und zwar auf unbestimmte Zeit.
Gegen diese Massnahme erhob Osamah M. Beschwerde. Das Kantonsgericht lehnte diese ab, doch das Obergericht hat sie in einem Entscheid vom 19. Dezember 2017 zumindest teilweise gutgeheissen. Dies ist dem Amtsbericht des Obergerichts zu entnehmen. Das Gericht entschied, dass die Eingrenzung auf ein Jahr zu befristen sei, das heisst, sie gilt nur noch bis zum 7. Mai.
Regel für Drogenhändler
Wie kam es zu dieser Änderung? Im Grundsatz darf eine Behörde einer Person schon die Auflage machen, ein Gebiet nicht zu verlassen oder zu betreten. Dies unter anderem dann, wenn die Person keine Aufenthaltsbewilligung besitze und die öffentliche Sicherheit gefährdet sei, schreibt das Obergericht.
Laut Gesetz zielt eine solche Eingrenzung zwar in erster Linie auf den Drogenhandel, sie kann aber auch dann zum Zuge kommen, wenn es Anhaltspunkte gibt, dass jemand sonstige strafbare Handlungen begehen könnte oder Kontakte zu extremistischen Kreisen besitzt.
Neue Delikte nicht ausgeschlossen
Wie gross ist diese Gefahr im Fall von Osamah M. tatsächlich? Er selbst argumentierte, dass er sich in der Haft korrekt verhalten habe. Für das Obergericht ist allerdings dennoch zu befürchten, dass er wieder straffällig werden könnte oder sich am IS beteiligen könnte. Ein Delikt könne durch eine Eingrenzung zwar nicht verhindert, aber doch erschwert werden. Und: Es sei so auch einfacher, ihn zu überwachen, auch das diene der öffentlichen Sicherheit.
Eine solche Massnahme darf allerdings nicht zeitlich unbeschränkt sein. Osamah. M habe seine Strafe verbüsst, argumentiert das Gericht, und eine Eingrenzung dürfe nicht wie eine weitere Bestrafung wirken (sie dürfe keinen «pönalen Charakter» annehmen, schreibt das Obergericht).
Immerhin seien auch bald vier Jahre vergangen, in denen keine gefährdenden Aktivitäten festgestellt worden seien. Auf ewig vom Stadtzentrum fernhalten darf die Behörde Osamah M. also nicht. Aber für wie lange dann?
Das Gericht verwies auf eine Regel, die erst noch ins Gesetz geschrieben werden muss: im Entwurf des Bundesgesetzes über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus. Dort steht, dass eine Eingrenzung auf höchstens sechs Monate beschränkt werden und einmalig um sechs Monate verlängert werden dürfe, total also höchstens ein Jahr gelte. Diese Frist sei auch im Fall von Osamah M. anzuwenden, das sei auch für ihn zumutbar.
Weiteres Rayonverbot möglich
Diese Regelung ist allerdings noch kein Freipass für eine völlige Bewegungsfreiheit für Osamah M. Das Migrationsamt muss eine neue Gefahrenprognose erstellen, unter anderem gestützt auf Osamah M.s Verhalten. Dabei kann es durchaus wieder eine Eingrenzung geben, diese darf laut Obergericht aber nicht mehr allein mit dem Hinweis auf seine frühere Verurteilung als IS-Helfer abstützen.