«Made in Schaffhausen»: Arbeiten in einem der rund 8400 Unternehmen






Grosse Firmen wie GF oder Cilag sind jedem Schaffhauser ein Begriff. Dennoch sind die meisten Menschen, die in der Region arbeiten, in einem Kleinunternehmen tätig.
Arbeiten in einem der rund 8400 Unternehmen
Wir schreiben das Jahr 1886. In den USA fanden am 1. Mai dieses Jahres massenhaft Demonstrationen statt. Die Menschen waren unzufrieden und erschöpft. Neun bis 14 Stunden dauerten die durchschnittlichen Arbeitstage in den Fabriken. Die Demonstranten kämpften für einen 8-Stunden-Arbeitstag, und die Folge waren Proteste und Streiks weltweit. Heute – rund 130 Jahre später – ist der 1. Mai ein offizieller Feiertag in vielen Kantonen der Schweiz, welcher an die Protestbewegungen erinnert.
Schweizer Unternehmensstruktur
Anlässlich des Tages der Arbeit nehmen wir auf unserer Gemeindeseite die Unternehmenslandschaft in der Region unter die Lupe. Das Bundesamt für Statistik (BFS) veröffentlichte diesbezüglich eine umfangreiche Statistik zur Unternehmensstruktur in der Schweiz (Statent). In der Statistik sind marktwirtschaftlich orientierte Unternehmen und nicht marktwirtschaftlich orientierte Firmen im sekundären (Industrie) und tertiären (Dienstleistung) Wirtschaftssektor enthalten. Hinzu kommt die Anzahl Beschäftigte pro Gemeinde. Der primäre Sektor (Landwirtschaft) wurde bei unseren Recherchen nicht berücksichtigt.
Die Zahlen in der Statistik stammen grösstenteils aus den AHV-Registern und wurden vom BFS zusammengetragen.
Situation in der Region
In unserer Analyse untersuchen wir die Entwicklung der Unternehmen in den Jahren 2013 bis 2015. Dies sind die neusten, vom BFS veröffentlichten Zahlen. Im Jahr 2013 gab es in der Region Schaffhausen laut Statent 8175 Firmen. Im Jahr darauf waren 168 Unternehmen mehr ansässig, was einem Zuwachs von etwa 2 Prozent entspricht. Zwischen den Jahren 2014 und 2015 wuchs die Schaffhauser Unternehmenslandschaft um weitere 0,4 Prozent (von 8343 auf 8377 Unternehmen). Auch die Anzahl Beschäftigte veränderte sich zwischen 2013 und 2015 – allerdings nur geringfügig mit 0,15 Prozent (von 55 905 auf 55 986). Diese Entwicklung kann damit begründet werden, dass sich zwischen diesen Jahren vermehrt Mikrounternehmen (1 bis 9 Angestellte) bildeten – insgesamt gibt es etwa 7260 in der Region. An zweiter Stelle kommen die kleinen Unternehmen (10 bis 49 Angestellte), von denen es rund 950 in der Region gibt. Mittelgrosse Firmen (50 bis 249 Beschäftigte) gab es per Ende 2015 rund 160. Grosse Unternehmen, wie Cilag oder IWC, beschäftigen über 250 Angestellte – von ihnen gibt es rund ein Dutzend. Von den rund 56 000 Arbeitnehmern geht ein Drittel (18 300) der Arbeit in einem Kleinunternehmen nach.
Die meisten Unternehmen befinden sich in der Stadt Schaffhausen (3034), was auch acht Unternehmen pro hundert Einwohner entspricht (siehe Balkendiagramm rechts). Allerdings ist die Unternehmensdichte in den Gemeinden Ramsen, Stein am Rhein und Marthalen trotz weniger Firmen höher. Auf hundert Einwohner kommen jeweils neun Unternehmen. Das Schlusslicht bildet Oberhallau mit 18 Firmen insgesamt und vier Unternehmen pro hundert Einwohnern. Im Schnitt kommen auf hundert Einwohner rund sechs Unternehmen.
Knapp 50 Prozent in der Stadt
Die meisten Menschen arbeiten in den grösseren Gemeinden im SN-Verteilgebiet (Stadt Schaffhausen, Neuhausen, Thayngen, Beringen, Stein am Rhein, Diessenhofen und Andelfingen). Von den insgesamt knapp 56 000 Arbeitnehmern in der Region arbeiten rund 46 Prozent in der Stadt Schaffhausen (25 782). Auffallend ist, dass in den geografisch nebeneinander liegenden Gemeinden eine ähnliche Anzahl Beschäftigte anzutreffen ist. Zum Beispiel arbeiten in den Klettgaugemeinden Hallau, Neunkirch und Wilchingen in jeder Gemeinde nicht mehr als 900 Menschen.
Die Unternehmen unterscheiden sich nicht nur anhand ihrer Beschäftigtenzahl, sondern auch durch ihre Rechtsform. Per 1. Januar 2018 waren laut BFS die meisten Unternehmen als GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) im Handelsregister eingetragen (1721). Auf dem zweiten Platz kommen die Aktiengesellschaften (AG) mit 1677 Unternehmen. Bei den restlichen Firmen handelt es sich überwiegend um Einzelfirmen (1586). Die verschiedenen Rechtsformen unterscheiden sich zum Beispiel in rechtlichen Fragen, der Haftung des Inhabers, des Firmennamens, der Gründung und des Mindestkapitals.
Weniger Konkursanmeldungen
Doch was droht einem Unternehmen, wenn es nicht alle Organe der Rechtsform einhält oder seine laufenden Rechnungen nicht mehr tilgen kann? Die Folge ist meistens eine Insolvenz- oder Konkursanmeldung. Während die Anzahl Unternehmen in der Region Schaffhausen weiter zunimmt, ist im vergangenen Jahr die Anzahl Konkurse gesunken. 2017 wurden im Kanton 68 Firmenkonkurse angemeldet – 2016 waren es noch 77. Schweizweit waren es 15 269 – 2012 davon sogenannte «Auflösungen» aufgrund von Verletzungen der Rechtsform.
Grenzgänger: In Schaffhausen fast nur Deutsche
Zehn Prozent sind Grenzgänger
Wirft man einen Blick auf die Stelleninserate im Kanton Schaffhausen, offenbart sich ein ähnliches Bild. Ungefähr jede dritte Annonce ist eine Stellenausschreibung im Gesundheitswesen. Auffallend ist: Vor allem Kaderpositionen werden angeboten.
In allen 48 Gemeinden des SN-Verteilgebiets sind Grenzgänger eingestellt (siehe Gemeindeseite vom 31. März 2017) – gar jeder zehnte Arbeitsplatz ist mit ihnen besetzt. 98 Prozent davon sind Deutsche. Die Gemeinden, welche direkt an der deutschen Grenze liegen, erreichen auch die höchsten Werte. Spitzenreiter waren im Jahr 2017 die Gemeinden Trasadingen (26 Prozent aller Arbeitsstellen sind von Grenzgängern besetzt), Ramsen (24 Prozent) und Rheinau (22 Prozent). Insgesamt arbeiten rund 5000 Personen in Schaffhausen, die zwar im Ausland wohnen, aber bei uns arbeiten.
6,3 %
aller Arbeitnehmer in der Schweiz sind Grenzgänger. Dabei handelt es sich um rund 319 000 Menschen. Die meisten – knapp 55 Prozent – stammen aus Frankreich.
Ein Vergleich mit der Schweiz
Von den 5,081 Millionen Erwerbstätigen in der Schweiz sind gemäss dem Bundesamt für Statistik rund 319 000 Menschen Grenzgänger (6,3 Prozent). Die meisten sind Franzosen (rund 55 Prozent), gefolgt von Italienern (22,6 Prozent) und Deutschen (19,3 Prozent). Es sind auch Nichtnachbarstaaten vertreten: Knapp 1000 Grenzgänger stammen aus Polen, Ungarn, Belgien, Grossbritannien oder der Slowakei.
Bei 64 Prozent handelt es sich um Männer. Die meisten sind zwischen 25 und 54 Jahre alt. Über 40 Prozent von ihnen arbeiten im Bereich Verarbeitendes Gewerbe und Herstellung von Waren und im Bereich Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen. Somit sind die Grenzgänger sowohl im sekundären als auch im tertiären Wirtschaftssektor vertreten. (ssc)
«Der Kanton ist wirtschaftlich stark»

Die Wirtschaftsförderung unterstützt die in der Region Schaffhausen ansässigen Unternehmen und wagt mit ihnen den Schritt in die Digitalisierung.
Herr Schärrer, was macht die Region Schaffhausen als Unternehmensstandort attraktiv?
Christoph Schärrer: Schaffhausen überzeugt mit einer hohen Lebensqualität zu bezahlbaren Kosten für Privatpersonen, einem attraktiven Kostenmix aus Büromieten, Personalkosten und Steuern in Kombination mit kurzen Entscheidungswegen für Unternehmen. Der schnelle Zugang zu Behörden und anderen Unternehmen ist ein Vorteil. Das gilt auch für die Erreichbarkeit internationaler Märkte und Kunden. Die Lage als Angelpunkt zwischen Zürich, Basel und Stuttgart eröffnet für die Rekrutierung der nötigen Fachkräfte wichtige Möglichkeiten.
Wo liegen die Schwächen? Und wie können sie ausgemerzt werden?
Schaffhausen gilt im internationalen Vergleich nicht automatisch als Wirtschaftsmetropole. Es bedarf einer grösseren Anstrengung, um unsere Vorzüge bekannt zu machen. Vielen ist nicht bewusst, welche führenden Firmen in Schaffhausen ansässig sind. Gerade im Zeitalter der Digitalisierung dürfen wir uns nicht verstecken. Projekte wie zum Beispiel die Schaffhauser eID+ oder der selbstfahrende Bus ziehen weltweites Interesse nach sich.
Wie schneidet der Wirtschaftsstandort Schaffhausen im nationalen Vergleich ab?
Unser Kanton ist gemessen an seiner Grösse wirtschaftlich überdurchschnittlich stark. Er weist die fünfthöchste Wirtschaftsleistung pro Einwohner auf und liegt damit über dem Schweizer Durchschnitt. Schaffhausen hat sich von einem reinen Industriestandort zu einem modernen Unternehmensstandort entwickelt. Viele Industriefirmen haben sich auf Hightechunternehmen spezialisiert. Das ist eine gute Ausgangslage, um das Internet-of-Things-Zeitalter zu meistern und mitzugestalten.
Die Digitalisierung ist für die Schaffhauser Wirtschaftsförderung ein zentrales Thema. Wie können sich Unternehmen digitalisieren?
Mit unserer Tätigkeit im Rahmen der Innovations- und Technologieförderung stehen wir Unternehmen zusammen mit dem ITS Industrie- und Technozentrum zur Seite. Mit Informationsveranstaltungen im Rahmen des KMU Wirtschaftsforums machen wir Fragen rund um die Digitalisierung zum Thema, um Unternehmen zu ermutigen, sich jetzt aktiv damit auseinanderzusetzen.
Welche unternehmerischen Neuheiten sind derzeit in der Region anzutreffen?
Neuhausen am Rheinfall war vor 150 Jahren die Wiege der Schweizer Eisenbahnindustrie. Mit dem Projekt des selbstfahrenden Busses wird an diese Tradition angeschlossen. Am neu gegründeten Swiss Transit Lab auf dem SIG-Areal wird weiter an der digitalen Zukunft der Mobilität gearbeitet. Hier sollen hiesige Unternehmen zusammen mit neuen Firmen aus dem Ausland Lösungen «made in Schaffhausen» für die Welt erarbeiten. Mit dem Projekt der Schaffhauser eID+ wird das Ziel verfolgt, bereits frühzeitig Erfahrungen im Umgang mit digitalen Identitäten und Blockchain-Technologien zu gewinnen. Damit geht der Kanton Schaffhausen als erster Kanton in der Schweiz einen Schritt weiter und schafft die Voraussetzungen, dass die traditionellen Prozesse mit umfassenden zeit- und kostengünstigen E-Government-Lösungen ergänzt werden können.
Interview: Serena Schelling