Champions League: Spitzenfussball oder reine Kommerzveranstaltung?

Schaffhauser Nachrichten | 
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Heute starten die Halbfinals der Uefa Champions League. Doch bietet die hoch dotierte Liga einfach allerbestes Fussball­spektakel, oder ist sie ein rein kommerzielles Gebilde?

Pro

Von Luc Müller, Redaktor Klettgau/Reiat

Diese Woche reagiert bei mir König Fussball. Heute steht in der Uefa Champions League das Halb­final-Hinspiel Liverpool gegen die AS Roma auf dem Programm – morgen Abend schaue ich gebannt zu, wenn sich der FC Bayern München mit den Königlichen aus Madrid duelliert. Ein Leckerbissen!

Zugegeben: Auch im Fussball ist die Vermarktungsmaschinerie in den vergangenen Jahren gigantischer geworden. In der Saison 1991/1992 spielten letztmals nur die Meister der jeweiligen Ligen gegeneinander. Ab 1999/2000 sind nun aus den grossen Ligen wie England, Deutschland oder Spanien sogar bis zu vier Vertreter dabei. Das Fussballgeschäft unterliegt den Regeln der freien Marktwirtschaft: Die Uefa hat die Fernsehrechte an den Meistbietenden verkauft. Die Bezahl­sender haben das Rennen gemacht. Heisst: Ab nächster Saison 2018/2019 ist im Schweizer Fernsehen nur noch ein Champions- League-Spiel pro Runde zu sehen. In Deutschland im ZDF oder in Österreich im ORF gar keines mehr.

Mich als Fan stört das nicht: Im Internet kann ich mir ein Abo für rund 14 Franken im Monat bestellen und so fast alle Spiele der Champions League live anschauen – und zusätzlich noch tolle Parteien aus England, Spanien und Deutschland.

Übrigens: Kostenlos waren die Spiele auch bisher bei SRF nicht, über meine Billag-Gebühren wurden sie mitfinanziert. Nun ist das Angebot immer kleiner und für mich als Fan unattraktiv geworden.

Die Bezahlsender bieten für ihr Geld viel: tolle Kameraführung, hautnahe Bilder vom Spielfeld und Expertenrunden mit wirklichen Fachleuten sowie eine grosse Auswahl an Spielen. Genau das will ich sehen, und genau dafür zahle ich gerne.

Die der Uefa bezahlten Beträge für die Fernsehrechte kommen auch den Clubs der Champions League zugute. In der Gruppenphase erhalten die Teams für einen Sieg 1,5 Millionen Euro. Der FC Basel hat jahrelang von diesen Einnahmen profitiert. Die Gelder hat der Club am Rheinknie in gute Spieler aus dem Ausland investiert, was für viel Spektakel in den Schweizer Stadien gesorgt hat. So hatte auch der Fan etwas davon.

Übrigens: Wer weiterhin die Champions-League-Spiele kostenlos im TV sehen will, kann das natürlich, und erst noch in geselliger Runde unter Fussballfans. Denn viele Sportsbars oder Fussball- kneipen zeigen die Übertragungen der Bezahlsender kostenlos. Dabei gleichzeitig mit Fans fachsimpeln und ein Bier trinken: Für mich als Fussballfan gibt es nichts Schöneres.

Contra

Von Mark Gasser, Redaktor Weinland/Rafzerfeld

«Zu viel Fernsehen macht den Fussball kaputt!» Der damalige Uefa-Generalsekretär Gerhard Aigner nannte im Grundsatz bereits 1991 das Problem beim Namen, als er im «Kicker» seinem Ärger Luft machte – vermeintlich im Interesse des Fussballs in den nationalen Ligen. Doch die Uefa fürchtete nicht die Kommerzialisierung des Fussballs. Vielmehr wollte sie sich selbst die Honigtöpfe, welche sich im Fernsehgeschäft anbahnten, krallen. Logische Folge: Ab der Gründung der Champions League 1992 vermarktete sie die Uefa selbst.

Und das sehr lukrativ: Mit den Bild­rechten kann viel Kohle gemacht werden – für die Uefa, aber auch für die Clubs. Die Prämien werden nicht nur anhand der Resultate, sondern auch der nationalen TV-Märkte sowie der Anzahl der absolvierten Spiele der Teams eines Landes ermittelt. Schön für den FC Bayern: Nebst den jeweils 6 bis 7,5 Millionen Euro fürs Erreichen des Achtel-, Viertel- und Halbfinals (11 bis 15,5 Mio. gäbe es im Final) streicht der Club auch dank dem frühen Ausscheiden anderer deutscher Vereine anteilmässig hohe Prämien aus dem deutschen Marktpool der Uefa ein.

Auch die TV-Einnahmen aus den nationalen Märkten explodieren: So nahm in der Premier League, wo die meisten TV-Gelder fliessen, Chelsea in der Meistersaison 2016/17 rund 173 Millionen Euro ein, 60 Millionen mehr als Vorgänger Leicester ein Jahr zuvor. Fussball gucken wird so immer teurer. Die finanzielle Schmerzgrenze für den TV-Zuschauer ist aber offenbar noch nicht erreicht.

Ein Zeichen gegen diesen Prämienwahnsinn, bei dem bald nur noch wenige Pay-TV-Sender sich die Rechte kaufen und nur wenige Teams viel verdienen, müsste die Uefa setzen. Denn die Champions ­League ist nur die Spitze des Eisbergs. Auch dank den TV- und den Spielprämien werden mit irrwitzigen Transfersummen die besten Spieler unter den reichsten Clubs herumgereicht. Kurzum: In der Champions League wird in den letzten Runden zu viel Geld verteilt. Dort, wo einige Clubs, die oft erst mit fragwürdigen Methoden und Mäzenen überhaupt erst reich wurden, ein Dauerabo haben. Und das wiederum vergrössert die Kluft in den nationalen Ligen, die zu Zweiklassengesellschaften werden. Auch wenn ich selbst gern Champions-League-Spiele sehe: Sie sind nicht 3,3-mal so viel wert wie Europa-League-Spiele. Dies suggeriert aber der Verteilschlüssel der Uefa. Ich würde mir mehr Regulierung und mehr Demokratie bei der Verteilung der Gelder wünschen. Je höher aber die Prämien für die letzten Verbliebenen sind, desto mehr wird der Fussball zum Einheitsbrei.

Kommentare (1)

Loris Vetter Do 26.04.2018 - 20:03

Die CHF 14.00 würde ich ja auch bezahlen. Nur finde ich kein passendes Angebot. Was ist das für ein Anbieter?

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