Sollten alle Spiele der Champions League im Schweizer Fernsehen gezeigt werden?
Heute Abend spielen die Berner Young Boys in der Champions League. Auf SRF ist das Spiel aber nicht zu sehen. Eine Katastrophe für Fussballfans oder eine logische Folge der Kommerzialisierung?
Pro
Von Hans Christoph Steinemann, Sportredaktor
Wenn heute Abend um 19 Uhr die Young Boys in der Uefa-Champions-League Valencia empfangen, dann schauen viele der Schweizer TV-Sportfans in die Röhre. Für den Fussballfan ist das übel. Es betrifft all jene, die kein Pay-TV-Angebot von Teleclub besitzen oder sich als Kunden von Swisscom- oder Sunrise-TV den Match im Pay-per-View nicht einzeln für fünf Franken kaufen können, jetzt zum zweiten Mal. Denn nur über diese Kanäle sind seit diesem Herbst die Dienstagsspiele der Königsklasse zu sehen (heute zum Beispiel auch AEK Athen vs. Bayern München). Der Schweizer Meister spielt in der Gruppenphase je dreimal am Dienstag und dreimal am Mittwoch. Das öffentlich-rechtliche Schweizer Fernsehen (SRF) hat sich nur noch die Rechte für die Mittwochspiele sichern können.
Immerhin das, werden sich die Sportkonsumenten, die sich kein Teleclub-Abo leisten wollen oder können, sagen. Denn in öffentlich-rechlichen Sendern in Österreich (ORF) waren schon letzte Saison keine Bilder mehr von Champions-League-Spielen zu sehen, und in Deutschland (ZDF) überträgt jetzt auch nur noch der Pay-TV-Sender Sky. War es seit 1992/93 und der Gründung der Champions League (und zuvor seit 1955/56 im Europacup der Landesmeister) selbstverständlich, dass Bilder ohne Zusatzbezahlung ausgestrahlt werden, so ist es mit dieser schönen Tradition nun leider fast zu Ende. Und Fernsehen ist ja, mit oder ohne Fussball, eh nicht gratis zu haben ist, im Gegenteil: Je nach Anbieter kostet das schon einen rechten Batzen pro Monat, hinzu kommt die pro Haushalt jährlich zu entrichtende Billag-Gebühr (bis Ende 2018 451.50, ab 2019 365 Franken). Das ist nicht wenig.
Der Fussballfan als TV-Konsument fragt sich mit Fug und Recht, warum nicht zumindest alle Spiele des Schweizer Meisters im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu sehen sind. Die sechs YB-Spiele müssten im SRF-Grundangebot enthalten und auch zu finanzieren sein, wie es bisher mit dem FCB möglich war.
An der bitteren Tatsache, dass die teuren Rechte seit dieser Saison fix bei Teleclub (mit der mehrheitlich dem Bund gehörenden Swisscom dahinter) liegen, ist über die nächsten Jahre wohl nicht mehr zu rütteln. Den totalen Fans der Königsklasse bleibt also nichts anderes übrig, als für 30 Franken im Monat (über Swisscom-TV) oder 55.70 Franken (über Sasag) das Teleclub-Paket zu kaufen. Sonst müssen sie heute bis um Mitternacht warten, bis das SRF Bilder von YB vs. Valencia zeigen darf … Schade ist das allemal.
Contra
Von Daniel Jung, Redaktor Stadt Schaffhausen
Das Unterhaltungsangebot ist heute so gross wie nie zuvor. Gerade was Fernsehsendungen angeht, gab es noch nie so viele Inhalte von so hoher Qualität. Fernsehbilder waren noch nie so kontrastreich und hochauflösend wie heute. Die Auswahl ist riesig: Im Basisangebot der Sasag stehen 194 Sender zur Verfügung.
Gleichzeitig ist Fernsehen auch etwas kompliziert und teuer geworden. Manche vieldiskutierte Serie kommt gar nicht ins deutschsprachige Fernsehen. Streaming-Anbieter verlangen monatliche Abokosten. Das günstigste Netflix-Abo liegt bei 12 Franken. Teurer ist der Sport: Teleclub Sport, gemäss Werbung «das grösste Sportangebot der Schweiz», kostet 30 Franken im Monat.
Und nur dort kann man seit dieser Saison an jedem Champions-League-Abend die wichtigsten Fussballspiele sehen. Im SRF, wo das bis zum letzten Final möglich war, wird nur noch am Mittwoch ein Spiel gezeigt. Wenn, wie in dieser Woche, das Spiel mit Schweizer Beteiligung am Dienstag stattfindet, stehen viele Fans im Abseits.
Die Schweizer waren bisher verwöhnt: Das SRF hatte lange Zeit ein breites Angebot an europäischem Spitzenfussball, das in anderen Ländern schon länger kostenpflichtig war – etwa im fussballverrückten England. Dass SRF als Sublizenznehmer von Teleclub noch ein Mittwochspiel zeigt, ist im internationalen Vergleich grosszügig.
Im Hintergrund stehen die steigenden Lizenzgebühren, mit denen die Uefa in den letzten Jahren viel Geld verdient hat. In der Saison 2016/17 lagen diese bei 1,7 Milliarden Euro, fast eine Verdopplung seit der Saison 2010/11. Das SRF hatte während vieler Jahre teure Lizenzen erworben. Dass aber ein primär gebührenfinanzierter Sender irgendwann aussteigt, ist verständlich.
Rund um die No-Billag-Abstimmung vom 4. März waren die Kosten des SRF ein zentraler Streitpunkt. Als politisch geschickte Massnahme wurde noch vor der Abstimmung eine Senkung der Empfangsgebühr angekündigt. Dass damit Sparmassnahmen nötig sind, war klar. Und dass nun bei der Champions League gespart wird, ist richtig: Das Spitzenfussballangebot mit einigen der bestbezahlten Sportlern der Welt gehört sicher nicht zum Kernauftrag der SRG. Auch Private können dies gut abdecken.
Ob der Spitzenfussball langfristig im Pay-TV bleiben wird, hängt wohl davon ab, wie viele Schweizer nun wirklich ein Teleclub-Abo lösen. Mindestens bis 2021 hat sich der Sender die Übertragungsrechte für die Schweiz aber schon gesichert.