Bis zum Sommersaisonstart am 1. März bleiben die «Sittich»-Schirme am Schärme
Vor dem Restaurant US-MEX am Fischmarkt in Schaffhausen erregten die sehr grossen Sonnenschirme Aufmerksamkeit. Eine Kleine Anfrage aus der FDP an den Stadtrat spricht sogar von einer «Verschandelung» der historischen Fassade des Hauses zum Sittich. Gestern wurden die Schirme nun abgebaut und ins Lager nach Frauenfeld verbracht. Am 1. März dürfen sie wieder aufgestellt werden.
«Zu den monströsen Schirmen vor dem ‹Sittich› möchte ich mich gerne äussern. Ich finde diese Schirme masslos überdimensioniert für den Sonnenschutz vor einer Nordfassade.» Dies schrieb Christoph Hauser unlängst in einem Brief an die Redaktion der «Schaffhauser Nachrichten». Und FDP-Grossstadtrat Stephan Schlatter reichte am 25. Januar eine Kleine Anfrage an den Stadtrat ein. Unter dem Titel «Verschandelung der historischen Fassade beim Haus zum Sittich» werden darin Fragen gestellt wie: «Hat der Stadtrat tatsächlich eine Bewilligung für derart monströse Sonnenschirme erteilt?» Und: «War sich der der Stadtrat bewusst, wie gross und dominant die Sonnenschirme vor dem Haus zum Sittich werden?»
Stadtrat erteilte die Baubewilligung
Baureferentin Katrin Bernath sagt: «Die Baubewilligung für das Erstellen der zwei Sonnenschirme mit den entsprechenden Bodenhülsen hat der Gesamtstadtrat erteilt.» Über Details des Bewilligungsverfahrens äussert sie sich nicht, und zwar mit Verweis auf die oben erwähnte Kleine Anfrage, denn: «Durch die nun eingegangene Kleine Anfrage sind die mit den Sonnenschirmen verbundenen Fragen ein Geschäft, das beim Stadtrat pendent ist, und ich kann aus diesem Grund nicht mehr dazu sagen.» Der Stadtrat werde zu gegebener Zeit schriftlich zuhanden des Parlaments antworten.
Der Bereichsleiter Sicherheit und Öffentlicher Raum, Romeo Bettini, sagt: «Aufgrund von negativen Reaktionen aus der Bevölkerung haben wir jetzt neue Auflagen erlassen.» Und deshalb dürfen die Schirme jetzt bis zum 1. März nicht mehr da stehen, und das sei den Betreibern des Restaurants so mitgeteilt worden. Dann aber beginnt die Sommersaison.
Und tatsächlich: Gestern, kurz vor 15 Uhr,waren Andy Jägli und Robert Luchmann von der Firma 2B-Visions AG, die das Restaurant US-MEX betreibt, dabei, die Riesenschirme abzumontieren und in einen Lastwagen zu verfrachten. Bis zum Beginn der Sommersaison am 1. März werden die vor dem Restaurant US-MEX befindlichen Stühle nun ohne Dach auf der Strasse stehen.
«Die Schirme kommen von einem Schweizer Produzenten und sind die schönsten Modelle in seinem Sortiment.»
Markus Ritzinger, CEO 2B-Visions AG
Wenig begeistert vom vorübergehenden Abbau ist allerdings Markus Ritzinger, CEO der 2B-Visions AG: «Wir haben alles nach Vorschrift gemacht», sagt er. Das eingereichte Baugesuch sei mit Illustrationen versehen gewesen, wie das aussehen werde. «Das Projekt wurde bewilligt, wir haben die Schirme gekauft und aufgestellt.» Er habe das Gefühl, eine sehr gute Lösung präsentiert zu haben, und zwar in Absprache mit den Behörden. «Gemeinsam haben wir zum Beispiel die Farben ausgewählt. Die Schirme kommen von einem Schweizer Produzenten, und sie sind die schönsten Modelle in seinem Sortiment.» Ritzinger spricht von einer «wertigen Lösung».
Katrin Bernath sagt: «Die Reaktionen kamen, weil jetzt im Winter diese Schirme sozusagen ohne Zweck vor dem ‹Sittich› stehen.» Im Sommer, wenn Leute darunter sässen, meint die Baureferentin, wäre es nicht zu derart negativen Äusserungen gekommen.
Ins gleiche Horn stösst auch Flurina Pescatore von der Kantonalen Denkmalpflege. «Die Dimensionen der Schirme haben uns schon verblüfft. Das ist sicher an der oberen Grenze. Vor allem jetzt im Winter wirken sie sehr dominant.» Aber die Denkmalpflege habe keine Fundamentalopposition betrieben. «Zwischen dem Ermöglichen und dem Einschränken verläuft oft ein schmaler Grat», sagt Flurina Pescatore weiter und umreisst die Strategie hinsichtlich Sonnenschirmen in der Altstadt so: «Die Stadt will vor den Restaurants einfache, gleichfarbige Schirme haben und keine Werbeschirme.»
Tische ohne schützende Schirme
Markus Ritzinger hat sich mit den neuen Auflagen abgefunden. «Andere Länder, andere Sitten», sagt er nur und betont, dass die Behörden an den anderen Standorten seiner Restaurants, in Weinfelden und Frauenfeld, anders vorgehen würden. «Dort ist man daran interessiert, dass die Szenerie auch im Winter belebt wird.» Noch einmal Romeo Bettini: «Auch wenn die Schirme jetzt weg sind, die Tische dürfen draussen bleiben.»
Wie es dann im nächsten Herbst aussieht, ob die Schirme den Winter über stehen bleiben dürfen, das bleibt bis dann offen. Die Fläche, die vom Restaurant US-MEX bewirtschaftet wird, beträgt sieben auf elf Meter und, wenn Marktbetrieb herrscht, fünf auf elf Meter. Und zwar mit Schirmen oder ohne.