In Beringen sind die Vögel in besten Händen

Luc Müller | 
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Dieser kleine Hausrotschwanz geniesst derzeit die liebevolle Betreuung in der Vogelpflegestation in Beringen.Bild Luc Müller

Kranke, schwache Jungvögel werden in Beringen wieder aufgepäppelt. Aktuell ist die Vogelpflegestation sehr voll.

Im oberen Stock piepst es. Flügelschläge sind zu hören und ein Krächzen. In der Vogelpflegestation Beringen herrscht Hochbetrieb. Von April bis August brüten viele Vögel. Öfter kommt es vor, dass die Jungvögel ihr Nest zu früh verlassen und hilflos auf dem Boden liegen bleiben. Oder sich bei den ersten Flugversuchen verletzen. Dann kommt Vreni Homberger ins Spiel – die kleine Frau mit dem grossen Herzen für Tiere. Schon seit 35 Jahren kümmert sich die 74-Jährige um kranke und verletzte Wildtiere – vor allem um Vögel. Bis vor Kurzem hat sie die Vögelchen liebevoll bei sich zu Hause aufgepäppelt: «Als die Kinder aus dem Haus ausgeflogen waren, sind die Tiere eingezogen.»

Abbruchhaus aufgemöbelt

Nun ist aus dem privatem Engagement der Verein Vogel- und Wildtierpflege Schaffhausen entstanden, der die Vogelpflegestation in Beringen betreut. Der Kanton hat mit dem Verein eine Leistungsvereinbarung getroffen. Vier feste Mitarbeiter, aber vor allem Freiwillige wie Vreni Homberger leisten viele Stunden, damit der Betrieb läuft.

Seit diesem Jahr ist die Vogelpflegestation in Beringen im ehemaligen Bienenhaus, direkt neben dem Restaurant Bahnhof gelegen, einquartiert. Im Abbruchhaus hielt zuvor die Feuerwehr ihre Übungen ab – nun hat die Gemeinde das Häuschen der Vogel- und Wildtierpflege Schaffhausen vorerst bis Ende 2018 zur Nutzung übergeben. Der Verein hat das Haus im Innern zurechtgemacht. Die pflegebedürftigen Vögel sind im oberen Stock untergebracht. Rund 52 Piepmätze sind derzeit auf Hilfe angewiesen.

Die filigranen Tierchen hocken in mit weichem Material ausgepolsterten Schachteln. Ein Blick hinein, schon reissen die kleinen Blaumeisen, Tannenmeisen, Spatzen und Gartenrotschwänze gierig ihre kleinen Münder auf. «Ich füttere die Tiere fast stündlich», erzählt die ausgebildete Tierärztin Vreni Homberger. Mit Drohnen aus Bienenwaben, die wie Maden aussehen. Dazu stehen auch Grillen und ­Insekten auf dem Speiseplan. «Für die Grünfinken mache ich einen Körnerbrei und forme diesen zu Kügelchen, die ich mit der Pinzette verfüttere.» Ihre Arbeit erfordert viel Fingerspitzengefühl. Um ein gebrochenes Füsschen eines Vogels zu stabilisieren, schneidet sie den Schaft der Feder auf und legt diesen um den wenige Millimeter dicken Fuss des Vogels.

Nest aus dem Galgenbucktunnel

Zu jedem ihrer gefiederten Patienten gibt es eine spezielle Krankengeschichte. Noch ist die Hitze kein Pro­blem: In anderen Jahren haben aber viele junge Mauersegler ihr Nest fluchtartig verlassen, weil ihnen unter den Dächern zu heiss wurde. Die kleinen Hausrotschwänze, die aus der Kiste ­äugen, sind aus einem Nest im Galgenbucktunnel, der im Bau ist. Diese hat ein Arbeiter vor einer Tunnelsprengung hierher in Sicherheit gebracht.

Die Dohlen, die im Käfig flattern, sind unter dem Obertorturm in der Stadt Schaffhausen aufgelesen worden. Die Dohlen nisten im Turm. Aktuell seien die Altvögel mit ihrem Nachwuchs schon ausgezogen. «Nachts schlafen die Tiere noch im Turm. Wir werden unsere Dohlen am Morgen beim Turm freilassen, damit sie sich ihren Artgenossen anschliessen können», so Homberger. Sobald die Vögel selbst fressen und gesund sind, werden sie freigelassen. Zuvor kommen sie in Volieren, die vor der Vogelpflegestation stehen. Hier trainieren die Vögel vor dem Flug in die Freiheit ihre Flügel.

«Die Vogeljungen darf man ruhig anfassen», sagt Homberger, «und wenn man weiss, aus welchem Nest sie gefallen sind, sollten sie dort ­wieder platziert werden.» Ansonsten können Finder die Vögelchen in einer ausgepolsterten Schachtel zur Vogelpflegestation Beringen bringen. Diese ist täglich von 8 bis 11.30 Uhr und von 14 bis 18 Uhr geöffnet und unter der Telefonnummer 077 414 78 24 zu erreichen. Notfalls könne man Vogel für eine Nacht ruhig nach Hause nehmen. «Den Schnabel der Tierchen sollte man dann mit Wasser befeuchten», rät Homberger.

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