Bildungsstätte mit Zukunft? Antworten zum Schulstart in Schaffhausen

Stabile Rahmenbedingungen, moderne Infrastruktur und politische Priorität. Bildung gelingt dort, wo Schule als Gemeinschaft gedacht wird: zwischen Lehrpersonen, Eltern, Behörden und Wirtschaft. Katrin Huber, Stabsleiterin des Bildungsreferats, erklärt, wie Schaffhausen Schule neu denkt.
Am 11. August läuten in Schaffhausen die Schulglocken zum neuen Schuljahr. Damit Kinder und Jugendliche nicht nur gut auf Prüfungen, sondern auch auf ein Leben in einer sich ständig verändernden Welt vorbereitet sind, braucht es heute mehr als Schulbücher und Noten. Katrin Huber erklärt, was Bildung heute ausmacht.
Starke Zusammenarbeit und gute Planung
«Für das Schulamt beginnt die Planung bereits im Herbst des Vorjahres mit der eigentlichen Klassenplanung», sagt sie. Gute Planung sei das A und O – und in diesem Jahr gut gelungen: «Die offenen Pensen konnten praktisch vollständig besetzt werden. Das heisst, vor jeder Klasse steht am Montag eine Lehrperson – und auch die Schulleitungsstellen sind nun per 1. August alle besetzt.» Mit den Schulleitungen im Lead laufe auch die Personalbetreuung deutlich besser.
Begeistertes Schulpersonal und Teamwork
Früher seien Lehrpersonen, besonders in der Primarschule, oft Allrounder und Einzelkämpfer gewesen, heute brauche es vermehrt Teamarbeit, sagt Huber. Die heutigen Lehrerteams bestehen nicht nur aus erfahrenen Lehrpersonen, sondern auch aus Quereinsteigern sowie Absolventinnen der Pädagogischen Hochschule, Heilpädagogen, Schulassistenzen und Schulsozialarbeiterinnen – alle mit unterschiedlichen Schwerpunkten.

«Es braucht Menschen mit Begeisterung und Mut zur Veränderung, denen echte Wertschätzung entgegengebracht wird.» Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, sei ein starkes Netzwerk unerlässlich. Herausfordernd bleibe jedoch insbesondere die Betreuung von Klein- und Sonderklassen, da es weiterhin an Lehrpersonen mit heilpädagogischer Ausbildung fehle.
Gute Rahmenbedingungen durch pädagogisches Grundangebot
Gerade wenn Lehrpersonen fehlen, bieten Assistenzen zur Unterstützung wichtige helfende Hände. Eine Vorlage zur definitiven Einführung von Schulassistenzen liegt derzeit beim Stadtparlament. «Es wird nach dem Pilotbetrieb praktisch eine Verdoppelung der Ressourcen beantragt – ich bin gespannt, wie das Parlament und nachher das Volk entscheiden werden», so Huber.
«Wenn die Babyboomer in Pension gehen, fehlen trotz stabiler Geburtenrate Hunderte Fachkräfte in allen Bereichen.»
Zudem strebt die Stadt ein sogenanntes «pädagogisches Grundangebot» an, mit dem Ziel, von einem «Ich und meine Klasse» zu einem «Wir als Schule» zu kommen. Dafür brauche es ein Umdenken in der Schule, vor allem aber bei politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern. «Viele Lehrpersonen arbeiten bereits heute so, aber wir müssen diese Haltung strukturell verankern.»
Individuelles Lernen und Chancengerechtigkeit
Huber ist überzeugt, dass Schule mit Frontalunterricht wie vor 30 Jahren, heute nicht mehr funktioniert. Idealerweise sollen Kinder individuell gefördert werden und in ihrem eigenen Tempo arbeiten und lernen können.
Schaffhausen arbeite seit Jahren daran, Chancengerechtigkeit zu erhöhen; besonders für Kinder aus sozial oder sprachlich benachteiligten Familien. «Um das zu ermöglichen, arbeiten wir eng mit der Fachstelle Frühe Kindheit zusammen», sagt Huber.
Gerade benachteiligte Kinder sollen möglichst gut auf die Einschulung vorbereitet werden. «Je früher man Kinder abholt, desto grösser ist die Chance auf eine erfolgreiche Schulzeit und später eine gute Integration in den Arbeitsmarkt.»
Bildung muss politische Priorität haben
«Ich war auch in der Schule, und mir hats nicht geschadet» – ein oft gehörter Satz, dem Katrin Huber mit Daten begegnet. Die Fachstelle Schulentwicklung sammelt Fakten und Studien, um die langfristigen Folgen eines überholten Schulsystems sichtbar zu machen.
«Konstante Vergleiche und Falschinformationen beeinflussen Kinder und Jugendliche enorm.»
«Wenn die Babyboomer in Pension gehen, fehlen trotz stabiler Geburtenrate Hunderte Fachkräfte in allen Bereichen», warnt Huber. «Wir müssen jetzt reagieren und in der Schule Sorge tragen, sonst steuern wir auf eine Sackgasse zu: Das Ziel muss sein, eine gute Schule für die Zukunft der Kinder zu etablieren, um junge Menschen in den Arbeitsmarkt zu bringen, nicht in die Sozialhilfe.»
Zeitgemässe Inhalte und Kompetenzen
Neben Struktur und Personal braucht Bildung auch neue Inhalte. Kinder müssen sich sicher, kritisch und kreativ im digitalen Raum bewegen können. Zukunftskompetenzen wie Kommunikation, Teamarbeit, Selbstorganisation und Problemlösungsfähigkeit gehören genauso dazu wie klassisches Fachwissen.
Den Umgang mit künstlicher Intelligenz und sozialen Medien beurteilt Huber als herausfordernd: «Konstante Vergleiche und Falschinformationen beeinflussen Kinder und Jugendliche enorm.» Die Schule könne hier zwar unterstützend wirken und einen gesunden Umgang fördern – die Verantwortung liege aber nicht allein bei ihr.
«Ich wünsche mir, dass Kinder wieder Kinder sein dürfen trotz digitaler Einflüsse», sagt Huber. «Lehrpersonen sollen sie möglichst lange begleiten dürfen, mit spannenden Themen und schönen Momenten. Damit sie mit Freude lernen, motiviert und neugierig durchs Leben zu gehen.»