«Keine Kundenerosion»: Clientis rechtfertigt Filialschliessungen und schaut nach vorne

Weniger Gewinn als im Vorjahr, dafür einen Zuwachs an Kundengeldern. Die Clientis BS Bank Schaffhausen hat in Neunkirch ihr Jahresergebnis präsentiert – und die Schalterschliessungen im Klettgau erneut verteidigt.
Der Ort der Jahresmedienkonferenz der Clientis BS Bank Schaffhausen brach – sicher nicht zufällig – mit einer langjährigen Tradition. Sie wurde nicht im «Landhaus» in der Stadt Schaffhausen abgehalten, sondern in Neunkirch im «Haus der Medizin». Eine Umstellung, die selbst beim Präsidenten des Verwaltungsrats für Verwirrung sorgte. Die Macht der Gewohnheit habe ihn zuerst in die Irre gelotst und das «Landhaus» aufsuchen lassen, entschuldigte sich Christian Heydecker, als er mit einer geringfügigen Verspätung in Neunkirch eintraf.
Nach den Filialschliessungen in Hallau, Schleitheim, Neuhausen und Beringen wollte man diese Verwirrung aber wohl für ein starkes Signal in Kauf nehmen: Die Clientis BS Bank Schaffhausen versteht sich trotz des Rückzugs aus den vier Landgemeinden weiterhin als eine im Klettgau verankerte Bank. Die letztes Jahr beschlossene Neuausrichtung, die wütende Leserbriefe und Kritik des Hallauer Finanzreferenten provoziert hatte, war denn auch ein Hauptthema des Anlasses.
«Unsere Bank hat einen guten Winterpullover an.»
Man wolle den Fokus auf die verbleibenden beiden Geschäftsstellen in Neunkirch und in Schaffhausen richten, so Heydecker. Im «Landhaus» wird gerade der Umbau des zweiten Obergeschosses vorangetrieben, welche die Bank zunächst mietet und ab 2029 kaufen will. «Es ist ein Meilenstein für unsere neue Geschäftsstellenstrategie», sagte Heydecker. Bankchef Lorenz Laich verhehlte nicht, mit der neuen Strategie einige Kunden vergrault zu haben. «Es gab vereinzelte Abgänge, das lässt sich nicht absprechen.»
Gewohnheitstier Mensch
Eine Erosion des Kundenstamms, wie sie von Kritikern vorausgesagt worden sei, habe aber nicht annähernd stattgefunden. In diesem Zusammenhang verwies Laich auf einen Zuwachs von Kundengeldern, der letztes Jahr rund 48 Millionen Franken betragen habe. Ebenfalls konnte Clientis 83,5 Millionen Franken zusätzlich an Kunden ausleihen. Das zeige, dass das Kundenvertrauen weiterhin hoch sei. Heydecker: «Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, einige tun sich leichter mit Änderungen, andere schwerer.» Irgendwann gewöhne man sich daran, die Bank sozusagen im Smartphone in der Hosentasche zu tragen. Zumal der Gang zum traditionellen Bankschalter, wenn man ehrlich sei, immer seltener vorkomme.
«Bei Bitcoin werden wir sicher nicht zu den Frontrunnern gehören.»
Im Vergleich zum Vorjahr schloss die Clientis BS Bank Schaffhausen etwas schlechter ab: Der Geschäftserfolg reduzierte sich um gut 5 Prozent und erreichte noch 7,53 Millionen Franken. Etwa gleich stark ging der Gewinn zurück: auf insgesamt 4,25 Millionen Franken. Beide Zahlen liegen noch über dem Wert von 2022. Heydecker machte für den Rückgang vor allem die Leitzinssenkungen der Schweizer Nationalbank verantwortlich, welche die Zinsmargen habe schrumpfen lassen.
Zudem bekomme man im Hypothekarbereich die Konkurrenz von Versicherungen zu spüren. Diese könnten mitunter attraktivere Konditionen anbieten, «weil sie sich die Rosinen unter den Kunden rauspicken», so Heydecker. Nicht zuletzt monierte Heydecker eine Flut an Regulierungen im Nachgang der Credit-Suisse-Pleite. Die Befürchtung sei gross, dass zunehmend auch Regionalbanken an die kurze Leine genommen würden.
Zunehmende Regulierungswut
«Dabei sollte man die Kleinen in Ruhe lassen, jedes Formular, das wir ausfüllen müssen, hält uns vom Kundenkontakt ab.» Die Bilanzsumme der Bank konnte um 4 Prozent zulegen und belief sich per Ende 2024 auf 1,57 Milliarden Franken. Das Eigenkapital beträgt neu rund 151 Millionen Franken. Das entspricht einer Eigenkapitalquote, die gut dreimal so hoch ist wie von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) vorgeschrieben. «Unsere Bank hat einen guten Winterpullover an, wir müssen nicht frieren, wenn es einmal kalt wird», kommentiert Laich.
«Wir möchten uns im Bereich der Vorsorge und Pensionsberatung weiter profilieren.»
Derzeit erwirtschaftet die Bank etwa 72 Prozent ihres Einkommens mit Zinsdifferenzgeschäften – Gelder entgegennehmen und Gelder wieder ausleihen. Obschon das im Vergleich mit anderen Regionalbanken wenig sei, wolle man die Quote weiter nach unten drücken und damit die übrigen Standbeine des Unternehmens stärken, sagte Laich. «Wir möchten uns im Bereich der Vorsorge und Pensionsberatung weiter profilieren.» Zu diesem Zweck wolle man die Beratungszentren in Neunkirch und Schaffhausen ausbauen. Überhaupt seien Beratungsleistungen für die Bank wichtiger geworden und würden in Zukunft wohl weiter an Bedeutung gewinnen.
Weniger relevant sei momentan das Thema Kryptowährungen, die bei anderen Regionalbanken, wie etwa der Thurgauer Kantonalbank, verwahrt und gehandelt werden können. Heydecker wollte in Bezug auf Bitcoin nichts ausschliessen, aber auch nichts versprechen. «Wir haben eine sehr traditionelle Kundschaft und sind hier eher vorsichtig unterwegs. Sicher werden wir nicht zu den Frontrunnern gehören.»