Hells Angels in der Region: Anwohner und Behörden sind verunsichert

Remo Wenk | 
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Im ersten Stock des Gebäudes an der Adlergasse 5 in Feuerthalen befindet sich das neue Club-Lokal der Hells Angels North Town Schaffhausen. Bild: Remo Wenk

Der Motorradclub mietet sich an der Adlergasse 5 ein. Einige Anwohner sind besorgt, andere haben keine grossen Bedenken.

Die umliegenden Anwohnerinnen und Anwohner der Adlergasse 5 in Feuerthalen haben neue prominente Nachbarn. Die Hells Angels haben im 1. Stock der Liegenschaft ihr Club-Lokal bezogen. Nun lädt der Motorrad-Club die Nachbarn zu Apéro und Grillwürsten ein. Dies geht aus einem Schreiben vor, dass die umliegenden Anwohnerinnen und Anwohner von den Hells Angel North Town Schaffhausen erhalten haben.

Die Bevölkerung soll die Chance erhalten, die Mitglieder kennenzulernen und sich mit ihnen auszutauschen. Ausserdem werden sie gebeten, den Bikern ihre Anliegen mitzuteilen. Weiter schreiben die Hells Angels, dass sie sich stets um ein angenehmes Nachbarschaftsverhältnis bemühen werden.

Anwohner haben Einzug vermutet

Solch eine Einladung erhält man nicht jeden Tag, deshalb haben sich die SN für eine Befragung der Anwohnerinnen und Anwohner aufgemacht, um den Puls der Bevölkerung zu fühlen. Alle Nachbarn wollten sich nur anonym äussern. «Ich werde an den Apéro gehen, denn ich habe noch einige Fragen und hoffe, dass ich Antworten erhalte», sagt eine Anwohnerin mit Familie. Sie werde ohne Vorurteile auf die Hells Angels zugehen. Es seien auch nur Menschen, sagt sie.

Ähnlich sieht es einige Häuser weiter aus. «Wir fürchten uns nicht», sagt eine Dame. Grundsätzlich mache sie sich keine Sorgen. Sie werde schauen, wie sich die Situation im Quartier entwickelt. «Einzig betreffend des Lärms habe ich ein wenig Bedenken.» Aber da im ganzen Quartier Tempo 30 gilt, denke sie, dass es sich in Grenzen halten wird, sagt sie.

«Ich bin gespannt auf den Nachbarn ein paar Häuser weiter», sagt der Sohn. Dieser Nachbar rufe immer wieder aus, wenn er mit seinem Töffli vorbeifahre.

«Wir sind alles andere als begeistert», sagt eine andere Nachbarin. Sie hätte zwei Töchter und mache sich Sorgen. «Ich denke nicht, dass uns die Hells Angels etwas tun werden», sagt sie. Aber sie befürchtet, dass sie verfeindete Biker anziehen könnten. Sie glaube deshalb nicht, dass es immer friedlich bleiben werde.

Eine andere Nachbarin hat ebenso Bedenken. «Wir sind hier aber nur zur Miete, im Notfall ziehen wir um.» Aber sie fühle sich ein wenig unwohl aufgrund der neuen Nachbarn. Alle Anwohnerinnen und Anwohner waren aber überrascht, wieso die Hells Angels ein Lokal mitten in einem Wohnquartier beziehen.

Hauseigentümer wusste nichts

Der Liegenschaftseigentümer Heinrich Windels war ganz überrascht. «Ich wusste gar nicht, dass die Hells Angels das Vereinslokal mieten», sagt er. Er verwalte die Liegenschaft nicht selbst, die Dr. Kurt Peyer AG übernehme die Vermietung für ihn. Diese verweist nach einer Anfrage auf den Datenschutz und gibt keine Auskunft.

«Uns sind die Hände gebunden, es handelt sich um eine Privatliegenschaft. Wir werden aber den Kontakt zu den Bikern suchen.»

Markus Strobl, Gemeindeschreiber der Gemeinde Feuerthalen

Die Gemeindeverwaltung Feuerthalen wusste bis vor wenigen Tagen auch nicht, dass sie so prominente «Einwohner» haben. «Wir wurden von Anwohnern darauf aufmerksam gemacht», sagt Markus Strobl, Gemeindeschreiber von Feuerthalen. Die Gemeinde sei ein wenig besorgt. Man habe vor allem Bedenken aufgrund des Standorts. «Die Liegenschaft befindet sich mitten in einem Wohnquartier mit vielen Familien», sagt er.

Der Lärm der Motorräder dürfte sicher für Probleme sorgen. «Ausserdem geniessen die Hells Angels nicht den besten Ruf», sagt Strobl. Ihnen seien jedoch die Hände gebunden, denn es handle sich um eine Privatliegenschaft. «Wir werden aber am Apéro anwesend sein und den Kontakt mit den Bikern suchen.»

Als Hells Angels und Bandidos in Schaffhausen aufeinandertrafen

Bei der Schaffhauser Polizei räumt man auf Anfrage ein, dass man Kenntnis vom neuen Club-Lokal ennet des Rheins hat; zur Frage, wie lange man über die Präsenz der Höllenengel schon im Bilde sei, will man sich aber nicht äussern: «Darüber machen wir aus polizeitaktischen Gründen keine Angaben», sagt Polizeisprecher Patrick Caprez.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Mitglieder des Biker-Clubs in Schaffhausen Präsenz markieren: In der ersten Mai-Woche 2023 machten Gerüchte die Runde, dass es am Wochenende zu einem Aufmarsch von zwei verfeindeten Clubs in der Region komme. Damals waren in der Altstadt dann tatsächlich Biker zu sehen. Die Polizei war aber offenbar vorinformiert und mit einem Grossaufgebot unterwegs. Offensichtlich befürchtete man eine Konfrontation zwischen den Bandidos, welche in der Schweiz Fuss fassen wollen, und den Hells Angels, welche die Schweiz als ihr Territorium betrachten.

Der Aufregung zum Trotz kam es nicht zur Gewalt: Das Treffen war gemäss damaligen Polizeiangaben zwar «laut, aber friedlich». Dennoch fanden Durchsuchungen statt, dabei wurde ein Mann festgenommen, der zwei Pistolen sowie ein Messer auf sich getragen hatte. Mediensprecher Patrick Caprez sagte damals gegenüber den SN: «Es gab keinen Hinweis darauf, dass die Bevölkerung in irgendeiner Art und Weise gefährdet war.»

In der Vergangenheit ist es mehrfach zu Auseinandersetzungen zwischen Rockerbanden gekommen: So lieferten sich Mitglieder der Hells Angels, der Broncos und der Bandidos im Mai 2019 in Belp eine Schiesserei, fünf Personen wurden verletzt. Im Mai 2022 schossen verfeindete Rocker im Genfer Ausgehquartier Plainpalais um sich. (rob)

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