«Ein erster Schritt in die Selbstständigkeit» mit dem ZVV-Ferienpass

Gudrun Trautmann | 
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Wohin geht’s in den Ferien? Eine Schülergruppe läuft beim Bahnhof Dachsen am Gleis entlang. Wer nicht verreist, kann auf den ZVV-Ferienpass zurückgreifen. Bild: Gudrun Trautmann

Für 25 Franken fünf Wochen im ganzen Kanton mit Bussen und Bahnen unterwegs sein und zusätzlich von vielen Vergünstigungen profitieren, das können Kinder ab sechs Jahren im Kanton Zürich mit dem ZVV-Ferienpass. In der Region sind Dachsen, Rafz und Stammheim Partnergemeinden.

Morgens um neun Uhr ist am Bahnhof Dachsen noch nicht viel los. Ein paar Pendler stehen am Gleis. Doch dann nähert sich eine Gruppe Jugendlicher mit schnellen Schritten. Sie alle sind potenzielle Nutzer des Ferienpasses des Zürcher Verkehrsverbundes (ZVV), der sich mit seinem Sommerangebot besonders an Kinder und Jugendliche wendet. Sie sollen zum Preis von 25 Franken in den fünf Wochen Sommerferien Busse, Bahnen, Schiffe und viele Freizeiteinrichtungen nach Herzenslust ausprobieren können.

Rekord im Coronajahr 2020

Was vor 15 Jahren als Versuch startete, hat sich offenbar zum Erfolgsprojekt entwickelt. Jedenfalls sprechen die Zahlen für sich. Cristina Maurer, Mediensprecherin des ZVV, unterlegt diese Feststellung mit Zahlen. «2008 haben wir noch über 12 000 Ferienpässe verkauft. Im Coronajahr 2020 verzeichneten wir mit knapp 31 000 verkauften ZVV-Ferienpässen einen Rekord», erklärt sie; vergangenes Jahr waren es über 27 500 verkaufte Ferienpässe.

Den Rekord während der Pandemie erklärt sie damit, dass viele Familien nicht verreisen konnten, sondern die Ferien zu Hause verbrachten. Bezogen auf die Anzahl der berechtigten Schüler im Kanton Zürich hätten demnach fast 20 Prozent aller Kinder der Primar- und Sekundarstufe von den Vorteilen des Passes profitiert, rechnet Maurer vor.

Das Ticket erlaube nicht nur die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel im Kanton Zürich; es eröffne auch den kostenlosen oder vergünstigten Eintritt zu vielen Freizeitangeboten. So zum Beispiel in 130 Badis, den Zürcher Zoo, in das Technorama in Winterthur oder einen Kinobesuch für gerade einmal zehn Franken.

«Vorzüge des ÖV aufzeigen»

Wohin zieht es die Dachsemer Schülergruppe an diesem Morgen? – Die Jugendlichen sind in Begleitung ihrer Lehrerinnen in Eile. Sie wollen das Rheinschiff nicht verpassen, haben deshalb keine Zeit für ein kurzes Interview. Aber im Grundsatz sind sich Lehrerin und Schüler einig: «Für alle, die in den Ferien nicht verreisen, ist der Ferienpass ein cooles Angebot.»

Anders als im Nachbarland Deutschland ist der öffentliche Verkehr in der Schweiz sehr gut etabliert. Dabei helfen offenbar Angebote wie der Ferienpass des ZVV. Cristina Maurer sieht in dem Ferienpass auch eine erzieherische Komponente: «Wir wollen den Kindern und Jugendlichen die Vorzüge des öffentlichen Verkehrs aufzeigen», sagt sie. «Die Ausflüge sind ein erster Schritt in die Selbstständigkeit.» Auch die teilnehmenden Partner bemühten sich um die jungen Gäste. Schliesslich seien das die Kunden der Zukunft.

Hier hakt Kurt Altenburger ein. Der Gemeindepräsident von Rafz ist nicht nur verantwortlich für Präsidiales und Bevölkerung, sondern auch in Fragen des öffentlichen Verkehrs stark involviert. «Ich befürworte das Ferien-Angebot des ZVV natürlich sehr», sagt er. «Es wird seine Wirkung nicht verfehlen, wenn die Schüler auf der Tour durch den Kanton gute Erfahrungen mit dem öffentlichen Verkehr machen und erleben, was alles möglich ist.» Auch in der Schule werde der ÖV thematisiert. Wie viele Schüler aus seiner Gemeinde den Ferienpass nutzen, kann er allerdings nicht sagen, weil der ZVV keine Detail-Auswertung anfertigt.

Unterdessen hat Marianne Ladner von der Rafzer Gemeindeverwaltung in der Badi Rafzerfeld nachgefragt, wie viele Ferienpass-Inhaber im vergangenen Jahr das Freibad kostenlos genutzt haben. Die Antwort erstaunt selbst die Gemeindeschreiberin: «Rund 200 auswärtige Kinder haben nach Schätzung der Mitarbeiter an der Freibadkasse mit dem Ferienpass freien Eintritt bekommen.» Die Einheimischen hätten ja zumeist eine Saisonkarte. Wie viele Rafzer Kinder und Jugendliche einen Ferienpass kaufen, bleibt in den Gemeinden jedoch ein Rätsel. Auch aus dem Stammer Rathaus gibt es keine andere Antwort. Man publiziere das Angebot auf der Gemeinde-Homepage; auf das Angebot habe man jedoch keinen Einfluss.

Der Ferienpass als Institution

Bei der Frage nach der Finanzierung bleibt Cristina Maurer eher vage: «In den Ferien sind viele Menschen verreist, die Stadt ist verwaist. Trotzdem wollen wir unser Angebot im öffentlichen Verkehr nicht ausdünnen. Zuverlässigkeit ist uns wichtig.» Das grössere Platzangebot könnten die Schüler und Jugendlichen nutzen. Gleiches gelte auch für die Partner. Der ZVV-Ferienpass sei zu einer Institution geworden, so Maurer. Der Vorverkauf ist angelaufen. Es gibt zwei Startpunkte für den Ferienpass: Vom 8. oder vom 15. Juli an können junge Menschen zwischen sechs und 16 Jahren fünf Wochen lang den öffentlichen Verkehr im Kanton Zürich nach Herzenslust ausprobieren. Die schlechte Nachricht für die Dachsemer Schüler: Die Rheinschifffahrt liegt leider nicht im ZVV-Gebiet.

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