Selbstversuch: So soll man in nur zwei Minuten einschlafen können

Ralph Denzel | 
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Eine Methode verspricht, binnen zwei Minuten einzuschlafen, egal was für Umstände um einen herum herrschen - ist das realistisch? Bild: Pixabay

Eine Methode der US-Navy verspricht, dass man mit ihr in unter zwei Minuten einschlafen kann. Ist das realistisch? Unser Autor hat den Test gemacht.

Der Wecker tickt unbarmherzig dem Morgen entgegen. Während Sie sich hin und her wälzen und selbst gut zureden: «Wenn ich jetzt sofort einschlafe, kriege ich ja immer noch knapp sechs Stunden Schlaf.» Mit diesem Wissen rollen Sie sich nochmal eine Stunde im Bett hin und her, ehe Sie irgendwann wenig erholsam eindösen.

Wenn Sie auf diesen Artikel geklickt haben, dann geht es Ihnen vielleicht ähnlich wie mir. Einschlafen ist irgendwo zwischen schwierig und unmöglich. Sie sind damit aber nicht alleine: Viele Menschen haben Probleme damit, schnell in den Schlaf zu finden. Darum greifen manche zu Schlafmitteln, andere trinken Tee oder versuchen sonstige Tricks – alles in der Hoffnung, endlich Besuch vom Sandmann zu bekommen.

Ich gehörte auch zu diesen Menschen und war darum auch sofort hellhörig, als ich in einem Blog von einer Methode las, die von Schülern der US-Marine-Akademie entwickelt wurde. Diese versprach Schlaf - und das innert zweier Minuten. Zu schön um wahr zu sein? Ich habe den Test gemacht.

Augen zu und durch

Liest man den Militär-Blog von Sharon Ackman zu diesem Thema, fühlt man sich zuerst wie in einem Verkaufsgespräch. Die auf Militärthemen spezialisierte Bloggerin lobt dabei die Methode in so hohen Tönen, dass man nicht nur als Journalist skeptisch wird. 96 Prozent aller Versuchsteilnehmer sollen binnen weniger als zwei Minuten eingeschlafen sein – dabei sei es egal gewesen, ob Maschinengewehre feuerten, sie vorher Kaffee getrunken haben oder gerade sassen.

Ich habe weder einen Schiessplatz neben meiner Wohnung, noch trinke ich vor dem Schlafengehen Kaffee. Dafür habe ich zwei Katzen, die bevorzugt in den Abendstunden Turn- und Gesangsübungen in meiner Wohnung vollführen. 

Die Methode wurde von Navy-Schülern entwickelt. Bild: Pixabay

Wie funktioniert nun die Methode? Um nun Schlaf zu finden, muss man sich demnach bewusst in Ruhe versetzen. Dazu sollte man jeden Muskel des Körpers entspannen, angefangen bei den Augen. Diese sind geschlossen und die Lider ganz locker. Dann muss man nacheinander jeden einzelnen Muskel im Gesicht entspannen. Was im ersten Moment schwierig klingt, fiel mir in der Praxis überraschend leicht – und offenbarte, wie die Muskeln in Gesicht eigentlich zusammenspielen.

Schwieriger wurde es für mich beim nächsten Schritt: Die Entspannung aus dem Gesicht muss nun den Körper herunter wandern. Sprich: die Schultern müssen locker werden, dann der Bizeps, der Unterarm, die Hände und so weiter. Ich gehöre zu den Menschen, die auf dem Bauch schlafen und ihren Kopf auf den Arm legen. Das hat mich am Anfang immer wieder zurückgeworfen, denn zwangsläufig spannt sich der Arm an, wenn der Kopf darauf liegt.

Ich habe daher auch ein paar Mal probiert, auf dem Rücken zu liegen – und dort klappte die Entspannung viel einfacher. Das muss aber wohl jeder für sich selbst ausmachen. Mittlerweile schaffe ich es auch, mich in meiner gewohnten Schlafposition zu entspannen.

Apropos Entspannen: Wenn der Oberkörper locker ist, geht es an die Beine, bis runter zum kleinen Zeh. Jeder Muskel im Körper muss am Ende entspannt sein, damit die Methode erfolgreich ist. Wichtig ist dabei: Man muss wirklich fokussiert auf die Muskeln sein und bewusst darauf achten, wie sie schlapp werden. Sich nicht ablenken zu lassen - auch nicht von den eigenen Gedanken - erfordert ein bisschen Übung.

Unumgänglich für eine tiefe Entspannung ist dabei auch eine gute Atemtechnik. Wirklich anspruchsvoll ist die bei der Methode allerdings nicht: Einzig tief und bewusst ein- und ausatmen muss man. Das ist alles.

Der böse Kopf

Selbst die beste Entspannung hilft jedoch nicht, wenn der Verstand weiter seine Kapriolen schlägt. Man denkt an den nächsten Tag, die Termine, die im randvollen Terminkalender stehen und an die Verpflichtungen, die man unbedingt noch erledigen sollte. Die Navy-Schüler haben dafür folgenden Trick angewandt: sich immer wieder selbst sagen «nicht nachdenken.»

Das zu lernen, war mit Abstand das Schwierigste, zumindest für mich. Auch wenn mein Körper schon gefühlt so schlapp wie eine weichgekochte Nudel war, lief mein Verstand trotzdem sehr oft noch auf Hochtouren – egal wie sehr ich mir sagte «nicht nachdenken».

Wenn der Kopf ruhig ist, klappt es sehr schnell mit dem Schlafen. Bild: Pixabay

Dann kam ich leider auch öfter wieder in den alten Teufelskreis. Ich begann nachzudenken, begann mich zu verspannen – und an Schlaf war nicht mehr zu denken.

Es brauchte viel Übung, ehe ich es schaffte «nicht nachzudenken». Diese beiden Worte wurden im Lauf meines Selbstexperimentes mein Mantra. Teils begann ich sie schon während des Einschlafprozesses aufzusagen, damit ich gar nicht erst in die Versuchung kam, wenn ich dann entspannt war, wieder mental auf Wanderschaft zu gehen.

Aller Anfang ist schwer

Auch wenn ich mich genau an die Methode gehalten habe: Meine ersten Tage mit ihr waren ein schlaftechnisches Auf- und Ab. Klappte es beim ersten Versuch fantastisch, lag ich am nächsten Tag eine gefühlte Ewigkeit im Bett und war wollte «nicht nachdenken». Nach meiner ersten Woche wollte ich den Test bereits abbrechen, denn einen Erfolg spürte ich nicht wirklich.

Ich blieb aber dran, einfach, weil ich wissen wollte, ob es funktioniert. Und siehe da: Kaum schaffte ich es wirklich «nicht nachzudenken», funktionierte es. Darum sei hier nochmal erwähnt: das Schwierigste ist wohl wirklich, den Kopf auszuschalten. Erst wenn Sie es schaffen, ihren Verstand leer zu halten, bringt auch die Entspannung etwas.

Dieses «den Kopf leer haben» ging mit der Zeit immer schneller. Heute, nach vier Wochen mit dieser Methode, sind die angepriesenen zwei Minuten absolut realistisch. Da ich selbst für diesen Selbstversuch nicht dauernd auf den Wecker geschaut habe, muss ich mich hier auf mein Gefühl verlassen, welches mir sagt: Wenn die Augen zu sind und ich anfange mich zu entspannen, bin ich binnen kurzer Zeit weg.

Als ich unter «klinischen» Bedingungen gut einschlafen konnte, wollte ich eine Stufe drauf setzen. Also begann ich, mein iPad direkt neben meinem Kopf zu positionieren und einen Film mit hoher Lautstärke zu gucken – und siehe da: Selbst das wütende Rattern von Maschinengewehren aus meinen Lautsprechern konnte meinen Schlaf nicht unterbinden – und auch die grauenhaften Gesangskünste meiner Katzen brachten mich nicht aus der Ruhe.

Fazit

96 Prozent aller Leute schlafen unter zwei Minuten ein, das war das Versprechen. Bei mir klappt es hervorragend. Allerdings darf man am Anfang keine Wunder erwarten. Wie bei vielen Dingen gilt auch hier: Übung macht den Meister. Zudem sollte man darauf gefasst sein, stellenweise frustriert zu sein - vor allem, wenn der Schlaf eben nicht wie gehofft binnen zwei Minuten kommt. Bleibt man jedoch dran und lernt, die eigenen Muskeln zu entspannen und den Kopf wenigstens für einige Momente auszuschalten, steht einem schnellen Einschlafen nichts mehr im Wege.

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