Das bessere Rauchen? Ein Erfahrungsbericht mit E-Zigaretten

Ralph Denzel | 
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Man sieht sie immer öfter: E-Zigaretten. Viele ehemals starke Raucher schwören auf die elektronischen Glimmstängel - aber sind diese wirklich eine bessere Alternative? Ein Erfahrungsbericht.

Hätten Sie sich, es reicht schon bis in die Mitte der 90er Jahre zurück zu gehen, jemals das folgende Gespräch vorstellen können?

«Kann ich mein Buch am Laptop laden?»

«Nein, ich lade gerade meine Zigarette auf.»

Willkommen im 21. Jahrhundert, in dem es fast alles elektronisch gibt – wie zum Beispiel Zigaretten und Bücher. Wie bei allen neuen Geräten, gibt es aber auch bei den beiden kontroverse Diskussionen über die Vor- und Nachteile selbiger. Während es bei Büchern hauptsächlich um das haptische Gefühl von Papier geht, liegt bei E-Zigaretten die Diskussion anders: Hier geht es schliesslich um nicht weniger als die eigene Gesundheit.

Ich gehöre seit etwas mehr als einem Monat ebenfalls zu der Fraktion der sogenannten «Dampfer», also Leute, die auf E-Zigaretten umgestiegen sind. Wie geht es mir damit und ist es vielleicht die E-Zigarette eine Alternative für Raucher?

Das erste Dampfen ist wie die erste Zigarette - schrecklich

Die erste Zigarette vergessen die meisten Raucher nicht – vor allem, weil es für viele eine schreckliche Erfahrung ist. Der Hals brennt, es schmeckt widerlich und man hustet, als wolle die Lunge aus dem Körper springen. Für einen Nichtraucher ist es spätestens jetzt schon nur wenig nachzuvollziehen, warum man dann weiterraucht, geschweige denn, warum man sich dieses unschöne Erlebnis nochmal antun sollte. Die Antwort auf die Frage ist simpel: Die Sucht nach Nikotin. Wer diese dann mit einer E-Zigarette stillen will, wird, selbst als starker Raucher, ein Déjà-vu erleben. Der erste Zug am elektronischen Glimmstängel brennt und kratzt, als hätte man noch jungfräuliche Lungen. So auch bei mir. Mein Dampferleben wäre beinahe schneller fertig gewesen als es überhaupt angefangen hatte. Dies sei aber im ersten Moment normal, so Ramona Meister, Filialleiterin des «Dampferchefs» in Schaffhausen. «Im ersten Moment kommt, vor allem bei Liquiden mit Nikotin, eine grössere Menge davon in die Lungen, als man ursprünglich gewöhnt ist. Darauf reagiert der Körper.» Ausserdem ist es auch der Dampf und deren Inhaltsstoffe für die Lunge ungewohnt, so Meister.

Eine Auswahl an E-Zigaretten und Pfeifen. Sind diese Produkte eine gesündere Alternative für Raucher? Bild: Pixabay

Es ist auch hier wie mit dem Rauchen: Der Körper muss sich erstmal daran gewöhnen. Wieder werden Nichtraucher nur den Kopf schütteln. Betrachtet man es aber wissenschaftlich, dann zieht man in diesem Moment Giftstoffe in seine Lunge. Dass diese mit dem Abwehrmechanismus «Husten» reagiert, ist dabei nur verständlich und wünschenswert – auch bei E-Zigaretten.

Geschmacklich anders

So dauerte es eine Weile, bis ich auch diesen Hustenreiz im Griff hatte und den Dampf inhalieren konnte. Dieser entsteht, indem Liquide im Inneren der Zigarette verdampft werden. Über ein Mundstück wird er dann eingeatmet. Liquide gibt es in unzähligen Geschmacksrichtungen und wohl jeder wird eines finden können, das ihm schmeckt. Ramona Meister: «Es gibt so gut wie keinen Geschmack, den es nicht gibt.» Wer jedoch den typischen Zigarettengeschmack sucht, wird enttäuscht werden: das kann kein Liquid wirklich bieten. So gibt zwar welche, die dem Geschmack nahe kommen, aber dabei verhält es sich wie mit einem Stück Tofu-Fleisch: Eigentlich sollte es wie ein saftiges Rindersteak schmecken, letztlich merkt jeder aber sofort, dass etwas ganz anders ist.

Hat man sich dann aber an den Dampf gewöhnt, fällt schnell noch etwas anderes auf: Es ist irgendwie sanfter als eine Zigarette. Das typische Brennen im Hals fehlt. Es scheint irgendwann, als würde man einfach nur heisse, geschmacklich veränderte Luft, einsaugen. «Es fehlt zum Beispiel der Teer und viele andere Zusatzstoffe einer normalen Zigarette», erklärt Ramona Meister. 

Sind E-Zigaretten gesünder?

Die wichtigste Frage, die mich zur E-Zigarette gebracht hat, war: Ist es gesünder? Geht man ins Internet, und recherchiert danach oder spricht mit Experten, ist die Antwort fast immer ein deutliches: Ja, aber...

So preisen viele Anbieter von E-Zigaretten ihr Produkt in den höchsten Tönen an, manchmal sogar als «gesunde Alternative», verschweigen dabei aber oft, dass auch diese Alternative, besser gesagt die Liquide, Giftstoffe enthalten. Ramona Meister ist da ehrlicher: «Auch in E-Zigaretten sind ungesunde Stoffe vorhanden – das muss man sich bewusst machen, wenn man auf diese umsteigen will.» Zwar sind sie « bei weitem nicht so ungesund wie eine normale Tabak-Zigarette», aber auch damit tut man seinem Körper nichts Gutes, das muss einem klar sein.

Ein Beispiel: So ist in manchen Liquiden Formaldehyd, ein Stoff, der krebserregend sein kann. Aber, und auch das stimmt: Die Konzentration davon ist nicht annähernd so hoch wie in normalen Zigaretten.

Auch das Propylenglycol, welches ebenfalls in den Liquiden enthalten ist, kann sich, zumindest kurzzeitig, schädlich auf die Atemwege auswirken. Langzeitstudien gibt es dafür noch nicht, wie überhaupt bei den E-Zigaretten. Daher sind auch Bewertungen von offizieller Seite, wie dem Bundesamt für Gesundheit, ähnlich wie die von Ramona Meister: E-Zigaretten sind kaum so schädlich wie normale Zigaretten, aber die Langzeitfolgen können noch nicht abschliessend geklärt werden.

Immerhin: Die Aromastoffe in den Liquiden sind laut der Behörde ungefährlich. Klare Warnungen können die Behörden aber für die Stoffe aussprechen, die bereits seit Jahren erforscht sind. Darunter fällt auch das Nikotin, welches in manchen Liquiden auf Wunsch vorhanden ist – zumindest im Ausland.

Schweizer blicken nämlich dort in die Röhre: Liquide, die Nikotin enthalten, sind hierzulande verboten. Wer also mehr als nur geschmacklich veränderten Dampf qualmen will, muss zwangsläufig den Weg ins Ausland gehen und sich diese von dort importieren lassen oder kaufen. «Das ist ärgerlich, weil die Nachfrage definitiv da ist», so Ramona Meister. Viele Leute, vor allem die, die umsteigen wollen, möchten Anfangs nicht auf das Nikotin verzichten. Die Einfuhr ist laut Zoll legal, wobei sie allerdings auf 150 Milliliter oder 150 Kartuschen beschränkt ist. Der gewerbsmässige Verkauf ist dagegen strikt verboten.

Im Alltag – wie lebt es sich als Dampfer?

An meinem ersten Tag als Dampfer stellte ich mich noch gewohnheitsmässig zu meinen rauchenden Kollegen. Ich hatte mich binnen eines Tages an die neue Art des Qualmens gewöhnt, aber war im Kopf noch so konditioniert, dass ich beim Rauchen draussen stehen muss.

Der erste Kommentar der anderen Raucher war: «E-Zigarette? Ich geb dir eine Woche.» Das habe ich mittlerweile ja geschafft.

Ein Vorteil, der das Dampfen hat: Man ist ungebundener. Die Liquide riechen in den meisten Fällen nicht oder nur sehr dezent, wenn man sie ausatmet. Auch hier ist aber wieder eine Frage, die bisher nicht ausreichend geklärt wurde: Ist der Dampf gefährlich für andere? Es fehlen schlicht Langzeitstudien, die das eine oder andere belegen.

Als Raucher ist man es auch gewöhnt, gefühlt immer weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt zu werden. Orte, an denen man rauchen kann, sind in den meisten Fällen an der frischen Luft und abseits. Nicht ohne Grund gibt es den zynischen Spruch unter Rauchern: Bevor wir an Lungenkrebs sterben, erfrieren wir eher beim Rauchen. Dieses Problem habe ich jetzt nicht mehr. Ich sitze im warmen Büro und kann meine Nikotinsucht dort befriedigen. Für die Raucher, die in den letzten Wochen bei Minusgraden in der Kälte bibbern mussten, habe ich nur ein müdes Lächeln übrig.

Allerdings haben die Kollegen einen Vorteil: Sofern sie ein funktionierendes Feuerzeug und Zigaretten haben, können diese ohne Probleme rauchen. Kommt es bei mir vor, dass ich meine Zigarette über die Nacht nicht aufgeladen habe, kann ich plötzlich in die Röhre schauen. Denn, wie bei allem elektrischen: Ohne Strom dampft auch nichts.

Kostenfrage: Lohnt es sich finanziell?

Für mein Dampf-Equipment habe ich insgesamt ungefähr 35 Franken bezahlt. Umgerechnet hätte ich mir dafür fast fünf Schachteln Zigaretten kaufen können. Da ich aber im Schnitt eine halbe Schachtel am Tag geraucht habe, hat sich meine E-Zigarette nach knapp zwei Wochen amortisiert. Ein Liquid mit Nikotin kostet in Deutschland etwa 6,60 Franken. Damit liegt es preislich schon unter dem einer Zigarettenschachtel – hält aber dafür auch entscheidend länger. Ich, als jemand, der dauernd seine E-Zigarette im Mund hat, brauche ungefähr ein Liquid pro Woche. Das ist natürlich auch abhängig von Rauchgewohnheit und Häufigkeit. Ebenso davon abhängig ist die Lebensdauer des sogenannten «Coil» im Inneren der Zigarette. In diesem befindet sich die Heizspule, die den Dampf erzeugt. Fünf Stück schlagen bei mir mit etwa 20 Franken zu Buche. Einer hält dann aber auch gut und gerne ebenfalls eine Woche, manchmal sogar länger. Mit anderen Worten: In der Woche habe ich Kosten für meine E-Zigarette von 11 Franken – der Preis für etwa 1 ½ Schachteln Zigaretten.

Fazit: Das Ziel ist aufhören

Ich bin zufrieden mit meiner E-Zigarette. Ich habe keinen Raucherhusten mehr, fühle mich, zumindest ein wenig, fitter und mein Geldbeutel wird auch geschont. Das war es dann aber auch schon mit den Vorteilen, denn ich weiss auch, dass mein subjektives fitter sein kaum der Realität entspricht. Muss ich zum Bahnhof rennen, schnappe ich die gesamte Heimfahrt nach Luft. Das liegt auch daran, weil ich eben trotzdem noch jeden Tag Giftstoffe wie Nikotin in meine Lunge pumpe. Ist dies besser als eine normale Zigarette? Glaubt man Experten und meinem subjektiven Empfinden, dann wohl ja. Ist es gesund? Nein.

«E-Zigaretten sind ein Genussprodukt», so Ramona Meister – und da muss ich ihr zustimmen - leider sind diese, ebenso wie Alkohol oder gutes Essen, nur selten gesund.

Rauchen, egal in welcher Form, ist ungesund. Bild: Pixabay

Ich will aber auch nicht weiterrauchen. Mein Ziel ist es, komplett aufzuhören. Ein erster Teilschritt: Ich rauche, auch durch meine E-Zigarette, mittlerweile nur noch drei normale Zigaretten am Tag. Das ist ein enormer Fortschritt für mich. Das nächste Ziel ist es nun, diese auch noch loszuwerden. Dann, dass ich das Nikotin in meiner E-Zigarette reduziere – und letztlich, dass ich ganz aufhöre.

Ich bin hoffnungsvoll, habe ich doch schliesslich schon fast jede Methode ausprobiert. Pflaster, Kaugummi, radikales, plötzliches Aufhören und den Beststeller von Allen Carr «Endlich Nichtraucher» haben ich ausgiebig gelesen. Die Langzeiterfolge blieben immer aus.

Vielleicht schafft ja meine E-Zigarette, das, was alle anderen Methoden bisher nicht konnten: Mir beim Aufhören helfen. Ob das so einfach wird, wie ich es mir vorstelle, weiss ich nicht. Aber frei nach Hemingway:

«Das Rauchen aufgeben ist das leichteste auf der Welt – ich habe es schon tausend Mal gemacht.»

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