«Nein» sagen ist okay – aber verdammt schwer
In der Mami-Post resp. Papi-Post schreiben Sibylle, Mia, Ralph und Gastautoren über ihre Alltagsthemen, die sie beschäftigen, seit sie Kinder haben. Alle Artikel der Mami-Post sind hier zu finden. Alle weiteren Familien-Artikel findest du im Familien-Dossier.
Es gibt Tage, da geht einfach nichts mehr. Ich war den ganzen Tag im Büro, habe dutzende Telefonate geführt, mich durch Konferenzen gequält, tausende Zeichen in die Tastatur gehämmert, meine geistigen Kapazitäten bis zum Äussersten ausgereizt und mich dann noch nach Hause gequält. Was ich dann bräuchte, wäre ein Sofa, weiche Pantoffeln, vielleicht etwas Süsses und einfach viel, viel, viel Ruhe.
Tja, leider finde ich hinter meiner Wohnungstür nicht die gewünschte Entspannung und Ruhe, sondern 1,30 Meter geballte Energie, die nur darauf wartet, wie ein Wirbelsturm über mich hereinzubrechen. «Papa, spiel mit mir, los!»
Irgendwann entdeckte ich ein Wort, so klein und grausam für die kleinen Ohren meines Kindes, aber so wohltuend für meinen müden Kopf und Körper: «Nein».
Früher war meine Reaktion oft ein genervtes Stöhnen, bevor ich dann wie ein Delinquent hinter meinem Sohn in Richtung Schafott her geschlurft bin, wissend, dass ich meinem Schicksal nicht entkommen kann und nun bis zum erlösenden Wort «Schlafenszeit» sein williger Diener bin. So war es jedenfalls. Irgendwann entdeckte ich ein Wort, so klein und grausam für die kleinen Ohren meines Kindes, aber so wohltuend für meinen müden Kopf und Körper: «Nein».
Liebe Eltern, ich weiss nicht, wie es euch geht, aber für mich als Single-Vater ist es immer eine Gratwanderung. Einerseits habe ich ein unendlich schlechtes Gewissen meinem Sohn gegenüber, ihm einen Wunsch abzuschlagen, vor allem, wenn er so simpel ist wie «Zeit mit Papa haben». Gleichzeitig habe ich aber auch immer wieder gemerkt, wie anstrengend es irgendwann für mich wurde. Bei den Spielen war ich meistens eher der «Beisteher», war froh, wenn ich mich möglichst wenig bewegen musste und am liebsten sogar liegen bleiben konnte. Mein Sohn dagegen wollte immer genau das Gegenteil: Bewegung, Toben, Rennen, am besten alles gleichzeitig. Ruhe hatte er genug, jetzt ist Papa da und der muss diese Bedürfnisse erfüllen.
«Du arbeitest den ganzen Tag und jetzt, wo er endlich Zeit mit dir hat, willst du nicht? Rabenvater!»
Ich versuche meinem Sohn gerecht zu werden, habe aber immer diese böse Stimme im Hinterkopf: «Du arbeitest den ganzen Tag und jetzt, wo er endlich Zeit mit dir hat, willst du nicht? Rabenvater!» Trotzdem habe ich das Wort «Nein» entdeckt. Also benutze ich es. Nein, ich will jetzt NICHT mit dir spielen. Ich will jetzt ein paar Minuten Pause machen, was Essen und DANN spiele ich mit dir.
Die ersten paar Male, als ich das schlimmste Wort, das man zu einem Kind sagen kann, aussprach, hat mein Sohn gequengelt. Er wollte es nicht wahrhaben, hat versucht zu diskutieren – aber irgendwann hat er gemerkt, dass es auch Vorteile hat, wenn der Papa erst mal seine Batterien wieder aufladen kann. Plötzlich war wieder Leben im Spiel, Papa tobte wieder mehr, machte wieder mehr Blödsinn und das führte direkt zu mehr Spass.
Mittlerweile ist klar, wenn ich nach Hause komme, gibt es nicht sofort Zeit mit Papa, denn der muss auch erst ein bisschen zur Ruhe kommen. Danach gehört die Zeit ganz meinem Junior, mit allem, was dazu gehört. Trotzdem freue ich mich auf das magische Wort «Schlafenszeit» und auf mein Sofa und meine Pantoffeln.
Hier schreibt Ralph:
39 | Alleinerziehender Papi | schreibt über die Alltagstücken als Alleinerziehender