Pro und Contra zu: Märkte auf dem Herrenacker

Schaffhauser Nachrichten | 
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Zwei Autoren, zwei Meinungen.

Grossstadträtin ­Nicole Herren (FDP) schlägt vor, die Jahrmärkte in der Stadt Schaffhausen vom Herrenacker wieder auf die Hauptgassen der Altstadt zu verlegen. Zwei Autoren im Streitgespräch.

Pro

Von Kim Lenherr, Praktikantin Region

Historisch gesehen war der Herren­acker schon immer ein Marktplatz. 1972 wurden die Jahrmärkte in die Altstadt verlegt, und das nur, weil Parkmöglichkeiten fehlten und der weitläufige Herren­acker gut zu einem Parkplatz umfunktioniert werden konnte. Mit dem Entscheid der damaligen Stadtväter war aber niemand richtig glücklich, denn die grossen Märkte nahmen weite Teile der Fussgängerzone in Beschlag, und Passanten waren zwischen Vorstadt und Vordergasse spürbar in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. 2008 wurden die Märkte, nach 36 Jahren im Exil, wieder zurück an den Ursprungsort verlegt. Rückblickend beschrieb der Stadtrat die Situation in der Altstadt als «teilweise unzumutbar», sie sei gar mit einem «Sicherheitsrisiko» verbunden gewesen.

Seit zehn Jahren finden die Märkte nun wieder auf dem Herren-acker statt. Jetzt, trotz aller bereits gemachten Erfahrungen, wird wieder darüber nachgedacht, den Markt zurück an den alten Standort (Vorstadt, Fronwagplatz,Vordergasse) zu verlegen. Begründet wird der Vorstoss mit den Jahr für Jahr sinkenden Umsätzen auf dem Marktplatz. Doch was etwas verkannt wird: Das Problem ist nicht der Platz, sondern das teilweise nicht ganz zeitgemässe Angebot dieser Märkte. Ich spreche aus der Sicht der U-20-Generation, wenn ich sage: Ist ja schön, dass man irgendwo noch iPhone-3G-Handyhüllen kaufen kann, doch Zubehör eines Gerätes anzubieten, das nicht mehr erhältlich ist, bringt nun mal wenig Umsatz. Genauso wenig wie die sogenannten «Rumsteherchen»: Holz-, Stein- oder Filzfiguren, die an solchen Märkten en masse angeboten werden. Das Angebot ist oft zu beliebig, denn kaum einer geht extra auf den Markt, um allenfalls etwas zu kaufen, was auch in den herkömmlichen Geschäften zu billigeren Preisen erhältlich ist.

Praktisch betrachtet, ist der Standort Herrenacker für alle Beteiligten sowie für die Stadt die beste Lösung. So werden Passanten, die in der Altstadt einkaufen wollen, vom Marktgedränge verschont, und die Ladenbesitzer müssen sich keine Sorgen über Umsatzeinbussen machen, weil die Kundschaft ausbleibt. Andersherum wäre es die reinste Odyssee, während der Markttage in der Altstadt einkaufen zu gehen. Manche Märkte auf dem Herren­acker sind aber durchaus erfolgreich: Das Street-Food-Festival vom letzten April verzeichnete genügend Besucher, weil das Konzept stimmte. Der Herrenacker taugt sehr wohl als attraktiver Marktstandort – es kommt eben auf das Angebot an.

Contra

Von Alfred Wüger, Redaktor Region

Es war im Januar 2008, als es in dieser Zeitung hiess: «Der Frühlings- und der Martinimarkt kehren nach 36 Jahren wieder auf den Herren-acker zurück. Das hat der Stadtrat Mitte Dezember in einem Grundsatz-entscheid beschlossen.» Kehren zurück? Ja, tatsächlich kann ich mich erinnern, wie mir einmal in der Kindheit, es ist wohl 50 Jahre her, mein Onkel auf dem Herrenacker ein Stück türkischen Honig kaufte. Das war zu einer Zeit, in der auf dem Fronwagplatz und in der Vordergasse noch Busse und Autos zirkulierten und die Altstadt sozusagen automatisch lebte.

Dann wurde die Altstadt autofrei. Martinimarkt und Frühlingsmarkt wurden auf dem Fronwagplatz, in der Vordergasse und bis in die Vorstadt hinaus abgehalten. Im bunten Treiben gab es kaum ein Durchkommen. An den Ständen konnte man nicht nur Gürtelschnallen, Duftfläschchen und alte amerikanische Autoschilder kaufen, sondern Hemden mit gesticktem Enzian auf dem Kragen oder dicke Wollsocken und Pantoffeln – Dinge des Alltags. Und was es auch einmal gab: den Flohmarkt in der Neustadt, zeitweise sogar in der Oberstadt oder auf dem Fronwagplatz.

Jetzt jedoch muss man Glück haben, um zu merken, dass der Martini- oder Frühlingsmarkt stattfindet. Aus dem Zentrum verbannt, fristen die Buden ihr Dasein auf dem Herrenacker und auf dem Münsterplatz. Der Flohmarkt wurde in den Mosergarten gezügelt. Eine einsame stumpfgrüne Tafel auf dem Fronwagplatz zeigt jeweils seine Existenz an. Vielleicht braucht es all diese Märkte im alten Stil ja gar nicht mehr. Wer kauft denn noch Zwilchhosen bei der Marketenderin?

Aber was ist mit den neuen Angeboten? Dem Street-Food-Festival zum Beispiel? Essen ist heutzutage mehr als Verpflegung, es ist Kult. Auch diese Veranstaltung findet auf dem Herrenacker statt. Und ist stets gut besucht. Aber warum so weit vom Schuss? Warum nicht im Zentrum? Haben die Läden Angst vor den Menschen? Frisch verpflegt, hoch gestimmt, könnten sie in fröhlichen Gruppen eintreten und das Geschäft beleben. Auf dem Herren-acker aber gibt es kaum Läden.

Ich bin kein Nostalgiker, die früheren Zeiten sind, was sie sind: Vergangenheit. In diesen Zeilen blicke ich in die Zukunft. Und die wünsche ich mir so: dass es wieder ein Gewimmel gibt in den Strassen der Altstadt. Mindestens, wenn Markt ist. Oder Street-Food-Festival-Day. Oder Bockalp-Hüttenzauber. Fazit: Liebe Stadträtin, liebe Stadträte, zurück mit den Menschen ins Zentrum!

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