Rauchverbot am Bahnhof: Nötiger Schritt oder unnötige Bevormundung?

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Ist das Rauchverbot an Bahnhöfen sinnvoll? Darüber streiten Dario Muffler(l) und Sebastian Babic.

Seit Anfang Februar testen die SBB an sechs Bahnhöfen ein Rauchverbot, das auch im Freien gilt. Soll Rauchen an Bahnhöfen künftig ganz verboten werden? Zwei Autoren, zwei Meinungen.

Pro

Von Dario Muffler, Redaktion Region

Die Schweiz ist ein fortschrittliches Land. Gerade beim Rauchverbot an Bahnhöfen hinken wir im ­internationalen Vergleich aber hinterher. Rauchverbote an (allen!) Bahnhöfen gibt es bereits in Belgien, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Österreich und in Spanien. In Deutschland und Norwegen gibt es Raucherzonen. Darum ist es begrüssenswert, dass die SBB in dieser Sache einen Schritt vorwärtsmachen.

Zugegeben, internationale Tendenzen sind kein zwingendes Argument. Aber unsere Gesundheit ist es! Passivrauchen ist schädlich – und das weiss man nicht erst seit gestern. Für Kleinkinder ist die Menge Nikotin einer einzigen Zigarette bereits tödlich – es kommt auch immer wieder zu Vergiftungen wegen verschluckter Zigarettenstummel. Dass die Zeugungsfähigkeit durch das Rauchen drastisch eingeschränkt und das Risiko, an Lungenkrebs zu sterben, erhöht wird, ist bekannt. Wieso soll ich mich diesem Rauch aussetzen, nur weil ich auf den Zug warte? Auf einem Perron sind die Ausweichmöglichkeiten einfach ­beschränkter als beispielsweise auf dem Fronwagplatz.

Mit einem rauchfreien Bahnhof wird auch die Aufenthaltsqualität gesteigert. Es sei in aller Klarheit gesagt: Zigarettenrauch stinkt – selbst Rauchende versuchen ihn mit Kaugummis und Parfüm zu übertönen. Und wenn die Gleichgültigen unter den Rauchenden noch einen letzten Zug an der Zigarette in der Tür nehmen, dann stinkt es auch im ganzen Waggon. Wer ist so süchtig, dass er bis eine Sekunde vor der Zugabfahrt noch am Glimmstängel hängen muss? Dass jetzt ­gejammert wird, erinnert an die Anfänge des Rauchverbots in Restaurants. Aber: Wer will sich heute beim Essen noch vollqualmen lassen?

Ich habe es zudem satt, Leute dar­auf hinzuweisen, dass es eine Erfindung namens Aschenbecher gibt. Ist Ihnen schon aufgefallen, dass viele Raucher zwar Zeit haben, sich genüsslich eine Zigarette anzustecken, die besagte Zeit aber oft fehlt, um den Stummel anständig zu entsorgen? Wie sonst käme es, dass die SBB jährlich 100 Tonnen Zigarettenstummel von den Gleisen entfernen müssen. Die SBB könnten hier rund vier Millionen Franken sparen. Wer würde bestreiten, dass man dieses Geld nicht besser einsetzen könnte?

Mein Kollege, der eine Lanze für die Rauchenden bricht, zieht unter anderem das Umweltschutzargument ins Lächerliche. Tatsache ist aber, dass bereits ein Zigarettenstummel pro Liter Wasser ausreicht, um die Hälfte der darin schwimmenden Fische zu töten. Es ist Ernsthaftigkeit angesagt, bei aller Polemik.

Contra

Von Sebastian Babic, Redaktionsleiter SHf

Die SBB «testen» zurzeit an sechs ihrer Standorte «rauchfreie Bahnhöfe». Doch was sind die Gründe ­dafür? Am Gesundheitsaspekt kann es nicht liegen. Rauchen unter freiem Himmel verbieten zu wollen, ist schliesslich so, als würde man ­einem Kind untersagen, ins Meer zu pinkeln. Die homöopathischen Dosen des blauen Dunstes, denen man während der Warterei auf den Perrons ausgesetzt ist, entsprechen in etwa der Feinstaubbelastung beim Überqueren der Bachstrasse auf dem Weg in die Unterstadt.

Gut, dass die SBB ihre Intentionen in einer Mitteilung ausführlich erklären: «Damit leisten die SBB (...) einen positiven Beitrag für die Umwelt.» Ach so. Umweltschutz! Nachvollziehbar. Schliesslich soll das «Naturparadies Bahnhof» – das ­Habitat des gemeinen Pendlers – in seiner Unversehrtheit und natür­lichen Ästhetik nicht von gelblich-braun schimmernden Giftstängeln im Gleisbett derangiert werden.

Zudem weisen die SBB auf Folgendes hin: «Die grösser werdende Pendlerdichte (...) ergibt potenziell heikle Situationen mit Zigaretten und Kunden (...) in Bezug auf Kleider, Haare und Haut.» Ach so. ­Sicherheit! Nachvollziehbar. Die Berichte über SBB-Kunden, deren Kleider, Haare und Haut im Dichtestress des Pendlerlebens aufgrund des Kontakts mit Zigaretten urplötzlich in Flammen standen, haben sich in den vergangenen Jahren explosionsartig auf Nullniveau eingependelt.

Des Pudels Kern fassen die SBB dann aber so zusammen: «Rauchen an Bahnöfen stellt für die Kunden eine gefühlte Beeinträchtigung der Aufenthaltsqualität dar.» Ach so. ­Gefühle! Nachvollziehbar. Schliesslich will man den stets schlecht gelaunten Pendlern somit zumindest «gefühlt» nicht weiter auf den bereits arg malträtierten Schlips treten, nachdem man jahrelang die Qualität des Services ausgedünnt hat, während die Preise stetig stiegen.

Um diese kleine Polemik abzuschliessen, bleibt nur Folgendes zu sagen: Machen wir uns nichts vor. Es geht hierbei wohl ums Geld. Von den Einsparungen werden die Pendlerportemonnaies aber kaum etwas mitbekommen. Dafür wird alles begründet mit Begriffen wie: «Aufenthaltsqualität», «Umweltschutz» oder «zeitgemäss». Und weil Rauchen nicht mehr «zeitgemäss» ist, forcieren die SBB immer «zeitgemässere» Angebote an ihren Bahnhöfen, mit denen man sich an ­«gefühlt» jeder Bahnhofsecke dazu gedrängt sieht, sich anderen, «zeitgemässeren» Lastern hinzugeben, sei es Alkoholismus oder – Fast Food lässt grüssen – ­Fettleibigkeit. En Guete!

Rauchverbot an Bahnhöfen: Sinnvoll oder nicht?

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