Valentinstag: Schönes Fest der Liebe oder reine Kommerzveranstaltung?

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Valentinstag: Schönes Fest der Liebe oder reine Kommerzveranstaltung? Darüber streiten sich Alfred Wüger und Isabel Heusser.

Stärkt der Valentinstag tatsächlich die Beziehungen ­zwischen Menschen, die sich gern haben, oder ist der Feiertag primär von geschäftlichem Interesse?

Pro

von Alfred Wüger, Redaktor Region

Es ist leicht, gegen den Valentinstag zu sein: alles nur Kommerz und Kitsch! Und die gestressten Ehemänner, die im letzten Moment in den Blumenladen rasen, um einen Heuchlerbesen zu ergattern, ­notabene in der falschen Farbe … ­Natürlich ist das lächerlich. Aber die Schattenseiten einer Sache können eben doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch eine Sonnenseite gibt. Der Valentinstag kann einem die Idee geben, dass man jemanden überraschen könnte. ­Vielleicht kommt einem das ja an einem andern Tag tatsächlich nicht in den Sinn. Aber wenn die roten Herzen überall, die man als abgebrühter männlicher Zeitgenosse im Grunde mit Nichtachtung strafen sollte, in einem wider Erwarten eine Saite zum Klingen bringen, warum sollte es dem Herzen dann verboten sein, den feinen Ton zu vernehmen? Es hört ihn ja sonst niemand. Also kein Grund, sich zu schämen für die zärtliche Regung. Und so ist auf ­einmal der Kitschverdacht zerstreut, denn ein wirkliches, persönliches und ureignes Gefühl ist wach­geküsst worden. Und der so Umgestimmte merkt: «Ich brauche meiner Frau, meiner Freundin, meinem Freund, meiner Urgrosstante oder meinem liebsten Feind gar keine Blumen zu schenken.» Ja, was denn sonst? Ein Buch vielleicht, eine CD. Mit romantischen Songs von Rod Stewart zum Beispiel, der 1977 sang: «Me and the boys thought we had is sussed / Valentinos all of us.» Was für eine schöne Zeile aus einer Zeit, in der es noch nicht so anrüchig war wie heute, der Herzdame den Hof zu ­machen. Aber vielleicht waren die Liebeslieder auch damals – in den oft verklärten guten alten Tagen – nicht ernst gemeint, denn die Rod-Stewart-Ballade, aus der die Zeile stammt, heisst «I Was Only Joking». Ernsthaft jetzt: Wer gegen den ­Valentinstag wettert, kann mit demselben Feuereifer gegen den Muttertag, den Tag der Frau, den Tag der Arbeit, das Jahr des schweizerischen Kulturerbes – notabene 2018 – zu Felde ziehen. Ist es denn nötig, einen Tag besonders hervorzu­heben, um etwas zu betonen, was an allen andern Tagen selbstverständlich sein sollte? Ja, natürlich ist es nötig! Denn sonst gäbe es diese besonderen Tage wie Ostern, Pfingsten und die Geburts- und Namenstage schliesslich nicht. Es ist eben nicht jeder Tag gleich. Darum haben sie verschiedene Namen. Aber zurück zum Valentinstag: Das sinnvollste Geschenk ist wohl ein Weihnachtsbaum im Topf. Denn der grünt ­allezeit, nicht nur im Winter, wenn es schneit, was am 14. Februar ja gut und gerne vorkommen kann.

Contra

Von Isabel Heusser, Redaktorin Region

Plötzlich liegt er wieder in den Läden herum, dieser lieblose Plunder. ­Teddybären mit Herzen zwischen den Pranken. Billigparfums mit Herzen auf der Verpackung. Karten mit lustigen Sprüchen und, genau, Herzen drauf. Alles in Rot und Rosa. Es gibt kein Entrinnen. Und wir ­wissen: Ach ja, bald ist Valentinstag. Er ist so furchtbar deprimierend, egal, ob man verliebt ist oder nicht. Schamlos wird der «Tag der Liebenden» kommerziell ausgeschlachtet. Immer mit der mehr oder weniger unterschwelligen Botschaft ver­sehen: Lasst uns die Liebe zelebrieren! Und ganz viel kaufen! Wie absurd der Hype geworden ist, zeigt ein Beispiel aus dem britischen Newcastle: Dort bietet McDonald’s für umgerechnet rund 26 Franken ein Valentinstag-Menü mit drei Gängen an. Natürlich wurde das als «The most romantic dining experience in ­history» beworbene Angebot ein PR-Coup. Es ist nicht zum Aushalten.

Gute Nacht, Emanzipation

Und dann diese Zementierung der Geschlechterrollen. Auch im 21. Jahrhundert sind am Valentinstag vor allem die Männer gefordert. Wehe, einer traut sich nach der ­Arbeit ohne einen Strauss Rosen nach Hause. Und so sieht man am Abend des 14. Februars unzählige Männer, die beim Bahnhofsfloristen verzweifelt nach einem einigermassen ansehnlichen Blumenbouquet suchen. Oder die Liebste überstürzt zum Candle-Light-Dinner ausführen. ­Dabei geht es nur darum, das schlechte Gewissen zu beruhigen. Mit Liebe hat das nichts zu tun – und doch verharrt frau in demütiger Erwartungshaltung. Gute Nacht, Emanzipation. Es war schön mit dir.

Bitte keine Teddys

Okay, das war jetzt ein bisschen viel Kulturpessimismus aufs Mal. Es spricht ja überhaupt nichts dagegen, dem Partner zu zeigen, dass man ihn liebt. Wir alle können in trüben Zeiten wie diesen viel Zuwendung brauchen. Warum das aber ausgerechnet am Valentinstag und somit nur einmal pro Jahr passieren soll, bleibt ein Rätsel. Warum wir uns freundlich lächelnd mit Billigblumensträussen und traurigen Teddys made in China abspeisen lassen, auch. Es ist doch so: Der ­Valentinstag bedeutet nichts ­anderes, als die Liebe auf Befehl hin zu feiern. Und das hat nichts, aber auch gar nichts mit Romantik zu tun. Es ist das Gegenteil von Romantik. Würde uns der Detailhandel nicht so penetrant darauf aufmerksam machen, wir würden den Valentinstag glatt vergessen. Schlimm wäre das nicht.

Ist der Valentinstag ein schönes Fest der Liebe oder eine reine Kommerzveranstaltung?

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