«Als Pressefotografin bin ich auch Chauffeuse»

Wie beginnt Ihr Tag? Mit einem Kaffee, einer Joggingrunde oder direkt im ersten Meeting? Jeder Morgen sieht anders aus – ob im Kundenkontakt, in kreativer Einzelarbeit oder unterwegs zu Terminen. In dieser Rubrik werfen wir einen Blick auf den Start in den Tag verschiedenster Menschen. Heute gibt Roberta Fele, Pressefotografin der «Schaffhauser Nachrichten», Einblick in ihren Morgen.
Heute hat mein Wecker etwas später geklingelt – erst um 7.20 Uhr. Gute Fotos sind tageszeit- und wetterabhängig; die Lichtverhältnisse müssen stimmen. Besonders bei Aufnahmen unter freiem Himmel ist das Morgenlicht oft besser. Ich habe aber nichts dagegen, wenn der Tag mal etwas später beginnt, denn ich brauche morgens einen Moment, um in die Gänge zu kommen. Ausserdem dauern die Fototermine oft bis spätabends. Nach dem Aufstehen trinke ich ein Glas Wasser, auf das Frühstück verzichte ich. Sobald ich ready bin, mache ich – noch vor dem ersten Fotoauftrag – einen Abstecher in mein Büro bei den «Schaffhauser Nachrichten».
Auch heute wurde ich von den Kolleginnen am Empfang freundlich begrüsst, nur um kurze Zeit später gleich wieder verabschiedet zu werden: Gemeinsam mit unserer Reporterin Jurga Wüger eilte ich bereits wieder zum Firmenauto – unser Besuch in der Ramsener Dorfkirche stand an.
Als Pressefotografin bin ich auch Chauffeuse für die Mitarbeitenden der Zeitung – zum Glück sitze ich gerne hinter dem Steuer. Meist fahre ich von einem Treffen zum nächsten, dazwischen hole ich unsere Leute ab oder setze sie wieder ab. Für Pausen bleibt kaum Zeit, den Kaffee schnappe ich mir zwischendurch. Umso mehr geniesse ich die Zeit mit den netten Kolleginnen und Kollegen auf dem Beifahrersitz.
Aber zurück zu heute: Während die Reporterin ihren Teil der Arbeit erledigte, bin ich auf eigene Faust los und habe nicht weniger als 239 Fotos von der Kirche gemacht – wie immer im RAW-Format für maximale Bildkontrolle. RAW-Dateien bieten eine höhere Dynamik, mehr Details in Schatten und Lichtern sowie eine präzisere Farbwiedergabe. Allerdings war es nicht ganz einfach, an die richtigen Stellen zu gelangen. Zum Glück hatte ich vorgesorgt: Ich holte meine Drohne aus dem Auto, die ich vorsichtshalber eingepackt hatte. Damit konnte ich alles umfassend dokumentieren – so wird Jurgas Beitrag mit starken Bildern unterstützt.
«Beim Fotografieren drücke ich ja nicht nur auf den Knopf – für das perfekte Foto muss auch ich hinter der Kamera aus mir herauskommen.»
Direkt nach den Terminen bearbeite ich jeweils die Fotos, speise sie in unser System ein und hinterlege die Metadaten wie Ort, Aufnahmedatum und -zeitpunkt und weitere, damit sie von unseren Journalistinnen und Journalisten weiterverwendet werden können.
Obwohl der Morgen länger dauerte als gedacht, habe ich es rechtzeitig zu meiner Verabredung zum Mittagessen geschafft: Statt eines Brötchens auf der Fahrt zum nächsten Treffen gab es im «Güterhof» einen leckeren Burger aus Edamame-Sojabohnen. So konnte ich etwas zur Ruhe kommen – denn ein intensiver Nachmittag und ein langer Abend standen mir erst noch bevor.
Beim Fotografieren drücke ich ja nicht nur auf den Knopf – für das perfekte Foto muss auch ich hinter der Kamera aus mir herauskommen. Gerade für Porträts muss ich viel geben, um etwas zu bekommen. Damit sich die Menschen vor der Kamera wohlfühlen, versuche ich, eine Brücke zu bauen, um eine positive Atmosphäre zu schaffen, belustige sie manchmal und gebe stets etwas von meiner Persönlichkeit preis – damit sie sich öffnen können und auf dem Bild authentisch rüberkommen.
Dieser ganztägige zwischenmenschliche Austausch kann anstrengend sein – aber genau das macht meinen Job so spannend. Denn am Ende zählt nicht nur das Bild, sondern auch das Vertrauen, das ich mit meiner Kamera gewinne.