Die Faust auf den Tisch oder doch lieber Pokerface?
Eine neue Studie fördert in Sachen Umgang mit Gefühlen am Arbeitsplatz Spannendes zutage. Frauen weinen aus anderen Gründen als Männer, Deutschschweizer zeigen mehr Gefühle als die Romands und am glücklichsten sind die, die schon recht nahe an ihrer Pensionierung stehen: die Babyboomer. Und: Viele sind der Meinung, dass ein offener Umgang mit Gefühlen die Zusammenarbeit im Team erleichtert. Wir haben für Sie in der Studie geschmökert und fassen die wichtigsten Erkenntnisse zusammen.
Das Thema Gefühle am Arbeitsplatz hat sich schon für manchen als Minenfeld entpuppt. Gut also, dass eine repräsentative Studie des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Marketagent Schweiz im Auftrag des Job-Netzwerks XING das emotionale Innenleben von über 1000 Berufstätigen in der Deutsch- und Westschweiz einmal genauer unter die Lupe genommen hat. Die zentralen Fragen: Sollen oder dürfen Gefühle im Job gezeigt werden oder fährt man mit einem Pokerface doch besser? Sind gewisse Gefühle stärker akzeptiert als andere? Und gibt es einen Gefühls-Röstigraben zwischen Deutsch- und Westschweiz?
Emotionen zeigen erleichtert die Zusammenarbeit
Die Zahl beeindruckt: 87 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass das offene Zeigen von Gefühlen die Zusammenarbeit mit den Kollegen erleichtert. Ausserdem stärke es den Teamzusammenhalt, wenn Emotionen geteilt würden, sind gut vier Fünftel überzeugt. Angst, dass offene Gefühlsbekundungen der Karriere schaden könnten, hat nur knapp jeder Vierte. Trotzdem: Allzu unbedacht sollte man mit dem emotionalen Innenleben bei der Arbeit dann doch nicht umgehen: 65 Prozent finden es problematisch, sich bei der Arbeit von Gefühlen leiten zu lassen.
Unterschiede bei den Geschlechtern
Wenig erstaunlich: Frauen kennen am Arbeitsplatz weniger Zurückhaltung im Umgang mit Tränen als Männer (71 versus 45 Prozent). Sehr spannend ist jedoch die Ursachenforschung, warum denn die Tränen fliessen: So erklären Frauen, dass sie vor allem aus Wut oder Frustration weinen (42 Prozent), Männern kommen die Tränen derweil eher aus Trauer oder vor Freude und Rührung (je 19 Prozent).
Keine Angst bei positiven Gefühlen
56 Prozent der Befragten fühlen sich frei, am Arbeitsplatz bedenkenlos Freude zu zeigen, ebenso Zufriedenheit (55 Prozent), Motivation und Fröhlichkeit (je 49 Prozent). Wenig verwunderlich herrscht bei negativen Gefühlen grössere Zurückhaltung: Nur 26 Prozent zeigen ohne Bedenken Stress, bei Ärger herrscht mit 23 Prozent noch mehr Scheu, Enttäuschung äussert nur jeder Fünfte bedenkenlos.
Deutschschweizer emotional offener als Romands
Eine weitere überraschende Erkenntnis ist, dass die als verklemmt geltenden Deutschschweizer die Romands beim Ausdrücken von Gefühlen um Längen schlagen. So fühlen sich Deutschschweizer zu 61 Prozent frei, Freude am Arbeitsplatz zu zeigen, während es in der Romandie nur magere 39 Prozent sind. Ein ähnliches Bild auch bei den negativen Gefühlen: Ärger können 27 Prozent der Deutschschweizer ohne Bedenken zeigen, in der Westschweiz wagen dies lediglich 9 Prozent.
Stress und Zufriedenheit
Betrachtet man das Gesamtschweizer Gefühlsbarometer, kommen Stress und Zufriedenheit mit je 49 Prozent auf der negativen beziehungsweise auf der positiven Skala am meisten vor, gefolgt von Motivation (42 Prozent) und Freude (41 Prozent). Weitere negative Gefühle folgen mit Frustration (27 Prozent), Ärger (20 Prozent) und Demotivation (19 Prozent) glücklicherweise erst auf den hinteren Plätzen.
Die Älteren sind glücklicher
Blickt man auf die verschiedenen Altersgruppen, scheinen die Baby Boomer als älteste noch arbeitende Generation, klar am glücklichsten zu sein. Mit 60 Prozent ist bei ihnen die Zufriedenheit das am stärksten wahrgenommene Gefühl, weit vor Stress (39 Prozent). Auch Sinnhaftigkeit wird mit zunehmendem Alter häufiger erlebt. Wenn das keine schönen Aussichten sind…
Und was hat das nun zu bedeuten?
Sandra Bascha, XING-Kommunikationsverantwortliche für die Schweiz, ordnet ein: «Beim Zeigen von Gefühlen gilt nicht je mehr desto besser. Wertvoll ist vielmehr die Gewissheit, dass ich meine Gefühle äussern darf, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen», schreibt sie in einer Mitteilung zur Studie. «Nur so kann ich am Arbeitsplatz mich selbst sein, was auch ein zentrales Merkmal von New Work ist. Ob das möglich ist, hängt von der Kultur des Unternehmens ab. Deshalb ist der Cultural Fit bei der Wahl des Arbeitgebers entscheidend.»
Quelle: www.new-work.se