Grünen-Angriff gescheitert: Bundesrat bleibt wie er ist




Die Sensation im Berner Bundeshaus blieb aus - der Angriff von Regula Rytz (Grüne) auf den Sitz von Ignazio Cassis ist nicht gelungen. Alle Bundesräte wurde in ihrem Amt bestätigt.
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Als letzte Wahl heute steht diejenige des Bundespräsidiums auf dem Programm. Simonetta Sommaruga wird mit 186 von 200 Stimmen deutlich gewählt und folgt somit auf Ueli Maurer. Es ist nach 2015 bereits das zweite Mal, dass sie dieses Amt bekleiden wird.
Auch Bundeskanzler Walter Thurnherr wurde übrigens wiedergewählt. Er erhielt 219 Stimmen von 224 gültigen Stimmen.
In der Wandelhalle und vor dem Nationalratssaal hat derweil das grosse Warten auf Regula Rytz begonnen.
«Das Wahlergebnis von Cassis respektive Rytz entspricht den Erwartungen. Ich ging davon aus, dass sie etwa 80 bis 90 Stimmen macht», sagt der Schaffhauser SVP-Nationalrat Thomas Hurter gegenüber den SN. Ob das Politisieren in Bern schwieriger wird, weil Parlament und Bundesrat unterschiedlich besetzt sind? «Nein, es wird nicht schwieriger. Die Bürgerlichen werden zusammenrücken, die Grünen darum nur bedingt Opposition aufbauen können.»
Auch Karin Keller-Sutter wurde wiedergewählt - allerdings mit keinem besonders glanzvollen Resultat. Sie holt bei einem absoluten Mehr von 104 insgesamt «nur» 169 Stimmen. 37 Zettel wurden leer abgegeben - und 21 gingen an den St. Galler FDP-Nationalrat Marcel Dobler.
Der Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann spricht mit den SN über den gescheiterten Angriff auf Ignazio Cassis' Sitz. «Das Resultat ist überdeutlich. Ich befürchtete, Regula Rytz würde noch mehr als die 82 Stimmen machen», sagt Germann. Ein Freipass in Sachen Europapolitik sei das Ergebnis aber nicht für Cassis. Und: «Für die Grünen ist das Resultat eine Chance, weil sie jetzt freier politisieren können.»
Verteidigungsministerin Viola Amherd fährt mit 218 Stimmen ein absolutes Spitzenresultat ein - sogar das beste Resultat aller Zeiten. Es ist offensichtlich, dass sich alle Parteien an die so oft zitierte und hochgehaltene Konkordanz halten. Mit Karin Keller-Sutter geht die heutige Bundesratswahl bereits in die letzte Runde.
#Bundesratswahl Regula Rytz hat leider nur die Simmen der #Grünen und #SP geholt. Die #GLP hat ihr die Stimme nicht gegeben. Das neue Parlament hat die Chance für andere Mehrheiten im #Bundesrat verpasst.
— Martina Munz (@MartinaMunz) December 11, 2019
Mit 145 Stimmen wurde Ignazio Cassis als Bundesrat bestätigt. Regula Rytz hat nur 82 Stimmen geholt. Zählt man die Fraktionen der SP und der Grünen zusammen, kommt man auf 83 Stimmen.
Warten auf das interessanteste Resultat dieser heutigen Bundesratswahl.
191 Stimmen für Guy Parmelin - ein äusserst gutes Resultat. Jetzt wird es erstmals wirklich spannend: Es folgt der Angriff von Rytz auf Ignazio Cassis.
Auch Thomas Minder und Hannes Germann haben zwischen den Wahlen kurz den Saal verlassen. Hannes Germann sagt, es sei nicht besonders spannend. Er hatte es für sich vorausgesagt.
Es hagelt ein weiteres Glanzresultat, dieses Mal für SP-Bundesrat Alain Berset. Er wird mit 214 Stimmen wiedergewählt (absolutes Mehr: 116 Stimmen). 14 Wahlzettel kamen leer zurück, 16 Stimmen entfielen auf «Verschiedene». Jetzt geht es um die Wahl des zweiten Romands im Bunde, um Guy Parmelin (SVP).
Martina Munz hat erwartet, dass Berset ein solches Resultat erreichen wird. Er wie auch Bundesrätin Sommaruga seien «fantastische Bundesräte». Sie sagte noch vor Bekanntgabe der Resultate gegenüber den SN, Berset werde wohl besser abschneiden als Sommaruga - sie sollte Recht behalten.
Auch Simonetta Sommaruga bleibt Bundesrätin. Die SP-Politiker hat 192 Stimmen erhalten. 25 Wahlzettel wurden leer abgegeben. 13 Stimmen gingen an Regula Rytz. Als nächstes geht es jetzt um den zweiten SP-Bundesrat Alain Berset.
Fast alle Schaffhauser Parlamentarier auf einen Blick. Thomas Minder, Hannes Germann und Martina Munz plaudern, während die Stimmen für Sommaruga ausgezählt werden.
Wir treffen die Schaffhauser SP-Nationalrätin Martina Munz in der Wandelhalle. Sie sagt, sie erwarte eine Abstrafung von Iganzio Cassis. Rytz werde wohl auf 90 Stimmen kommen.
Mit einem ausserordentlich guten Ergebnis wird Ueli Maurer mit 213 Stimmen im 1. Wahlgang gewählt. Das absolute Mehr lag bei 11 Stimmen. 23 Wahlzettel wurden leer abgegeben. Als nächstes folgt die Wahl von Simonetta Sommaruga.
Das erste lange Warten während die Stimmzettel eingesammelt und ausgezählt werden. Wählen dürfen übrigens nur diejenigen Parlamentarier, die auch an ihrem Platz sitzen.
Wir kommen jetzt zum ersten Wahlgang. Es geht um Ueli Maurer, der von allen Fraktionen unterstützt wird.
Sogar Roger Köppel ist heute am Start. Er glänzte in der Vergangenheit eher durch Abwesenheit.
Als Balthasar Glättli von den Grünen ans Rednerpult schreitet, geht ein Raunen durch die Menge. Er macht klar, dass heute nur der Sitz von Cassis angegriffen wird. «Das Volk hat am 20. Oktober die Zauberformel gesprengt. Die Grünen übernehmen jetzt Verantwortung. Wir treten heute an, auch wenn keine Vakanz besteht. Wahlen sollen immer die Chance bieten, eine Veränderung zu bewirken. Wer heute für Stabilität und gegen eine grüne Bundesrätin stimmt, hat nur den eigenen Machterhalt im Sinn.»
«Für Regula Rytz sprechen ökologische Gründe sowie der Wähleranteil der Grünen. Aber die Linke wäre mit drei Sitzen übervertreten. Und für Ignazio Cassis spricht, dass er Tessiner ist», sagt Tiana Moser (Grünliberale). Sie selbst plädiert für Rytz, für die Partei wurde Stimmfreigabe beschlossen.
Regula Rytz macht sich während der Fraktionserklärungen eifrig Notizen. Die Schaffhauser Ständeräte Hannes Germann und Thomas Minder haben hinten im Saal Platz genommen - nebeneinander.
Als zweiter ist SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi am Zug. «Ob die Grünen im Bundesrat vertreten sein sollen, soll sich frühestens in vier Jahren entscheiden», sagt er. Die SVP stehe für eine angemessene Vertretung der Landesregionen und lasse es nicht zu, dass die Grünen den Tessiner Ignazio Cassis aus dem Bundesrat drängen.
Der Nationalraatssaal ist jetzt natürlich voll - aber für einmal ist es hier ruhig. Ruhiger als sonst zumindest.
Zunächst gibt es die Fraktionserklärungen. Leo Müller von der Mitte-Fraktion macht den Anfang und meint: «Die Linke wäre mit drei Sitzen im Bundesrats übervertreten.»
Der Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann sagt, er glaube nicht, dass heute eine grüne Bundesrätin gewählt würde. «Es bleibt alles beim Alten», glaubt er. Es gebe keine Not, einen Bundesrat abzuwählen. Er anerkenne aber den Erfolg der Grünen. Und warum hat Germann einen Laptop unter dem Arm? Wird es langweilig? «Wahrscheinlich nicht besonders spannend», meint er.
Als Regula Rytz das Bundeshaus betritt, wird sie sofort von Medienleuten umstellt und befragt. Sie sagt, sie wisse nicht, wie es rauskommen werde.
Balthasar Glättli von den Grünen hat vor der Wahl noch Hoffnungen: «Das klingt ja, wie wenn schon alles vorentschieden wäre», war seine Antwort auf die Frage, ob es doch noch zu einer Überraschung kommt.
Die Glocke läutet - jetzt geht's los im Nationalratssaal.
Die Reihenfolge, in welcher die Bundesräte heute gewählt werden, ist übrigens auch strikt geregelt. Die Sitze werden einzeln besetzt und zwar nach Dienstalter. Es geht also zuerst um Ueli Maurer, dann um Simonetta Sommaruga, auf welche Alain Berset und dann Guy Parmelin folgen. Bei Ignazio Cassis probieren die Grünen anzugreifen, bevor es um Viola Amherd und am Ende um Karin Keller-Sutter geht.
Am Schluss ist auch die Bundesratswahl nur Mathematik: Die Vereinigte Bundesversammlung hat 246 Mitglieder - wenn alle eine gültige Stimme abgeben, ergibt das ein absolutes Mehr von 124 Stimmen. Diese Stimmen müssen die Kandidaten auf sich vereinen, um gewählt zu werden.
Die Grünen-Ständerätin Maja Graf war eine der ersten, die das Bundeshaus noch vor 7 Uhr betreten hat. Was erwartet sie vom heutigen Morgen? «Einen grünen Bundesrat, ganz klar.»
Am gestrigen Abend war der Himmel klar über Bern. So klar wird wohl heute Morgen auch die Bundesratswahlen ausfallen. Es wird mit grosser Wahrscheinlichkeit bei der aktuellen Besetzung bleiben. Darauf kann man auch deshalb schliessen, weil die Politprominenz im Hotel Bellevue nicht gross in Erscheinung getreten ist.
Um 8 Uhr wird die Vereinigte Bundesversammlung im Nationalratssaal zusammenkommen. Gegen 7.30 Uhr ist dort noch alles ruhig.
Geht es nach den Experten soll heute alles beim Alten bleiben und alle sieben Mitglieder des Bundesrats wiedergewählt werden. Selbst der Sitz des umstrittenen FDP-Politikers Ignazio Cassis scheint auf sicher. Oder gibt es doch eine Überraschung? Wir sind gespannt.