Im Bundesrat kommt es zur Departementsrochade

Schaffhauser Nachrichten | 
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Auf die Neu-Bundesräte kommt viel Arbeit zu.

Wer hat zukünftig welches Ressort? Diese Frage beantwortete heute der Bundesrat bei einer Pressekonferenz.

Im Bundesrat kommt es zu einer Departementsrochade: Mit Viola Amherd erhält die Schweiz zum ersten Mal eine Verteidigungsministerin, Karin Keller-Sutter wird neue Justizministerin. Simonetta Sommaruga geht ins Uvek und Guy Parmelin wird Wirtschaftsminister.

Für die grosse Rochade sei eine Abstimmung im Bundesrat notwendig gewesen, sagte Bundesratssprecher André Simonazzi am Montag vor den Bundeshausmedien. Am vergangenen Freitag hatte der Bundesrat eine erste Aussprache geführt, aber noch keinen Entscheid gefällt.

Im Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) warten Herausforderungen wie CO2-Reduktion, Energiewende, AKW-Rückbau, Gotthard-Strassentunnel, selbstfahrende Autos, Digitalisierung oder Medienkrise.

Nach acht Jahren im Justizdepartement sieht Bundesrätin Simonetta Sommaruga den Zeitpunkt für gekommen, um sich einer neuen Herausforderung zu stellen. Mit dem Uvek kehre sie zu ihren politischen Wurzeln zurück, sagt sie vor den Medien.

Im Parlament habe sie sich intensiv mit den Dossiers Umwelt und Energie beschäftigt. Im Uvek werde vieles gemacht, was die Schweiz zusammenhalte. «Die ganze Bevölkerung soll auch in Zukunft auf eine hervorragende Infrastruktur zählen können.»

Sommaruga blickte vor den Medien auch auf ihre Zeit im Justizdepartement (EJPD) zurück. Sie habe in diesen acht Jahren zahlreiche spannende und heikle Projekte verfolgt. Noch diese Woche sei die Lohngleichheit im Parlament traktandiert.

Wichtig sei es ihr auch gewesen, blinde Flecken in der Gesellschaft wie etwa Frauenhandel zu erkennen. Und: «Bei den Verdingkindern haben wir endlich hingeschaut.»

Schlüsselrolle in Europapolitik

Auf Guy Parmelin warten im Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) grosse Herausforderungen. Es ist für die flankierenden Massnahmen zuständig und spielt damit eine Schlüsselrolle in der Europapolitik. Wenn das Rahmenabkommen überhaupt noch eine Chancen haben soll, muss der neue Departementschef die Sozialpartner ins Boot holen. Dafür braucht er ebenso viel Fingerspitzengefühl wie Durchsetzungskraft.

Der Ausgang der Auseinandersetzung ist auch für die Forschungszusammenarbeit mit der EU entscheidend. 2020 läuft das gegenwärtige Programm Horizon 2020 aus. Beim Nachfolgeprogramm Horizon Europe droht der Schweiz eine Degradierung. Dieser Bereich ist ebenfalls im WBF angesiedelt.

Zu den weiteren Herausforderungen gehört die Landwirtschaftspolitik. Ein Entwurf für die Agrarpolitik ab 2022 (AP22+) ist im Moment in der Vernehmlassung. Die Zentralisierung von Agroscope ist abgeblasen, der neue Departementschef muss die Reorganisation nun noch einmal neu aufgleisen. Der ehemalige Landwirt und Weinbauer Parmelin kann diese Prozesse möglicherweise etwas entspannen.

Überblick: Was gibt es wo zu tun?

Die grösste Herausforderungen für die neue VBS-Chefin Viola Amherd sind die Pläne für die Luftverteidigung. Der Bundesrat will für maximal 8 Milliarden Franken neue Kampfjets und neue Boden-Luft-Raketen kaufen.

Die Verknüpfung der beiden Projekte stösst bei den Parteien auf heftigen Widerstand. Einzig die SVP stellt sich hinter den Bundesrat. Das letzte Wort dürfte das Volk im Jahr 2020 haben. Anders als beim gescheiterten Kauf des Gripen soll es aber nicht über das gewählte Modell befinden können.

In der Umsetzungsphase ist die Armeereform WEA. Diese hat unter anderem zum Ziel, Teile der Truppe wieder rasch mobilisieren und einsetzen zu können. Innerhalb von zehn Tagen sollen 35'000 Armeeangehörige im Einsatz stehen. Dafür sind jährlich 18'000 Rekruten nötig. Amherd wird die Rekrutierungsprobleme lösen müssen, mit welchen die Armee heute kämpft.

Eine weitere Herausforderung ist die Cybersicherheit. Wie anfällig die Schweiz ist, zeigte der Cyberangriff auf den Rüstungskonzern Ruag. Als Folge kündigte der heutige Verteidigungsminister Parmelin eine Aufstockung bei der Cyber-Abwehr an. Auch das Parlament sprach sich für einen stärkeren Schutz vor Cyber-Risiken aus.

Ins Stocken geraten ist die Sanierung der über 2200 geländegängigen Armee-Transporter Duro. Bei der beauftragten Firma hapert die Produktion wegen Lieferengpässen. Das ganze Programm kostet über 500 Millionen Franken. Im Parlament gab zu reden, ob an Stelle der Investition in die über 20-jährigen Duros nicht neue Fahrzeuge beschafft werden sollten.

Hängig ist eine Totalrevision des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes. Damit will der Bundesrat die Dienstpflicht von Zivilschutzleistenden verkürzen. Gleichzeitig sollen beim Bevölkerungsschutz die Kommunikationssysteme erneuert und der ABC-Schutz verbessert werden.

Im EJPD sind in den vergangenen Jahren grosse Projekte aufgegleist worden. Nun steht die Umsetzung an. Namentlich die Asylreform mit der Beschleunigung der Asylverfahren steht vor der Bewährungsprobe. Die Aktienrechtsreform steckt mitten in der parlamentarischen Beratung. Auch beim Erbrecht und beim Urheberrecht ist bereits das Parlament am Zug.

Zur Bekämpfung des Terrorismus stehen Anpassungen des Strafrechts sowie umstrittene präventive Massnahmen an. Die Polizei soll Personen ohne Strafverfahren unter Hausarrest stellen dürfen, wenn von ihnen eine terroristische Gefahr ausgehen könnte.

Justizministerin Karin Keller-Sutter wird ausserdem den Abstimmungskampf zum verschärften Waffenrecht und zur Konzernverantwortungsinitiative bestreiten müssen. Mit der Begrenzungsinitiative bleibt auch die Personenfreizügigkeit ein wichtiges Thema im EJPD.

Das WBF ist für die flankierenden Massnahmen zuständig und spielt damit eine Schlüsselrolle in der Europapolitik. Wenn das Rahmenabkommen überhaupt noch eine Chancen haben soll, muss der neue Departementschef Guy Parmelin die Sozialpartner ins Boot holen. Dafür braucht er ebenso viel Fingerspitzengefühl wie Durchsetzungskraft.

 

Der Ausgang der Auseinandersetzung ist auch für die Forschungszusammenarbeit mit der EU entscheidend. 2020 läuft das gegenwärtige Programm Horizon 2020 aus. Beim Nachfolgeprogramm Horizon Europe droht der Schweiz eine Degradierung. Dieser Bereich ist ebenfalls im WBF angesiedelt.

Zu den weiteren Herausforderungen gehört die Landwirtschaftspolitik. Ein Entwurf für die Agrarpolitik ab 2022 (AP22+) ist im Moment in der Vernehmlassung. Die Zentralisierung von Agroscope ist abgeblasen, der neue Departementschef muss die Reorganisation nun noch einmal neu aufgleisen. Der ehemalige Landwirt und Weinbauer Parmelin kann diese Prozesse möglicherweise etwas entspannen.

Nur vorübergehend entschärft ist das Dossier Waffenexporte. Letzten Juni entschied der Bundesrat, dass Kriegsmaterial unter Umständen auch in Bürgerkriegsländer exportiert werden darf. Angesichts des heftigen Widerstands gab der Bundesrat die Pläne im Oktober wieder auf. Die «Korrektur-Initiative», die Waffenexporte einschränken will, dürfte trotzdem lanciert werden.

Hängig ist auch die Fair-Preis-Initiative. Der neue Departementschef muss sich um den Gegenvorschlag dazu kümmern. Damit will der Bundesrat die hohen Schweizer Preise bekämpfen. Zudem hat die Regierung letzte Woche vorgeschlagen, die Industriezölle abzuschaffen.

Parmelin muss auch die Verhandlungen über verschiedene Freihandelsabkommen weiterführen. Jenes mit Indonesien hat sein Vorgänger Schneider-Ammann noch zum Abschluss gebracht, im Parlament vertreten wird er die Lösung aber nicht mehr. Mit Vietnam, Indien und Malaysia sind die Verhandlungen noch im Gang. Vom neuen WBF-Vorsteher erwartet das Parlament, dass auch mit den USA Gespräche in Gang kommen.

Nächstes Jahr will der Bundesrat die Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI) für die Jahre 2021 bis 2024 verabschieden. Dauerbrenner im WBF sind der Fachkräftemangel, Digitalisierung oder das Arbeitsrecht.

(sda) 

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