Festnahme bei Terrorrazzia

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Der Einsatz im Raum Lugano erfolgte im Rahmen eines Strafverfahrens gegen einen schweizerisch-türkischen Doppelbürger. Es besteht der Verdacht, dass er und mögliche Komplizen in Asylzentren für den IS geworben haben sollen. Symbolbild Key

Mehr als 100 Beamte waren gestern bei einer gross angelegten Anti-Terror-Operation im Tessin im Einsatz. Ein schweizerisch-türkischer Doppelbürger wurde verhaftet. Er soll für den IS rekrutiert haben.

Von Gerhard Lob

Eine Anti-Terror-Operation dieses Ausmasses hat es im Tessin noch nie gegeben. Mehr als 100 Beamte der Kantonspolizei sowie der Bundespolizei (Fedpol) führten gestern diverse Hausdurchsuchungen im Kanton durch, vorab im Raum Lugano. Auch ein Gebetsraum wurde durchsucht. Es handelte sich gemäss inoffiziellen Quellen um die Moschee in Lugano-Viganello. «Einsätze dieser Grössenordnung sind äusserst selten», präzisierte der Sprecher der Bundesanwaltschaft (BA), André Marty, gestern auf Anfrage. Die entsprechende Logistik mit der Absperrung von Strassen erforderte einen grossen Aufwand.

Der Einsatz erfolgte im Rahmen eines Strafverfahrens gegen einen ungefähr 30-jährigen schweizerisch-türkischen Doppelbürger, der verhaftet wurde, sowie gegen einen türkischen Staatsbürger. Ermittelt wird wegen mutmasslichen Verstosses gegen das Bundesgesetz über das Verbot der Gruppierungen Al Kaida und Islamischer Staat sowie verwandter Organisationen sowie des Verdachts auf Unterstützung beziehungsweise Beteiligung an einer kriminellen Organisation.

Verdacht auf Rekrutierungen

Konkret besteht der Verdacht, dass versucht wurde, Personen für den Islamischen Staat oder andere verwandte Organisationen zu rekrutieren. Laut BA-Sprecher Marty ging es in keiner Weise um einen bevorstehenden Anschlag. Eine Schlüsselrolle in diesem Fall spielt offenbar der verhaftete schweizerisch-türkische Doppelbürger. Dieser arbeitete für eine Sicherheitsfirma im Bellinzonese, die unter anderem für die Bewachung eines kantonalen Asylzentrums in Camorino zuständig war. Hat er versucht, unter den Asylbewerbern Personen für den IS anzuwerben? Diese Frage war gestern eine, die sich viele stellten.

Tatsache ist, dass diese private Sicherheitsfirma in einem eigenen Verfahren ins Visier der Tessiner Staatsanwaltschaft geraten ist. Damit überlappen sich die beiden Ermittlungen, also jene des Bundes und jene des Kantons Tessin. Der 36-jährige Geschäftsführer wurde gestern verhört, wie die Kantonspolizei bekannt gab. Gegen ihn wird wegen des Verstosses gegen das Arbeitsgesetz und das Gesetz der privaten Sicherheitsfirmen (Lapis), aber vor allem wegen Freiheitsberaubung und Gewalt gegen mindestens einen Asylbewerber ermittelt. Die betroffene Sicherheitsfirma wurde umgehend von ihren Aufgaben entbunden.

Überraschende Anti-Terror-Aktion

Die gross angelegte Anti-Terror-Aktion kam gestern vollkommen überraschend. Am Dienstag hatte Bundesanwalt Michael Lauber noch Details des Einsatzes bei einem Besuch seiner Kollegen in Lugano erörtert. Danach sprach er in der Universität von Lugano in einer vom kantonalen Justizdirektor Norman Gobbi lancierten Veranstaltung über «Organisierte Kriminalität in der Schweiz». Über den bevorstehenden Grosseinsatz war bei dieser Veranstaltung nichts durchgesickert. Lauber beklagte sich allerdings darüber, dass ihm das Parlament nicht genügend Mittel gewähre. In Zusammenhang mit Dschihadismus sind landesweit rund 70 Verfahren hängig. Bekannt ist die An’Nur-Moschee in Winterthur, in deren Umfeld es in diesen Tagen zu Verhaftungen kam. Laut BA-Sprecher André Marty lässt sich aber kein geografischer Hotspot für die Rekrutierung von IS-Kämpfern ausmachen. Das Phänomen betreffe die ganze Schweiz. Gegenüber der Nachrichtenagentur SDA erklärte die Bundesanwaltschaft zusätzlich, dass es bei den Ermittlungen, die zur Festnahme im Tessin führten, keinen Zusammenhang zum Attentäter vom Berliner Weihnachtsmarkt gebe.

Es besteht der Verdacht, dass versucht wurde, Personen für den Islamischen Staat oder andere verwandte Organisationen zu rekrutieren.

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