Warum es in Kalifornien eine «Schaffhausen Street» gibt
Direkt neben der «Frauenfeld Street» findet sich die «Schaffhausen Street». Warum heisst diese Strasse so? Wir haben mit der Frau gesprochen, deren Familie dafür verantwortlich ist.
Auswanderung aus Schaffhausen: Ziel ist Amerika
Im Stadtarchiv findet man jede Menge Zeugnisse über die Auswanderungswelle nach Amerika. So wanderten im 19. Jahrhundert viele Menschen hauptsächlich aus wirtschaftlichen Gründen aus, vorwiegend nach Nord- und Südamerika. Wie das Stadtarchiv auf ihrer Homepage schreibt, hatten «die kantonalen und kommunalen Behörden» aber lange Zeit Mühe, die «vorgesehen Kontrollen durchzusetzen».
Viele Menschen wanderten ohne amtliche Papiere aus – und sind so nicht in Statistiken verzeichnet. Allerdings wurden ab 1841 Auswanderungen in Amtsblättern publiziert – sofern diese Leute sich bei ihrer Heimatgemeinde abgemeldet hatten. So gibt es wenigstens ein ungefähres Bild, wie viele Leute in dieser Zeit ausgewandert sind.
Das Klima ist warm in Manteca – typisch kalifornisch. Selten fällt das Thermometer unter 20 Grad. Der Ort, gelegen im San Joaquin County, ist mit seinen fast 76‘000 Einwohnern eine typische Stadt im «Golden State» Kalifornien. Ein Grossteil der Einwohner kommt aus der Mittelschicht, pendelt über die Interstate 5 zur Arbeit und schickt ihre Kinder auf eine der 20 Grundschulen, die sich im Stadtgebiet verteilen – und später auf eine der fünf Highschools, die klangvolle Namen wie «Sierra Highschool» oder «East Union High» haben.
Den Leuten geht es gut – im Schnitt haben die Menschen in dieser Stadt ein jährliches Einkommen von knapp 52‘000 Dollar jährlich. Armut gibt es in der Stadt kaum. Allerdings sucht man eine Altstadt vergebens: Manteca ist eine junge Gemeinde, erst 1918 gegründet - und doch ist die Stadt auf eine Art mit Schaffhausen verbunden – auch wenn das wohl nur wenigen bewusst ist.
Wir machen einen Spaziergang durch die Manteca und beginnen am Villa Ticino Park. Dieser ist sehr weitläufig, mit saftigen, grünen Wiesen - untypisch, für das sonst so dörre Kalifornien.
Von dort gehen wir die «Appenzeller Lane» hinunter, bis sie in einem «Dead End», also einer Sackgasse endet. Davor kreuzt sie jedoch die «Schaffhausen Street». Diese Strasse ist besonders schön. Die Gärten sind grüner als in den anderen Strassen, die Häuser wirken grösser und irgendwie amerikanischer. In den Einfahrten stehen grosse Wägen, Familienautos, die in der Sonne glänzen.
Wie kommt es, dass es in einer Stadt in Amerika eine Strasse mit solch einem Namen gibt?
Die Schweiz in Manteca
«Frauenfeld Street», «Appenzeller Lane», «Schaffhausen Street». Wie kommt es, dass diese Stadt so einen starken Bezug zu der Schweiz hat? Diese Frage beantwortet uns Jeffrey Hightower von der Stadtverwaltung. Er ist Stadtplaner in Manteca und erklärt: «In Kalifornien ist es normal, dass Städte den Landbesitzern erlauben, die Namen für die Strassen auszusuchen, die neu gebaut werden.»
Sie spazieren gerade die «Schaffhausen Street» in Manteca, Kalifornien, entlang.
In diesem Fall war es die Familie Rossi, die das Land dort kaufte. Wie kam diese Familie dann auf diesen Namen? Diese Frage stellten wir Toinette Rossi. Sie lebt in Manteca und erklärt, warum ihre Familie sich für diese Namen entschieden hat. «Die Eltern meines Vaters kamen ursprünglich aus dem Tessin», so die 61-Jährige. «Auch, weil wir uns an die alte Heimat erinnern wollten, haben wir uns entschlossen verschiedene Schweizer Namen zu nehmen.» Unteranderem eben auch Schaffhausen. In der unmittelbaren Nachbarschaft zu dieser Strasse findet man jedoch auch den «Zurich Drive», kann den «Gallen Court» entlangflanieren und von der «Frauenfeld Street» direkt seine Nachbarn in eben «Schaffhausen Street» begrüssen.
Schweizer Kultur wird hochgehalten
Vor allem im San Joaquin County ist die Schweizer Lebensart stark vertreten. So gibt es dort auch den San Joaquin Swiss Club – dieser lebt, fern der Heimat, die Schweizer Kultur. Zudem veranstaltet dieser jedes Jahr «Schwing»-Turniere und war 2016 sogar beim Eidgenössischen Schwingfest in Estavayer-le-Lac im Kanton Fribourg vertreten.
«Der Zweck und das Ziel unserer Clubs ist es, Schweizer, Menschen mit Schweizer Wurzeln und ihre Freunde zusammenzubringen. Wir wollen die Schweizer Kultur fördern, bewerben und erhalten», schreibt der Club auf seiner Homepage.
Dies geschieht, neben den Schwingveranstaltungen, auch durch Jass-Turniere und regelmässige Treffen. Im Februar wird sogar die Fasnacht gefeiert – traditionell mit Verkleidungen «guter Laune».
