«Mein ganzes Leben war wie ein Spiel»

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Der Mann auf der Kommandobrücke: Niki Lauda gibt im Formel-1-Zirkus noch immer Vollgas und ist stets mittendrin. Bild; Key

Niki Lauda gehört zur Formel 1 wie der Geruch nach Benzin und das Dröhnen der Motoren. Als Aufsichtsratspräsident von Mercedes und TV-Experte bei RTL hat er noch immer einiges zu sagen.

von Mario Casanova

Wir sitzen hier im Kursaal des Hotel Grand Resort in Bad Ragaz. Was führt Sie hierher?

Niki Lauda: Ich treffe mich mit Leuten von Mercedes-AMG, die hier eine Rundfahrt veranstalten, dazu werde ich zum 15-Jahr-Jubiläum des Casinos einen Vortrag halten.

Sind Sie selber ein Gambler und sitzen in Casinos an den Roulette- oder Black-Jack-Tischen?

Nein. Mein ganzes Leben war so etwas wie ein Spiel. Ich bin immer Risiken eingegangen, da brauche ich keine Glücksspiele.

Ihre Rennfahrerkarriere haben Sie 1971 mit einem Kredit von 2,5 Millionen Schilling (damals 310 000 Franken) lanciert. Auch ein Risiko?

Ja. Ein gewisses Risiko war ­sicher dabei.

Am 1. August 1976 verunfallten Sie auf dem Nürburgring und wären beinahe verbrannt. Hatten Sie da zu viel Risiko auf sich genommen?

Nein. Grund für den Unfall war ein gebrochener Querlenker am Ferrari. Ich überlebte nur, weil mich ­Arturo Merzario aus dem brennenden Auto ziehen konnte.

Drei Jahre zuvor in Zandvoort verbrannte Roger Williamson. Sie und andere Fahrer fuhren an der Unfallstelle vorbei, und Sie rechtfertigten sich danach mit den Worten: «Ich bin Rennfahrer und nicht Feuerwehrmann.»

Halt, halt. Die Geschichte ist so: Als ich den Unfall sah, rannte ein Fahrer mit Helm und Feuerlöscher um das brennende Auto. Ich und die anderen dachten, es sei der Verunglückte selber. Wir haben ja nur Rauch gesehen. Doch es war David Purley, der beim Unfall direkt hinter Williamson fuhr und aus seinem Auto stieg, um zu helfen. Nach dem Rennen nervte mich ein Journalist dann ständig mit blöden Fragen, bis ich ihm sagte: «Passen Sie auf, ich bin Rennfahrer und nicht Feuerwehrmann.» Das hat er dann völlig aus dem Zusammenhang gerissen und zur Headline gemacht.

Wie erlebten Sie die letzte Ölung, die Sie nach Ihrem Feuerunfall im Spital erhalten hatten?

Eine Schwester fragte mich, ob ich die Letzte Ölung erhalten wolle. Ich konnte ja ausser hören und nicken gar nichts tun. Also habe ich genickt und erwartete, dass jetzt ein Priester mit mir reden würde. Doch es passierte nichts, weil der Priester wohl dachte, ich sei ohnmächtig. Er hat mir zwar offenbar die Letzte Ölung gegeben, aber er ist gegangen, ohne ein Wort zu sagen. Da habe ich mir gedacht: So nicht mit mir. Das war gut so und motivierte mich, am Leben zu bleiben.

42 Tage später gaben Sie Ihr Comeback, 1979 traten Sie nach einem Training in Kanada zurück, um zwei Jahre danach ein Comeback zu feiern. Schliesslich waren Sie 1975 und 1977 mit Ferrari und 1984 mit McLaren Weltmeister. Welcher Titel war der schönste?

Für jeden Fahrer ist wohl immer der erste der schönste, weil man die ganze Karriere über auf dieses Ziel hingekämpft hat.

Nach Ihrem zweiten Rücktritt blieben Sie der Formel 1 treu. Bei Ferrari waren Sie zu Beginn der Neunzigerjahre massgeblich an der Verpflichtung von Michael Schumacher beteiligt.

Stimmt, ich hatte mit Michaels Manager Willy Weber sämtliche Verträge ausgehandelt. Als Ferrari-Chef Luca di Montezemolo mit Jean Todt, den ich ihm noch empfohlen hatte, zusammenarbeitete, hiess es plötzlich: Den Lauda brauchen wir nicht mehr.

Schon lange sind Sie TV-Experte bei RTL und seit 2012 Aufsichtsratsvorsitzender bei Mercedes und auch am ­Silberpfeil-Team beteiligt.

Das alles ist eine riesige Herausforderung für mich und Teamchef Toto Wolff. Aber wir haben, glaube ich, bisher nicht schlecht gearbeitet.

Sie sind 68, wie lange wollen Sie sich das noch antun?

Solange ich gesund und fit bin, mache ich weiter. Stillstand ist das Langweiligste, was es gibt.

Was schreiben Sie auf einem Formular beim Stichwort Beruf hin?

Pilot. Nach meiner Rennfahrerkarriere gründete ich die Lauda Air, die ich zum richtigen Zeitpunkt an die Austrian Air verkaufen konnte. Später gründete ich mit Fly Niki Air eine Low-Cost-Linie und konnte diese vor rund sieben Jahren, wieder im richtigen Moment, dann an die Air Berlin verkaufen.

Sie reisen um den ganzen Erdball. Wie oft fliegen Sie noch selbst?

Oft. Ich fliege immer noch selber zu den Rennen. Es macht das Leben viel einfacher. Am Sonntag nach dem Rennen in Kuala Lumpur geht es gleich zurück, und ich bin schon um 22 Uhr am Abend wieder in Wien.

Was ist gefährlicher: Autorennen ­fahren oder fliegen?

Autorennen fahren. Flugzeuge zu fliegen, ist nicht gefährlich.

Ihr Vermögen wird auf 200 bis 300 Millionen Euro geschätzt. Was bedeutet Ihnen Luxus?

Nix, nix, nix! Ich habe beide Füsse auf dem Boden. Ich wäre auch ohne Flugzeug nicht unglücklich.

Sie haben mehrere Bücher geschrieben. 1978 «Meine Jahre bei Ferrari»; 1985 «Meine Story»; 1982 «Die neue For­mel 1»; 1996 «Das dritte Leben» und 2015 «Reden wir über Geld». Wie heisst Ihr nächstes Buch?

Es gibt kein Buch mehr, weil das Bücherschreiben das Mühsamste überhaupt ist. (sda)

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