Feuerthaler Brauer mit neuem Domizil

Mark Gasser | 
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Das lokale Kultbier «Rüedels Naturtrüeb» aus Feuerthalen hat ausgegärt – aber nur vorläufig. Nach dem Verkauf der Liegenschaft beim Feuerthaler Brückenkopf wird nun eine ehemalige Hütte von Hobbyfunkern zur Braustube.

Der Feuerthaler Michael Rüedi kommt mit gemischten Gefühlen zurück an den Ort des Geschehens. In jenes Lokal an der Adlergasse in Feuerthalen, wo er und sieben Kollegen ab 2003 im eigenen ­Lokal mit dem sinnigen Namen «Gambrinus» – Schutzgott der Bierbrauer – ihr Bier «Rüedels Naturtrüeb» brauten. Der Gedanke, eigenes Bier zu brauen, war im Freundeskreis der Clique aus Feuerthalern und Schaffhausern als klassische Bieridee entstanden: Jahrelang frönte die Gruppe dem Motorradfahren. Als die einen begannen, etwas kürzerzutreten oder langsamere Maschinen zu fahren, verlagerte sich der Fokus aufs Bierbrauen.

Der heute 52-jährige Rüedi und der Schaffhauser Heiner Egli (60) starteten ihre ersten Brauversuche im ehemaligen «Milchhüsli» in Langwiesen um die Jahrtausendwende. «Auslöser dafür, warum wir mit dem Bierbrauen begannen, war, weil das Bier damals überall gleich schmeckte», resümiert Rüedi. «Wir brauten dort unser Bier und nutzten den Raum für Geburtstage unter Kollegen. Doch schnell wurde der Platz zu eng.» Denn das gemeinsame Brauen, Degustieren und Geniessen des Gerstensafts bei Livemusik und Snacks an der selbst gebauten Bar wurde schnell zum Fixtermin im Kollegenkreis.

Zweimal monatlich brauten sie dann am neuen Standort ab 2003 Bier, was rund 2400 Liter pro Jahr ergab – fast vierzehn Jahre lang, in denen sich die Gruppe allerdings wegen zweier Todesfälle um zwei Mitglieder dezimierte. Doch eines blieb bis heute: die Faszination, aus vier Zutaten (Wasser, Gerste, Hopfen, Hefe) ­geschmacklich vielfältige Biersorten herstellen zu können. «Wir machten meist ein schlankes, herbes Lagerbier, ab und zu ein Weizen und als Ausnahme ein Stout.» In reiner Handarbeit rührten sie das Bier im Bottich an. Mit dem Verkauf der Liegenschaft am Brückenkopf in Feuerthalen Mitte 2016 wurde auch klar, dass die Hobbybrauer bald einem Laden weichen mussten (siehe Kasten). Noch vor wenigen Monaten sah es so aus, als hätten sie ausgebraut.

«Auslöser dafür, warum wir selbst mit dem Bierbrauen begannen, war, weil das Bier überall gleich schmeckte.» Michael Rüedi, Hobbybrauer «Rüedels Naturtrüb»

Wären da nicht zwei aus der Gruppe gewesen, die ihr Hobby nicht begraben, sondern das Ende des «Gambrinus» als Chance wahrnehmen wollten, eine neue Ära einzuläuten. Bereits haben Michael Rüedi und Heiner Egli im Raum Schaffhausen ein geeignetes Lokal gefunden, das sie günstig mieten können: Eine grosse Hütte im Mühlental, gleich gegenüber der International School im Logierhaus, diente dem Funk-Club Jsar einst als Vereinszentrale. Das 84 Qua­dratmeter grosse Objekt ist im Besitz der Stadt Schaffhausen, welche die Parzelle dem 1982 in Beringen gegründeten Funk-Club ab 1984 jeweils für zwei Jahre verpachtete.

Die Hütte habe einst dem Asylwesen als Erstkontrollstelle für sanitarische Untersuchungen von Flüchtlingen gedient, erklärt Andreas Hoppe, einer der Gründerväter des Funk-Clubs. «Wir mussten sie damals einfach innerhalb einer bestimmten Zeit am alten Standort ab- und am neuen wieder aufbauen.»

Dass sie so lange am jetzigen Standort Bestand haben würde, hätte Hoppe damals wohl kaum gedacht. Rüedi und Egli planen nun, mit ihren Freunden hier bis auf Weiteres rund 120 Liter Bier pro Woche zu brauen. Fleissig hämmern, schrauben, malen und putzen sie täglich, auch eine moderate Küchensanierung gehört zu den kleinen Umbauarbeiten. Im idyllischen Garten sollen ab Juli Gäste ihr erstes Bier trinken können – auch solche ausserhalb ihres Bekanntenkreises. ­Tische, Stühle und Lichtgirlanden im Garten sind schon bereit.

«Gambrinus»-Brauer: Pro Liter Bier werden gut 15 Rappen Alkoholsteuer fällig

Bis vor Kurzem gehörte die markante Liegenschaft an der Ecke Adlergasse/Diessenhoferstrasse in Feuerthalen dem Kanton. An den Wohnungen und dem Ladenbereich wurde aber jahrelang nichts geändert. Vergangenen Sommer wurde die Liegenschaft verkauft, und wenige Monate darauf folgte dann die Hiobsbotschaft für die Feuerthaler Bierbrauer: Sie mussten ausziehen. «Es hiess seitens der Käuferschaft, ein Laden würde sich hier einmieten», so Michael Rüedi. Stichtag war der 31. März: Mit vereinten Kräften schafften die «Gambrinus»-Bierbrauer ihre zwei Bottiche fürs Einmaischen, Kochen und Gären des Suds und das Mobiliar aus dem Lokal in die ehemalige Hütte des Funkclubs Jsar in der Mühlentalstrasse.

Heute weniger Kontrollen

Hierhin hat Michael Rüedi auch die «Akten» verlegt: Rechnungen, Braurezepte und den Schriftverkehr mit den Amtsstellen, allen voran der Alkoholverwaltung, welcher in Selbstdeklaration die Braumenge gemeldet wurde. Pro Liter Bier müssen die Hobbybrauer aktuell 15,19 Rappen Alkoholsteuer abgeben, für Starkbier 20,26 Rappen – abzüglich eines Anteils für den Eigenbedarf. Sogar die Lizenznummer hat Rüedi noch im Kopf: «Wir sind Brauerei Nummer 213», erinnert er sich an die Formalitäten aus dem Jahr 2003, als sie sich im neuen Lokal an der Adlergasse 1 eingemietet hatten. «Mittlerweile gibt es über 700 gemeldete Bierbrauereien in der Schweiz.»

Die Zunahme an kleinen Craft-Brauereien hat auch Auswirkungen auf die Frequenz der Selbstdeklarationen. «Anfangs kontrollierte die Alkoholverwaltung alle drei Monate, mittlerweile nur noch jedes Jahr.»(M. G.)

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