SVP sieht Wahljahr gelassen entgegen

Mark Gasser | 
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Die Ankündigung mehrerer Rücktritte aus dem Marthaler Gemeinderat 2018 schafft Raum für Spekulationen: Wird der neu gegründete Verein Bürgerforum der SVP Paroli bieten können?

Die Erneuerungswahlen im kommenden Jahr dürften wie so oft im Weinland kaum Kampfwahlen hervorbringen. Viele Gemeinden – vorab die kleineren – werden froh sein, wenn sich bei Rücktritten auf Anhieb ge- nügend Behördenmitglieder finden lassen, welche die Gemeinderäte, Rechnungsprüfungskommissionen und Schulpflegen komplettieren.

Nicht so in Marthalen. Hier könnte die Wahl in den Gemeinderat, welcher seit Jahren von SVP-Mitgliedern (5) und von SVP-nahen Gewerbevertretern (2) besetzt ist, zu einer interessanten Affiche werden. Denn letzthin zeigte sich der zuletzt serbelnde Gemeindeverein mit neuer Ausrichtung kämpferisch. Kürzlich wurde der Gemeindeverein, der an Mitgliederschwund litt, in «Verein Bürgerforum Marthalen» umgetauft. Dessen einzige Bestimmung wird es sein, im Rahmen von Wählerversammlungen Mitglieder für die verschiedenen Behörden zu ­rekrutieren.

Auslöser dafür, dass der Gemeindeverein nicht für immer die Segel strich, war die immer wieder von ihm monierte SVP-Dominanz im Gemeinderat und in der Dorfpolitik. So sah sich der Verein in der seit 22 Jahren bestehenden Form oft ausserstande, bei Wahlen in den Gemeinderat eigene Kandidaten durchzubringen. Ob es nun 2018 einen Wahlkampf in Konkurrenz zur SVP geben wird, kann das Bürgerforum noch nicht sagen. «Im Grunde muss man immer schauen, dass bei Rücktritten überhaupt genügend Leute für die Behörden gefunden werden», meint Christoph Ammann, Aktuar des neuen Bürgerforums. «Wir wollen auch gar nicht Totalopposition betreiben – ich sehe unser Engagement als Ergänzung zur SVP. Aber wir wollen auch eine angemessene Vertretung.» Mit «wir» meint er alle Nicht-SVPler: Von den sieben Personen im Gemeinderat sollten demnach mindestens deren zwei anderen Parteien oder Gruppierungen nahestehen als der SVP und dem (SVP-nahen) Gewerbeverein. Das Bürgerforum sei aber auch ein Experiment: Der Name Gemeindeverein sei etwas vorbelastet aus vergangenen Wahlniederlagen. Die SVP mobilisiere aussergewöhnlich gut in Marthalen.

Wie viele aktuelle SVP-Mitglieder 2018 aus dem Gemeinderat ausscheiden, ist noch nicht konkret. «Nach den Sommerferien geben sie Bericht, ob sie aufhören oder nicht», sagt Paul Mayer, Präsident der SVP-Ortspartei. Vorher über Namen zu rätseln, sei «reine Spekulation». Immerhin: Die beiden Frauen im Gemeinderat, Gemeindepräsidentin Barbara Nägeli (60) und Inge Stutz (62), machen nach 20 beziehungsweise 16 Jahren im Gemeinderat mit ihrer Ankündigung von 2014 Ernst und werden nicht mehr antreten.

Für Nägeli, die wie Stutz selbst SVP-Mitglied ist, haben die Aussagen des Bürgerforums einen schalen Nachgeschmack. «Wir machen ja Sachpolitik und nicht Parteipolitik. Es gab auch nicht viel mehr Kandidierende, die sich für die jeweiligen Vakanzen aufstellen lassen wollten», findet Nägeli. «Und wenn der Gemeindeverein dann Leute aufstellt, die nicht gewählt werden, kann die SVP nichts dafür.» Im Übrigen seien auch die fünf SVP-Gemeinderäte gar nicht immer der gleichen Meinung.

Auch SVP-Ortspräsident Paul May­er beunruhigen die angekündigten Wählerversammlungen nicht. «Das Bürgerforum sind die gleichen Leute, die früher im Gemeindeverein federführend waren. Da hat sich nicht viel geändert», ist er überzeugt. Bei der Schaffung einer Wählerversammlung habe der Gemeindeverein nicht mit der SVP gesprochen. Auch beim gemeinsamen Turnen in der Männerriege habe der Ex-Präsident des Gemeindevereins diesbezüglich nichts gesagt. Doch das scheint Mayer nicht weiter zu kümmern. «Wir haben unseren Fahrplan.»

Obwohl sich gemäss Bürgerforum auch Kandidierende oder Interessenten aus dem Lager der SVP an den Wählerversammlungen präsentieren könnten, wird die SVP kaum an kontradiktorischen Veranstaltungen auftreten. «Wir sind hier in einem Dorf, hier geht es nicht um den Nationalrat», so Mayer.

Kein Wahlkampf heisst aber nicht, dass es keine Kampfwahl geben wird – damit ist sogar zu rechnen, auch wenn drei, vier Bisherige aus dem Rat ausscheiden dürften, wie Barbara Nägeli durchblicken lässt. Das Szenario einer Kampfwahl ist Parteipräsident Mayer nicht fremd. Und er wiederholt, was er in solchen Situationen, in denen die SVP selbstsicher mit ihren Kandidaten letztlich obenaus geschwungen ist, immer sagt: «Wenn es eine Kampfwahl gibt, kann das Volk auswählen. Das ist auch gut.»

Wahltermin Politik muss sich noch einigen

Der Termin für die kommunalen Erneuerungswahlen 2018 im Kanton Zürich ist noch alles andere als klar – denn dieses Jahr ist das Datum ein besonderes Politikum. «Ob die Schulpflegen gemeinsam mit den anderen Gemeindebehörden gewählt werden sollen, ist im Moment noch offen», sagt Martin Farner, Gemeindepräsident von Oberstammheim und Vorstandsmitglied im kantonalen Gemeindepräsidentenverband (GPV).

Der GPV ist daran, mit der kantonsrätlichen Kommission für Staat und Gemeinden einen neuen Vorschlag auszuhandeln. Die Krux: Die Amtsantritte vieler Behörden waren uneinheitlich, was Koordina-tionspro­bleme verursachte. Nun könnte der Wahltermin auf April oder Mai 2018 angesetzt werden. Neu sollen so auch beide Behörden ab der nächsten Amtszeit gleichzeitig beginnen. Und dazu muss das Gesetz über die politischen Rechte angepasst werden. In seiner Stellungnahme begrüsste der Verband der Zürcher Gemeindeschreiber «einen koordinierten Amtsantritt von Gemeindevorstand und Schulpflege, um die Übergangsprobleme in Einheitsgemeinden zu lösen». Davon gibt es im Kanton Zürich bereits 60.(M. G.)

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