Neue Deklarationspflicht bei Backwaren: Was das für die Bäckerzunft bedeutet

Roland Müller | 
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Sieht der neuen Deklarationspflicht gelassen entgegen: Roman Schär vom «Wyland Beck» in Truttikon. Bild: Roland Müller

Seit dem 1. Februar ist in der Schweiz bei offen verkauften Brot- und Backwaren die Herkunft auszuweisen.

Seien es Gipfeli, Weggli oder Zimtschnecken: Wer diese und weitere Backwaren zum Verkauf anbietet oder zum Verzehr serviert, auch bei in Scheiben geschnittenem und serviertem Brot oder bei Sandwichbrötchen, muss neu schriftlich das Herkunftsland dieser Produkte deklarieren. Dies gilt für alle Läden und Verkaufsstellen, Gastronomiebetriebe oder auch Essensstände.

Immer mehr Verkaufs- wie auch Gastronomiebetriebe setzen, nicht zuletzt aufgrund von veränderten Kundenbedürfnissen und «food waste», auf bereits fertig geformte Teigprodukte, also Teiglinge. Diese können laufend bedarfsgerecht, entweder im gekühlten oder tiefgefrorenen Zustand, rasch zu frischen Brot- und Backwaren aufgebacken werden. Ein Grossteil dieser Aufback-Teiglinge wird im Ausland produziert und in die Schweiz importiert. Die Landwirtschaft, Mühlen, aber auch die Bäckereien fordern seit Jahren eine klare Deklaration bei der Herkunft von Backwaren – im Sinne einer Transparenz, wie man sie bereits in der Fleischproduktion kennt.

Als Halbfabrikate und ohne jeglichen Grenzschutz eingeführte Teiglinge sind vielen Marktteilnehmern ein Dorn im Auge. Im vergangenen Jahr waren es bereits weit über 150 000 Tonnen aus verschiedenen Ländern, bei stark steigender Tendenz. Im Gegenzug musste der Schweizer Getreideproduzentenverband von der letztjährigen inländischen Brotgetreideernte im Umfang von 382 000 Tonnen deren 9390 Tonnen zu Futtergetreide deklassieren, weil trotz wachsender Bevölkerung die Nachfrage nach inländischem Backmehl stagniert.

Revidiertes Lebensmittelgesetz

Mit der vom Bundesrat durchgeführten Revision der gesamten Lebensmittelgesetzgebung, inklusive Verordnungen, soll der Gesundheits- und Täuschungsschutz gestärkt werden. Zugleich wird die Schweizer Gesetzgebung mit diesen Anpassungen auf den gleichen Stand der EU angehoben. Der Bundesrat hat dazu über zwei Dutzend neue Verordnungen angepasst. Einer der Kernpunkte ist die massiv ausgedehnte Deklarationspflicht für Brot- und Backwaren, was die Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung tangiert. Unter Artikel 39 wird der Bereich für offen in Verkehr gebrachte Lebensmittel geregelt. Dies gibt die Verordnung unter dem neuen Absatz 4 vor: «In jedem Fall sind schriftlich anzugeben: bei Brot und Feinbackwaren, ausser Dauerbackwaren, ganz oder in Stücken das Produktionsland.»

Somit umfasst die neue Deklarationspflicht alle Brot- und Backwaren, ungeachtet dessen, ob sie konventionell oder nur aufgebacken worden sind.

Keine Teiglinge zukaufen

Der Inhaber des Truttiker «Wyland Beck», Roman Schär, der mehrere Dutzend verschiedene Brotarten anbietet, erklärt: «Wir verzichten vollständig auf den Einsatz von zugekauften Teiglingen und stellen auch unsere angebotenen Gipfeli und Weggli immer selber aus inländischem Mehl her.» Der zusätzlichen Deklarations- und Aufzeichnungspflicht sieht Schär in Bezug auf den Arbeitsaufwand eher gelassen entgegen, da er alle Brot- und Backwaren mit der Herkunft «Schweiz» deklarieren kann. Andere Betriebe, die beispielsweise Teiglinge in der zweiten Tageshälfte einsetzen, um bis zum Laden- oder Betriebsschluss noch frische Backwaren anzubieten, stehen vor deutlich grösseren Herausforderungen, wenn während des Tages die Deklarationsschilder ausgewechselt werden müssen.

Massiver Mehraufwand

Für Betriebe, die ganz oder teilweise auf den Einsatz von Teiglingen für das Aufbacken setzen, bedeutet diese Umstellung einen massiven Mehraufwand. Das beginnt beim Zukauf oder bei der Zulieferung: Die Lieferanten müssen bereits schriftlich die notwendigen Deklarationspflichten betreffend der Herkunft sicherstellen.

Wird nun im Laufe des Tages aufgrund der Nachfrage auf das laufende Aufbacken von Backwaren mit importierten Teiglingen umgestellt, so muss dies ebenfalls laufend festgehalten werden. Entsprechend sind auch die Deklarationsschilder und -informationen gemäss den neuen Umständen auszuwechseln.

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