Die «Obere Stube» als Tüftlerwerkstatt

Fabio Bleise | 
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Bei den Arbeiten mit dem Lötkolben sind Konzentration und Fingerspitzengefühl ­gefragt. Bild: Fabio Bleise

In einem Workshop in Stein am Rhein konnten sich interessierte Jugendliche ins 17. Jahrhundert zurückversetzen lassen. Sie stellten unter Anleitung ihre eigenen Mikroskope her.

Im Vorstellungsraum des neuen Steiner Kulturhauses «Obere Stube» wird geschraubt, gehämmert und gelötet. Eine richtige Tüftlerwerkstatt mit allerhand Werkzeugen und Materialien. Unter Anleitung von Tony Stamm vom Hackerspace Beringen stellen die zwölf an diesem Workshop teilnehmenden Jugendlichen aus Webcams, Holzplättchen, Schrauben und LED-Lampen mithilfe von Laptop und Lötkolben ihre eigenen USB-Mikroskope her. Wie Jeanine Rötzer, Kulturvermittlerin der gastgebenden Jakob-und-Emma-Windler-Stiftung, erklärt, habe der Workshop einen Bezug zur aktuellen Ausstellung «Im Spiegel der Zeit. Stein am Rhein im 17. Jahrhundert». Dort sind zahlreiche optische Geräte und ­Erfindungen aus eben jener Zeit zu ­sehen. Neugierige Forscher experimentierten mit Linsen und entdeckten mithilfe ihrer neu entwickelten Mikroskope ganz neue Welten.

Ähnlich ergeht es auch den teil­nehmenden Jugendlichen. Schritt für Schritt kommen sie ihren selbst gebauten Mikroskopen näher. Tüftler Tony Stamm steht mit Rat und Tat zur Seite und zeigt mittels moderner Technik und historischen Aufnahmen, wie ­Geschichte und Gegenwart spielerisch-technisch verbunden werden können. Nach zögerlichem Start zeigen die Teilnehmenden schnell Interesse, löchern Stamm mit Fragen und hängen sich richtig rein – das erste selbst gebaute Mikroskop soll schliesslich etwas taugen.

Für Jeanine Rötzer ist der Spass der Jugendlichen sehr wichtig, auch um das oft angestaubte Image von Museen aufzupolieren: «Wir wollen den Ort positiv verbinden und zeigen, dass er auch für junge Leute interessant sein kann.» Dazu sei der Workshop eine gute Gelegenheit. Grundsätzlich versuche das Team der Jakob-und-Emma-Windler-Stiftung, mit ihren Aktionen und Events ein breites Publikum und alle ­Altersklassen anzusprechen.

Lieber Workshop als Ausstellung

Inzwischen nähern sich die DIY-Mikroskope ihrer Vollendung. Nachdem das Gestell aus gefrästen Holzplatten steht und die Webcams auseinandergenommen wurden, löten die Jungs und Mädels noch eine LED-Lampe an. Tüftler Stamm ist immer wieder fasziniert, wie man ausgemusterten Materialien mit wenigen Handgriffen und einigen technischen Kniffs neues Leben einhauchen kann: «Der Workshop ist sehr vielseitig, die Jugendlichen lernen technische Geräte besser kennen und üben sich in handwerklichem Geschick.»

«Der Workshop ist sehr vielseitig, die Jugendlichen lernen technische Geräte besser kennen und üben sich in handwerklichem Geschick.»

Tony Stamm, Hackerspace Beringen

Und in der Tat: Die Jugendlichen haben sichtlich Freude beim Werkeln. Der 13-jährige André Hallauer aus Stein ist durch seine Mutter auf den Workshop aufmerksam geworden. Er sei zum ersten Mal in der Oberen Stube und gibt zu: «Das Museum selbst interessiert mich nicht so sehr.» Nadia Witschi geht das ähnlich. Und das, obwohl die Mutter der 13-Jährigen selbst im Kulturhaus arbeitet: «Mit dem Workshop kann ich mehr anfangen. Ich finde es toll, dass man selbst aktiv wird und ein Souvenir mit nach Hause nehmen kann.» Nachdem die Teilnehmenden verschiedene Proben wie Pfützenwasser und Moos untersucht haben, darf jeder Jungtüftler sein eigenes Mikroskop als Erinnerung an den Workshop behalten.

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