Römische Gräber in Stein am Rhein freigelegt

Ursula Junker | 
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«Wer weiss», sagte Anthropologin Sabine Landis, «vielleicht kann man irgendwann einmal sogar genetische Spuren der hiesigen Bevölkerung finden.» Bild: Ursula Junker

24 römische Gräber haben die Archäologen im Gräberfeld auf dem Steiner Eggli-Areal freigelegt. Nun wird das restliche Gelände auch untersucht.

«Es war eine kritische Zeit», fasste Kantonsarchäologin Kathrin Schäppi die historische Ausgangslage ­zusammen, in der das spätrömische Gräberfeld in Stein am Rhein entstanden war. Das Römische Reich war am Bröckeln, der Limes hielt nicht mehr stand. Da wurde der Übergang am Rhein wichtig; auf Burg wurde ein Kastell erbaut, zu dem das Gräberfeld auf dem Areal einer ehemaligen Gärtnerei gehört. Dorthin lud das Amt für Archäologie am Samstag, um die laufenden Grabungen vorzustellen.

Es handle sich hier nicht um eine Neuentdeckung, so Schäppi. Vielmehr fand man beim Verlegen von Rohren bereits 1969 Knochen und Glasscheiben. Schon der damalige Stadtpolizist Ruedi Studer habe acht Gräber ausgehoben und Fundstellen sowie Funde gut dokumentiert. Weitere kleinere Grabungen folgten.

Das gesamte Gelände untersuchen

Bei der jetzigen Grabung geht es darum, das ganze Gelände zu untersuchen. Dabei hoffen die Archäologen vor allem im hinteren Teil noch mehr als die bisher gefundenen 24 Gräber aufzudecken. «Wir graben unter guten Voraussetzungen», so Schäppi. Da kein Bauprojekt anstehe, habe man die nötige Zeit. Dem ist anzufügen, dass auch die Finanzierung gesichert ist, übernimmt doch die Windler-Stiftung den Hauptteil der Kosten, wie an einer Sitzung des Einwohnerrates informiert wurde.

«Der nasse Mai liess die Grabstellen immer wieder unter Wasser geraten.»

Florian Ter-Nedden, Grabungsleiter

Wie gegraben wird, war bei Grabungsleiter Florian Ter-Nedden zu erfahren. Mit dem Bagger mache man zuerst Sondierschnitte, entdecke man etwas, greife man zur Kelle. Den Archäologen machte dabei der lehmige Untergrund zu schaffen, der im nassen Mai die Grabstellen immer wieder unter Wasser geraten liess. Anhand eines geöffneten und speziell für die Besucher hergerichteten Grabes erläuterte Ter-Nedden, wie im dritten Jahrhundert die Grabbeigaben spärlicher wurden. Man wisse nicht, welchen Glaubens die Leute gewesen seien, da das Christentum langsam den Mithraskult ablöste. Auch eine einheitliche Grab-Ausrichtung gebe es nicht.

Für die Archäologen geht es auch darum, herauszufinden, welche Menschen hier wohnten. Im Grabungszelt, in dem etliche der 24 schon gefundenen Gräber liegen, ­erwartete Landis die zahlreichen Besucher. Es sei spannend, habe man doch Knochen gefunden, freute sich die Anthropologin Sabine Landis. Freigelegt sind ein Kinder-, Männer- und Frauengrab. Deren Knochen sollen später im Labor Auskunft darüber geben, ob sie sich allenfalls mit der einheimischen Bevölkerung vermischt hatten oder ob verwandtschaftliche Beziehungen zu spätrömischen Siedlungen in Eschenz bestehen. Und wer weiss, meinte Landis, vielleicht könne man irgendwann einmal sogar genetische Spuren der hiesigen ­Bevölkerung finden.

Noch waren es aktuell nicht viele Funde, die Miriam Bertschi zeigen konnte, ein paar Glasperlen und ein Erdblock mit einem Terra-Sigillata-Gefäss darin. «Wir bergen den ganzen Block, um dann im ­Labor unter besseren Bedingungen das ­Gefäss herauszulösen», erklärte sie das Vorgehen. Den Besuchern zeigte sie eine ganze Reihe bedeutender Funde aus früheren Grabungen, von denen etliche auch im Museum zu Allerheiligen ausgestellt sind. Je nach Status gab man den Toten verschiedene Dinge mit ins Grab, darunter auch Schmuck. So zeigte Bertschi etwa eine Haarnadel mit einem fein ausgearbeiteten Frauenkopf mit der damals für Römerinnen typischen Frisur und ein fein gearbeitetes Glas. «Die Erfahrung lässt vermuten, dass man bei der laufenden Grabung auf weitere wichtige Funde stossen wird», sagte Bertschi, in der Hoffnung auf weitere Entdeckungen, die Aufschluss über die Menschen und ihre Lebensweise in spätrömischer Zeit geben können.

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